#Riesiger Raubsaurier in Europa entdeckt
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„Riesiger Raubsaurier in Europa entdeckt
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Wo heute die Isle of Wight im Ärmelkanal liegt, war vor etwa 125 Millionen Jahren ein monströser Riese unterwegs: Britische Paläontologen haben auf der Insel die Überreste eines Raubsauriers entdeckt, den sie der Gruppe der Spinosauriden zuordnen. Mit einer geschätzten Länge von über zehn Metern könnte er alle bisher bekannten Raubdinosaurier Europas in den Schatten stellen. Wenn sich die Zugehörigkeit zu einer neuen Art bestätigt, handelt es sich um den mittlerweile vierten Vertreter der berühmten Dinosauriergruppe, die im Süden England gefunden wurden. Die Neuentdeckung würde damit die Vermutung untermauern, dass die Spinosauriden in Westeuropa entstanden sind und anschließend andere Teile der kreidezeitlichen Welt besiedelten, sagen die Forscher.
Die Entdeckungsgeschichte der Spinosauriden geht bereits auf das Jahr 1912 zurück: In Ägypten waren die Überreste eines über 16 Meter langen Raubdinosauriers aufgetaucht, der sich durch Fortsätze an den Wirbeln und eine krokodilartig verlängerte Schnauze auszeichnete. Die Spinosaurus aegyptiacus genannte Art wurde mittlerweile durch weitere Funde genauer charakterisiert und als der möglicherweise größte Raubdinosaurier aller Zeiten bekannt. Dies hat Spinosaurus beispielsweise auch einen Auftritt im dritten Teil der Filmreihe Jurassic Park eingebracht, bei dem er einem T. rex das Genick bricht. Wie mittlerweile bekannt ist, war er ein Vertreter einer ganzen Gruppe von Raubsauriern, zu deren Namensgeber er avancierte: Neben Nordafrika wurden auch in Nordamerika, Australien und Europa Raubsaurierarten entdeckt, die sich der Gruppe der Spinosauriden zuordnen lassen. Ihre charakteristischen Merkmale lassen darauf schließen, dass sie an ein Leben am oder sogar vorwiegend im Wasser angepasst waren und sich von Fisch und anderen aquatischen Lebewesen ernährten.
Funde aus den Kalkfelsen der Isle of Wight
Die größte bekannte Artenvielfalt bei den Spinosauriden zeichnete sich bisher schon in der kreidezeitlichen Welt im heutigen Südengland ab: Zuerst wurden dort 1983 die Überreste des Spinosauriden Baryonyx in einer Tongrube in Surrey entdeckt. 2021 folgten dann zwei weitere Arten, die auf der Isle of Wight gefunden wurden. Nun berichtet das Paläontologenteam um Chris Barker von der University of Southampton von einem weiteren Fund von der Südwestküste der Kanalinsel, den sie den Spinosauriden zuordnen. Es handelt sich um besonders große Knochenfragmente, die unter anderem Teile von Wirbeln und Rippen umfassen und offensichtlich von einem einzelnen Tier stammen.
Anhand von Merkmalen der Knochen und Vergleichen mit bekannten Spinosauriden folgern die Wissenschaftler, dass es sich um einen Vertreter dieser Gruppe gehandelt hat. Besonders sind dabei seine im Vergleich zu den früheren Funden aus England enormen Ausmaße, die sich anhand der Wirbel schätzen ließen. „Das bisherige Fundmaterial reicht aus, um zu zeigen, dass es sich um eine riesige Kreatur gehandelt hat. Das Tier war demnach mehr als zehn Meter lang und wahrscheinlich mehrere Tonnen schwer. Nach den Abmessungen zu urteilen, scheint es sich um einen der größten Raubsaurier zu handeln, die jemals in Europa gefunden wurden – vielleicht sogar um den größten bisher bekannten“, sagt Barker.
Einem zähnefletschenden Riesen auf der Spur
Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass das ungewöhnlich große Tier eine bisher nicht bekannte Spezies repräsentiert – eindeutig beweisen können sie dies bisher allerdings nicht, da Teile mit klar arttypischen Merkmalen fehlen. „Wir hoffen, dass mit der Zeit weitere Überreste auftauchen werden. Da bisher nur Fragmente bekannt sind, haben wir dem Dinosaurier noch keinen offiziellen wissenschaftlichen Namen gegeben“, sagt Co-Autor Darren Naish von der University of Southampton. Die Wissenschaftler bezeichnen das Tier deshalb nach seinem Fundort als den „White Rock Spinosaurid“. Um mehr über ihn zu erfahren, planen sie nun, dünne Schnitte des Fundmaterials anzufertigen, um die mikroskopischen inneren Eigenschaften der Knochen zu untersuchen. Diese Analysen könnten Aufschluss über seine Wachstumsraten und sein mögliches Alter geben.
Wenn sie mit ihrer Annahme richtig liegen, dass der White Rock Spinosaurid eine eigene Art darstellt, würde dies eine These untermauern, die sie bereits im letzten Jahr im Zusammenhang mit den Funden der beiden anderen Spinosauriden veröffentlicht haben: Diese Gruppe der theropoden Dinosaurier könnte ursprünglich in Westeuropa entstanden sein. In der Gegend der heutigen Isle of Wight lebten sie den Spuren der einstigen Umgebung zufolge in einer Lagunenlandschaft. In dieser Region könnten diese amphibisch lebenden Dinosaurier unterschiedliche Arten hervorbracht haben, die dann die weiteren Teile der kreidezeitliche Welt besiedelten, so ein mögliches Szenario.
Abschließend berichtet das Team noch über einen eher skurrilen Aspekt des neuen Fundes: Spuren an den Knochen zeigen, wie der Körper des White Rock Spinosauriden nach seinem Tod Aasfressern als Nahrung diente. „Es gibt Tunnel in dem Knochenmaterial, die etwa so groß wie mein Zeigefinger sind. Wir glauben, dass sie von knochenfressenden Larven einer Art von Aasfresserkäfer verursacht wurden. Es ist ein interessanter Gedanke, dass dieser riesige Killer zur Mahlzeit für eine Vielzahl von Insekten wurde“, sagt Co-Autor Jeremy Lockwood von der Universität Portsmouth.
Quelle: University of Southampton, Fachartikel: PeerJ, doi: 10.7717/peerj.13543
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