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#Regeln gegen die Mächtigen im Netz

Regeln gegen die Mächtigen im Netz

In den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union hat der bisher schärfste Versuch begonnen, Einfluss, Einkommen und Erfolg von in der Geschichte der Menschheit einzigartigen Digitalkonzernen zu begrenzen. Gerichte und Gesetzgeber sollen die Macht im Mitmachinternet umfangreich umverteilen. Dies könnte dereinst sogar zum Ende des World Wide Web in seiner heutigen Form führen.

Setzt sich die amerikanische Behörde FTC gemeinsam mit den Bundesstaaten durch, zerbricht zumindest Facebook. Weniger spektakulär, dafür aber grundsätzlicher sind jene Regeln, welche die EU-Kommission vergangene Woche vorgestellt hat, den Digital Services Act (DSA) und den Digital Markets Act (DMA). Im Kern erhofft sich Brüssel, dass der einzelne Internetbürger besser kontrollieren und nachvollziehen kann, was mit den Daten über seine Person, seine Interessen und sein Verhalten geschieht. Europäische Unternehmen sollen zudem chancenreicher konkurrieren können auf und mit den großen außereuropäischen Online-Plattformen. Nicht zuletzt sollen die geplanten Regeln dazu beitragen, dass Verstöße künftig schnell und direkt geahndet werden, anstatt in jahrelangen Verfahren unterzugehen.

Erfreulich ist, dass die Kommission ihre Digitalpläne nicht aufgrund der Pandemie verschoben hat. In der Digitalisierung entscheidet sich auch Europas wirtschaftliche Zukunft. Sie ließ sich offenkundig auch nicht davon beirren, wie sich die Informationsunternehmen zuvor selbst inszenierten: Ob deren Dienste gegenwärtig zentral bis unerlässlich sind (Google, Facebook, Amazon) oder ob sie über das angeblich moralisch überlegene, den Nutzer beschützende Geschäftsmodell verfügen (Apple), sollte in der Frage der Regulierung nicht den Ausschlag geben.

Der Erfolgt hängt maßgeblich von den Aufsehern ab

An vielen Stellen schimmert in den mutigen und ausführlich ausformulierten Ansätzen durch, wie sehr sich ihre Verfasser von Fachleuten für Finanzaufsicht inspirieren ließen. Letztlich wird jedoch erst die Praxis erweisen, ob sich Grundsätze der Bankenregulierung zielführend auf die Internetplattformen übertragen lassen. Dass größere Marktteilnehmer mehr Regeln befolgen, Durchleuchtung erdulden oder den Umgang mit möglichen Risiken vorab klarer darlegen müssen, dürfte vergleichsweise unstrittig sein. Doch werden die vorgesehenen neuen Aufsichtsstrukturen auch wirkungsvoll sein? In erster Linie hängt das davon ab, wie kompetent die Aufseher und Prüfer sind – große Finanzkrisen passierten, obwohl es Menschen gab, die dies hauptberuflich hätten verhindern sollen.

Nach der Vorstellung der EU-Kommission muss Apple den App-Store mit dem dazugehörenden Preismodell wohl aufgeben in der Form, wie er derzeit arrangiert ist. Das könnte sich als einschneidend erweisen. Darauf hofft neben dem Musikdienst Spotify und dem Videospiele-Entwickler Epic Games übrigens nicht zuletzt Facebook.

In anderen Feldern scheint es weniger ausgemacht, ob interessant klingende Ideen weiterbringen. Werden Nutzer es als bereichernd empfinden, wenn sie die Wahl haben zwischen verschiedenen Empfehlungs-Algorithmen? Und worauf sollen sinnvolle Vorschläge eigentlich basieren, wenn jemand Personalisierung vermeiden und sein digitales Profil deshalb für diesen Zweck ausschließen möchte?

Das Ziel: ein echter digitaler Binnenmarkt

Die Kommission zielt darauf ab, die Rahmenbedingungen für das Internet innerhalb der EU zu vereinheitlichen und so endlich einen echten digitalen Binnenmarkt zu erschaffen, den es leider noch nicht gibt. Das ist in der Tat ein schwerwiegender Nachteil der EU gegenüber Amerika und China.

Hoffentlich sind die EU-Mitgliedsländer, die nun die neuen Regeln beraten, klug genug, ihre jeweiligen eigenen Institutionen oder Gesetze nicht als Konkurrenz zu empfinden. Hoffentlich rütteln sie und das EU-Parlament auch nicht an dem vor ungefähr einem Vierteljahrhundert verankerten Prinzip des freien Internets, wonach Plattformanbieter nicht automatisch für alle Inhalte haften, die Dritte dort hochladen. Dieses Konzept hat sich trotz aller berechtigten Kritik unter dem Strich bewährt.

Die Aufbruchsstimmung der EU-Kommissare Margrethe Vestager und Thierry Breton sollte auch nicht die traurige Seite des neuen Regulierungs-Unterfangens verdecken: Europa hat es bisher nicht vermocht, Suchmaschinen, soziale Netzwerke oder Online-Marktplätze hervorzubringen, die für Milliarden Menschen den Zugang und Aufenthalt im Internet höchst nutzerfreundlich organisieren. Wenn Politiker in marktwirtschaftlichen Demokratien sich gezwungen fühlen, die Freiheit unternehmerisch hochbegabter Informatiker wie Jeff Bezos oder Mark Zuckerberg einzuschränken, ist das kein Zeichen von Stärke – gerade wenn dies notwendig erscheint.

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