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#Riesenfaultier mit Appetit auf Fleisch

Riesenfaultier mit Appetit auf Fleisch

Ihre heutigen Verwandten mümmeln ausschließlich Blätter – doch offenbar waren nicht alle Vertreter der ausgestorbenen Riesenfaultiere ebenfalls strikte Vegetarier: Mylodon war ein Allesfresser, geht aus charakteristischen Verbindungen in mumifizierten Fellresten dieser eiszeitlichen Bewohner Südamerikas hervor. Vermutlich machten sich die Tiere neben ihrer vegetarischen Kost auch gern über Aas her, erklären die Wissenschaftler. Bei einem anderen Vertreter der Riesenfaultiere fanden sie hingegen nur Hinweise auf eine pflanzliche Ernährungsweise.

Heute gibt es nur noch sechs Faultierarten, die sich gemächlich durch das Geäst der tropischen Wälder Mittel- und Südamerikas hangeln und dabei Blätter fressen. Doch bis vor etwa 10.000 Jahren besaßen diese Baumbewohner noch teils gigantische Verwandte: Zahlreiche Arten von Riesenfaultieren stapften durch die Landschaften von Alaska bis zur Spitze Südamerikas, wie aus umfangreichen Fossilienfunden bekannt ist.Aufgrund von Zahnmerkmalen, der Biomechanik der Kiefer und der Tatsache, dass sich alle heutigen Faultiere ausschließlich von Pflanzen ernähren, ging man bisher davon aus, dass auch die riesenhaften Vertreter dieser Tiergruppe reine Vegetarier waren.

Dies schienen bisher auch Studienergebnisse im Fall des vergleichsweise gut untersuchten Riesenfaultiers Mylodon darwinii zu bestätigen, das möglicherweise noch bis vor 10.000 Jahren in Südamerika gelebt hat: Bei Untersuchungen von versteinertem Kot dieser bis zu zwei Tonnen schweren Tiere fanden Forscher nur Überreste pflanzlicher Kost. Doch wie die Forscher um Julia Tejada von der Universität Montpellier erklären, könnten bei diesen Analysen Spuren von fleischlicher Nahrung unentdeckt geblieben sein, da sie fast rückstandslos verdaut werden. Somit schien möglich, dass einige Riesenfaultiere vielleicht doch gelegentlich fleischliche Kost zu sich genommen haben. Waren zumindest einige vielleicht doch Allesfresser – ähnlich wie Bären?

Der Ernährungsweise in fossilen Haaren auf der Spur

Dieser Frage gingen die Forscher im Fall von Mylodon sowie einer weiteren Riesenfaultier-Art nach – Nothrotheriops shastensis, einer eher kleineren Spezies aus Nordamerika. Der Grund für die Wahl dieser beiden Arten war eine Besonderheit: Von ihnen wurden im Gegensatz zu anderen Vertretern der Riesenfaultiere auch mumifizierte Fellteile gefunden. Dadurch war eine Untersuchungsmethode anwendbar, die auf dem Nachweis von bestimmten Stickstoff-Isotopen basiert, die in den Aminosäuren der tierischen Körpergewebe gebunden sind. Sie kommen in unterschiedlichen Anteilen in der von einem Tier verzehrten Nahrung vor und finden sich dadurch auch in Körperstrukturen wie Haaren wieder. Durch Analysen der Isotopenmuster sind dadurch Rückschlüsse auf die Ernährungsweise eines Tieres möglich, erklären die Forscher. Konkret lässt sich anhand der Signaturen ablesen, ob es sich um einen Pflanzenfresser, Allesfresser oder reinen Fleischfresser handelt.

Um Vergleichsinformationen zu gewinnen, erfassten die Forscher zunächst die Stickstoff-Isotopenprofile in Haarproben von heutigen, bekanntermaßen vegetarisch lebenden Faultieren sowie von einer breiten Palette moderner Allesfresser aus wissenschaftlichen Sammlungen. Wie sie berichten, ging aus den Ergebnissen zunächst grundlegend hervor, dass sich in den relativen Isotopenwerten der Aminosäuren Glutamat und Phenylalanin die jeweiligen Ernährungsweisen deutlich widerspiegeln. Anschließend konnten die Wissenschaftler die Muster mit denjenigen vergleichen, die sie bei der Untersuchung der fossilen Haarproben der beiden Riesenfaultiere feststellten.

Gelegentlich auch mal Aas

So zeigte sich: Das Isotopenprofil der Haare von Nothrotheriops shastensis passte zu dem der heutigen Faultiere – es handelte sich offenbar ebenfalls um einen reinen Vegetarier. Doch die Ergebnisse bei Mylodon unterschieden sich von diesem Befund deutlich: Das Profil stimmte mit dem der Allesfresser aus der Vergleichsgruppe überein. Offenbar haben diese Vertreter der Riesenfaultiere demnach neben pflanzlicher Kost auch tierische Proteine zu sich genommen. Dass sie aktive Räuber waren, erscheint unwahrscheinlich, doch vermutlich haben sie bei Gelegenheit Aas vertilgt, erklären die Wissenschaftler. „Zumindest liefern wir nun Ergebnisse, die der langjährigen Annahme widersprechen, dass alle Faultiere obligate Pflanzenfresser waren“, resümiert Tejada.

Inwieweit diese Ernährungsweise unter den vielen unterschiedlichen Arten der Riesenfaultiere verbreitet war, bleibt zwar unklar, doch eine gewisse Flexibilität bei den Nahrungsquellen dieser Tiere erscheint nun plausibel. Die Ergebnisse werfen somit auch neues Licht auf ihre Rolle in den alten Ökosystemen, sagen die Wissenschaftler: „Die erstmals direkten Hinweise auf Allesfresserei bei einer ausgestorbenen Faultierart erfordern eine Neubewertung der gesamten ökologischen Struktur alter Säugetiergemeinschaften in Südamerika. Denn die Faultiere stellen in den letzten 34 Millionen Jahren dort eine wichtige Komponente dieser Ökosysteme dar“, sagt Tejada abschließend.

Quelle: American Museum of Natural History, Fachartikel: Scientific Reports, doi: 10.1038/s41598-021-97996-9

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