Nachrichten

#„Real hat uns tyrannisiert, es ist grausam“

„„Real hat uns tyrannisiert, es ist grausam““

Wer wissen will, was beim Fußball auf dem Rasen passiert, kann über den Spielfeldrand hinaus blicken. Nur sollte man sich nicht gerade Carlo Ancelotti als Anschauungsmaterial aussuchen. Der Trainer von Real Madrid steht oft stoisch an der Seitenlinie. Die einzigen Körperteile, die sich bei Ancelotti auffällig bewegen, sind sein Kiefer, der den Kaugummi bearbeitet, und hin und wieder seine linke Augenbraue. Die ist sowieso schon ein wenig abgehoben. Wenn die Laune des 62 Jahre alten Italieners aber völlig im Keller ist, zieht er die Augenbraue noch ein wenig höher.

Tobias Rabe

Verantwortlicher Redakteur für Sport Online.

Pep Guardiola indes, der elf Jahre jüngere Kollege von Manchester City, ist deutlich aktiver bei einem Spiel. Das konnte man besonders gut am Mittwochabend beim Drama in Madrid beobachten, als die Engländer bis zur 90. Minute in Summe der Duelle im Halbfinale der Champions League mit 5:3 führten, dann aber noch zwei Treffer innerhalb von 90 Sekunden kassierten, in die Verlängerung mussten – und dort durch ein Elfmetertor ausschieden. Im Finale der Königsklasse um den Titel spielen am 28. Mai in Paris Real Madrid und der FC Liverpool. Und nicht Manchester City.

Guardiola zeigte im Estadio Santiago Bernabéu, das er von seiner Zeit beim FC Barcelona noch gut aus vielen Duellen der Erzrivalen kennt, alle möglichen Gesten, die seine Gefühle veranschaulichten. Er lachte, als er Ancelotti begrüßte. Er verharrte, als er nachdachte. Er schaute böse, als sein Team nicht wie gewohnt in Ballbesitz blieb. Er dirigierte, wenn er eine taktische Anweisung gab. Er applaudierte, wenn seine Spieler Aufmunterung brauchten. Er hob den Daumen, wenn etwas besonders gut gelang. Er jubelte, als Riyad Mahrez zum 1:0 traf (73. Minute). Er kniete, wenn er es vor Spannung kaum mehr aushielt.

Guardiolas Traum wird zum Albtraum

Und er fasste sich ungläubig an den kahlrasierten Kopf, als auf einmal für Manchester City alles in die falsche Richtung lief. Real Madrids Joker Rodrygo (90. und 90.+1) sorgte mit seinen beiden Treffern in letzter Minute der regulären Spielzeit für die Verlängerung, dort legte Karim Benzema mit seinem Tor per Elfmeter nach (95.). Längst hatte Guardiola die Ärmel des schwarzen Oberteils hochgekrempelt. So ergab sich ein ikonisches Bild, noch während das Spiel lief: Die Arme des Trainers baumelten ohne Körperspannung nach unten, den Kopf hatte er kraftlos gesenkt, der leere Blick ging auf den Boden.

Sinnbild an der Seitenlinie: Pep Guardiola leidet.


Sinnbild an der Seitenlinie: Pep Guardiola leidet.
:


Bild: Action Images via Reuters

Es war ein Sinnbild für die Jagd nach dem Titel in der Champions League. Es ist Guardiolas Traum, die silberne Trophäe mit den großen Henkeln nochmal zu gewinnen. 2009 und 2011 schaffte er es schon, damals mit dem FC Barcelona und Lionel Messi. Guardiolas Kritiker behaupten, die Siege lagen mehr am argentinischen Ausnahmespieler als am katalanischen Ausnahmetrainer. Denn weder bei drei Versuchen mit dem FC Bayern noch seit nun sechs Jahren mit Manchester City klappt es mit dem Gewinn der Königsklasse. Der Traum vom Pokal entwickelt sich für Guardiola zum Albtraum.

Dass es nicht klappte, hat mehrere Gründe. In seiner ersten Saison in München verloren die Bayern das Halbfinal-Rückspiel gegen Real Madrid mit 0:4. Guardiola ärgerte sich maßlos über die damals „härteste Niederlage meiner Trainerkarriere“, denn er hatte sich von seinen Spielern beeinflussen lassen, die eine offensivere Taktik bevorzugten und ins offene Messer liefen. Sein Gegner damals: Ancelotti. 2015 war Guardiolas alte Mannschaft aus Barcelona zu stark im Halbfinale, im Jahr darauf Atlético Madrid, das einen Fehler der Münchner eiskalt ausnutzte. Danach verließ Guardiola die Bayern und legte ein Jahr Pause ein.

Manchester City, lange ein Mittelklasseverein in England, dann gepusht mit Geld aus Abu Dhabi und aufgestiegen zu einem Giganten des europäischen Fußballs, holte Guardiola, um auch seinen Traum vom Gewinn der Champions League gemeinsam zu realisieren. Investitionen in Milliardenhöhe und viele Versuche später hat es noch nicht geklappt. Das lag nicht nur, aber auch an Guardiola. Denn er ist ein besonderer Trainer, der sich für besondere Spiele manchmal besondere Aufstellungen und Taktiken einfallen lässt. Womöglich ist ein Grund dafür auch das Aus 2014, als er zu sehr auf die Spieler hörte.

Nun lässt sich Guardiola nicht reinreden, ist aber auch nicht erfolgreicher. Im Finale 2021 gegen den FC Chelsea verzichtete Guardiola überraschend auf einen defensiven Mittelfeldspieler und öffnete dem Gegner den entscheidenden Raum. Zudem spielte João Cancelo nicht mit, obwohl er in starker Form war. Vertreter Alexander Zinchenko patzte beim einzigen Gegentor. Im Jahr davor scheiterte Manchester an Außenseiter Olympique Lyon, weil Guardiola plötzlich mit einer Dreierkette in der Abwehr antrat. 2019 fehlte Kevin De Bruyne freiwillig gegen Tottenham. City schied wieder aus.

In Madrid nun war dem leidenden Guardiola nichts vorzuwerfen. „Es ist grausam. Wir waren so nah dran, aber konnten es nicht zu Ende bringen“, sagte er. Das lag an Real-Torwart Thibaut Courtois, der stark spielte. Das lag auch an Manchester, das seine Chancen, etwa durch Jack Grealish, nicht nutzte. Und das lag an Real Madrid, das mal wieder ein schon verloren geglaubtes Spiel drehte. „Real hat uns tyrannisiert“, sagte Guardiola. „Reals Spieler haben so etwas schon mal erlebt, wir nicht. Wir waren das ganze Halbfinale über brillant, aber am Ende geht es darum, wer mehr Tore schießt.“ Wohl wahr.

F.A.Z. Frühdenker – Der Newsletter für Deutschland

Werktags um 6.30 Uhr

ANMELDEN


„Jetzt brauchen wir Zeit, um das sacken zu lassen“, sagte Guardiola zum Abschied nach Mitternacht in Madrid. „Ein oder zwei Tage – aber wir werden wieder aufstehen. Wir müssen es.“ Denn es gibt noch ein Ziel und der unerbittliche Spielplan lässt keine Pause: Newcastle United, Wolverhampton Wanderers, West Ham United und Aston Villa sind die Stationen auf dem Weg zur Meisterschaft. Manchester City liegt einen Punkt vor Liverpool. Ob das am Ende wenigstens in der Premier League reicht? „Fußball ist unvorhersehbar. Wir müssen es akzeptieren, weitermachen, zurückkommen“, sagte Guardiola und litt still weiter.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!