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#Rolls-Royce setzt auf Mini-Atomreaktoren

Rolls-Royce setzt auf Mini-Atomreaktoren

Nach Jahren der Vorbereitung beginnt Rolls-Royce den nächsten Schritt auf dem Weg zum Bau von Mini-Atomreaktoren. Seit 2015 entwickelt der britische Industriekonzern „Small Modular Reactors“ (SMR), an denen in zahlreichen Ländern auf der ganzen Welt geforscht wird. Rolls-Royce hat nun mit einem Konsortium neue Entwürfe vorgelegt. Sie haben ohne Kostenanstieg die Kapazität der SMR-Anlagen von 440 auf 470 Megawatt Leistung erhöht. Das entspricht etwa einem Drittel der Leistung herkömmlicher Großkraftwerke. Rolls-Royce will in der zweiten Jahreshälfte die Pläne der zuständigen staatlichen Aufsichtsbehörde vorlegen, die sie genehmigen muss. Anfang des nächsten Jahrzehnts könnten laut Angaben des Industriekonzerns die ersten Anlagen fertiggestellt sein und ans Netz gehen.

Bis 2035 plant Rolls-Royce zehn Klein-Atomkraftwerke auf der Insel. Nach und nach könnten an allen sechzehn aktuellen oder früheren Atomstandorten Großbritanniens moderne Kleinkraftwerke entstehen. „Nuklearenergie ist zentral, um das Problem des Klimawandels anzugehen“, wirbt Tom Samson, Vorstandschef des Konsortiums UK SMR. Ihm gehören neben Rolls-Royce weitere Industrieunternehmen wie Jacobs, die Baukonzerne BAM Nuttall und Laing O’Rourke sowie das staatliche National Nuclear Laboratory und andere Forschungseinrichtungen an. Die neue Technik sei sicherer und günstiger als frühere Nuklearanlagen, sind sie überzeugt. Und der Atomstrom sei verlässlich. Er schwankt nicht wie die Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien wie Wind und Solar.

Die konservative Regierung von Boris Johnson unterstützt die SMR-Technologie. Johnson hat sie in seinem 10-Punkte-Plan für eine „Grüne Industrielle Revolution“ explizit erwähnt und stellt eine Förderung von mehr als 200 Millionen Pfund (230 Millionen Euro) zur Verfügung. Das Konsortium von Rolls-Royce sucht nach Investoren, insgesamt braucht es 300 Millionen Pfund für die nächste Phase. Nach Angaben des Konzerns könnten die Kosten für den Bau der Anlagen bei einer späteren Serienproduktion deutlich unter 2 Milliarden Pfund je Kraftwerk sinken.

Viel billiger als herkömmliche Großreaktoren

Laut Berechnung des Konsortiums UK SMR sollen die Strom-Erzeugungskosten bei rund 50 Pfund je Megawattstunde liegen, was mit dem günstigsten Strom von Windparks vor der Küste vergleichbar ist. Rolls-Royce, deren Flugzeugturbinengeschäft in der Corona-Krise derzeit schwer angeschlagen ist, verspricht mit den neuen Energieprojekten zudem neue Arbeitsplätze in Großbritannien. Es gebe schon Vorabvereinbarungen für den Export von Anlagen in Länder wie Tschechien, Estland und die Türkei.

Auf der ganzen Welt laufen nach Angaben der Internationalen Atomenergie-Agentur (IAEA) in zahlreichen Ländern etwa fünfzig Forschungs- und Entwicklungsprojekten zu Klein- oder Mini-Reaktoren. Die IAEA definiert SMR als Kleinreaktoren von bis zu 300 Megawatt Leistung. Sie sieht darin eine sinnvolle Weiterentwicklung. Im Gegensatz dazu warnen Atomgegner vor SMRs, sie nennen Zweifel an der Sicherheit und die Entsorgungsproblematik. Die IAEA sieht das anders und hält die neueste Generation der Kraftwerke für sehr sicher. Ein weiterer Pluspunkt sei die Flexibilität.

Abgesehen davon sehen IAEA-Fachleute vor allem die Kostenersparnis als Vorteil.  Die technisch weniger komplexen Kleinreaktoren, die in Fabriken in Serie gefertigt und vormontiert und vor Ort zusammengesetzt werden könnten, sollen sehr viel billiger werden als herkömmliche Großreaktoren. Deren Kosten laufen oft aus dem Ruder, etwa beim neuen Reaktorblock in Flamanville in der Normandie. Auch das britische Großprojekt Hinkley Point C mit 2300 Megawatt Leistung wird mit 22 bis 23 Milliarden Pfund deutlich teurer als geplant. Hinkley Point C wird von der Regierung stark subventioniert. Stimmen die Zahlen von Rolls-Royce, könnten die SMR die gleiche Leistung zum halben Baupreis generieren.

Projekte auf der ganzen Welt 

Die global etwa fünfzig SMR-Projekte sind in unterschiedlichen Entwicklungsstadien. Am weitesten ist man in Argentinien, China und Russland. In Sibirien hat sogar schon ein Minireaktor auf einem Schiff probeweise den Betrieb aufgenommen, der eine Kleinstadt mit Elektrizität versorgt. In Argentinien und China sollen Bauprojekte in den nächsten drei Jahren abgeschlossen sein. In Amerika hat sich Präsident Joe Biden dafür ausgesprochen, neben dem Ausbau von Erneuerbaren Energien auch den Bau von Klein-Atomkraftwerken zu verfolgen. Sowohl die regierenden Demokraten als auch die Republikaner unterstützen Kernenergie.

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Auch in Großbritannien gibt es einen parteiübergreifenden Konsens zwischen Tories und Labour, dass zur Erreichung der ehrgeizigen Klimapolitik und Emissionsreduktion auch die CO2-arme Kernkraft nötig sein wird. Auf der Insel ist nur ein kleiner Anteil der Bevölkerung atomkritisch. Anders als Deutschland, das 2022 die letzten Atomkraftwerke vom Netz nehmen wird, plant Großbritannien sogar den Ausbau. Neben Hinkley Point sind weitere Projekte, etwa in Sizewell an der englischen Ostküste, in Planung. Einen Rückschlag hat die britische Nuklearstrategie kürzlich durch den Ausstieg des japanischen Konzerns Hitachi erlitten. Er gibt seine Beteiligung am geplanten Atomkraftwerk Wylfa in Wales auf.

Weltweit sind 440 Atommeiler in Betrieb. Sie erzeugen etwa 10 Prozent der Elektrizität, die global verbraucht wird. Die Internationale Energieagentur (IEA) hat gewarnt, dass ein schneller Ausstieg aus der Atomkraft die CO2-Reduktionsziele gefährden würde. Nuklearenergie ist global die zweitwichtigste Stromerzeugungsquelle hinter Wasserkraft. Allerdings sind viele Atomreaktoren schon alt. In Großbritannien, das fast 20 Prozent seines Strombedarfs mit Nuklearenergie deckt, sind alle laufenden fünfzehn Kernkraftwerke vor über dreißig Jahre gebaut worden und müssten im kommenden Jahrzehnt ersetzt werden. Genau dafür läuft sich Rolls-Royce mit den Kleinkraftwerken nun warm.

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