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#Sägen am grünen Ast

Sägen am grünen Ast

Mit wundersamen Wendungen ist vorerst nicht zu rechnen, der negative Trend für die Kirchensteuereinnahmen ist zu eindeutig. Es müsse gespart werden, sagt der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf. Er hat jetzt die Bildungsausgaben seines Bistums in den Blick genommen. Das ist ein ordentlicher Batzen, fast ein Drittel der 233 Millionen Euro, die die Diözese in diesem Jahr voraussichtlich mit der Kirchensteuer einnimmt. 15 Millionen Euro im Jahr will das Bistum nun durch die Schließung von drei Tagungshäusern und die Abgabe der Trägerschaft von sechs Schulen einsparen.

Matthias Alexander

Die Konsequenzen für die betroffenen Einrichtungen, die gesellschaftliche Rolle der Kirche und das kirchliche Leben sind dramatisch. Das gilt insbesondere mit Blick auf die Schulen. „Wir sägen an dem grünen Ast, auf dem wir sitzen“, sagt Sabine Nellessen-Kohl, die Leiterin der Liebfrauenschule, einer Mädchenschule in Bensheim an der Bergstraße. Sie kann von einem blühenden Schulleben berichten. Etwa 750 Mädchen und junge Frauen – darunter auch viele Schülerinnen evangelischen Glaubens, außerdem Nichtgetaufte und einige Muslimas – besuchen das Gymnasium mit Realschulzweig, das in der Region einen hervorragenden Ruf genießt.

Wichtige Facette des Kirchenlebens

Nellessen-Kohl weist auf die Bedeutung und die Erfolge ihrer Schule hin. Da ist zum einen die pädagogische Leistung: die Fokussierung auf die sogenannten Mint-Fächer schlägt sich in Erfolgen in regionalen Wettbewerben nieder. Am Realschulzweig geht es ruhiger zu als an den staatlichen Pendants, weshalb bemerkenswert viele Schülerinnen den Übergang zur gymnasialen Oberstufe schaffen.

Nicht weniger bedeutend ist die Bedeutung der katholischen Schulen für das Kirchenleben. In Zeiten, in denen die kirchliche Jugendarbeit nicht zuletzt wegen des Priestermangels nachgelassen hat, sind sie ein idealer Ort für die Vermittlung von christlichen Werten, aber auch für die Heranführung an die Kirche, die sonst oft nicht mehr erlebt wird. Das strahlt auf die Familien ab. Mit anderen Worten: Das Bistum riskiert, mit seiner Schulpolitik die Verbindung zu jenen zu verlieren, die in Halbdistanz zur Kirche stehen.

Katastrophale Kommunikation

Es ist nicht so, dass die Kirchenleitung für diese Zusammenhänge blind wäre. Aber sie sieht keine andere Möglichkeit und versucht mit dem Hinweis zu trösten, man werde sich aus Religionsunterricht und Schulseelsorge nicht zurückziehen. „Die Institution Kirche wird kleiner – an Mitgliedern, an finanziellen Mitteln und auch an Menschen, die sich für ein christliches Profil engagieren wollen“, sagt Bischof Kohlgraf. Es sei notwendig, die Kirche den neuen Gegebenheiten anzupassen, solange man noch gestalten könne. Auch andere Felder kirchlicher Tätigkeit seien schließlich betroffen, nicht zuletzt die Pfarreien. Mit anderen Worten: Um finanziell auf einen grünen Zweig zu kommen, glaubt er, Äste absägen zu müssen, selbst wenn sie stark sind.

Mainz steht nicht allein da. In Hamburg hatte das Bistum vor drei Jahren die Schließung von kirchlichen Schulen beschlossen, wegen katastrophaler Kommunikation kam es dort zu heftigen Auseinandersetzungen mit der Elternschaft. Kohlgraf will solche Fehler vermeiden und tritt verbindlicher auf. In der Sache, auch das wird klar, gibt es aber nur wenig Spielraum. Es zeichnet sich schon ab, dass weitere Diözesen folgen werden. Gordon Sobbeck, Finanzdezernent des vergleichsweise wohlhabenden Erzbistums Köln, hat unlängst in einem Interview mit der „Zeit“ gesagt, dass man auf Dauer nicht alle eigenen 33 Schulen finanzieren könne, sondern Kooperationsmodelle mit anderen Trägern suchen müsse. Dass Sobbeck zugleich die Befürchtung äußerte, es drohe die Erosion des Nachwuchses, weshalb man viel mehr mit jungen Leuten in Kontakt treten müsse, zeugt von der Tiefe des Dilemmas.

Besonders bedrohlich ist die Entwicklung für die rare Spezies Mädchen- und Jungenschulen. Von ihnen gibt es ohnehin nur noch etwa 200, die meisten davon befinden sich in Süddeutschland und werden von der katholischen Kirche getragen. Da für die Liebfrauenschule eine Stiftungslösung unwahrscheinlich ist, dürfte sie in staatliche Trägerschaft übergehen. Und diese ist mit einer monoedukativen Ausrichtung nicht vereinbar. Ähnlich verhalten sich die Dinge im Fall der Hildegardisschule in Bingen, die ebenfalls aus der Trägerschaft des Bistums, das dann noch jeweils eine Jungen- und Mädchenschule in Mainz und eine Mädchenschule in Offenbach unterhalten wird, entlassen werden soll. So vollendet die Kirche einen gesellschaftlichen Trend, der von einer klaren Trennung der Geschlechter ohnehin nichts mehr wissen will. Ob das allen Jugendlichen nutzt, interessiert nicht weiter.

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