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#Ankaras langer Arm: Erdoğans Einfluss auf die Deutschtürken

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Verfassungsschützer warnen, der türkische Staat wolle sich in deutsche Angelegenheiten einmischen. Forscher sehen eine „aggressive Diasporapolitik“ der türkischen Regierungspartei AKP.

Wenn in den kommenden Wochen die neuen Verfassungsschutzberichte von Bund und Ländern vorgestellt werden, wird im Kapitel „Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten“ ne­ben Russland und China auch die Türkei wieder eine prominente Rolle spielen. So intensiv wie sonst nur die Islamische Republik Iran lässt die Republik Türkei vermeintliche oder tatsächliche Oppositionelle unter „ihren Bürgern“ in Deutschland ausforschen.

Nachrichtendienste nehmen in der türkischen Sicherheitsarchitektur eine herausgehobene Stellung ein. Sie dienen Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan und dessen Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung (AKP) nicht nur zur Informationsbeschaffung über Organisationen, die auch von den deutschen Sicherheitsbehörden als extremistisch eingestuft werden, wie etwa die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Es geht auch um Gruppen oder Einzelpersonen, die Erdoğan suspekt sind oder die er zu Staatsfeinden oder „Terroristen“ erklärt hat – und damit um Machtsicherung und Machterhalt.

Weil in Deutschland die größte tür­kische Diaspora-Gemeinde lebt, bleibt die Bundesrepublik eines der vorrangigen Aus­forschungsziele für türkische Dienste. „Das geht einher mit Versuchen von staatlicher Einflussnahme auf die politische Willensbildung der türkeistämmigen Gemeinschaft“, sagt Jürgen Kayser. Der Leiter des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes spielt darauf an, dass zum türkischen Macht- und Einflussapparat auch Lobbyvereinigungen wie die AKP-Auslandesgruppierung Union Interna­tionaler Demokraten (UID), Vereine der rechtsradikalen „Grauen Wölfe“ und teilweise Moscheegemeinden der „Türkisch-Islamischen Union des staatlichen Amts für Religionsangelegenheiten“ (DITIB) zählen.

„Uns muss das auch deshalb Sorgen bereiten, weil die mit den Einfluss­aktivitäten beabsichtigte enge Bindung an die türkische Regierung die Integration der zum Teil ja schon seit mehreren Generationen hier lebenden türkischstämmigen Menschen erschwert“, sagt Kayser. „Im Rahmen entsprechender Propaganda wird gebetsmühlenhaft ein Opfernarrativ bedient: Eigentlich sind Türken in Deutschland nicht wohlgelitten.“

Erringt die DAVA ein Europamandat?

Das jüngste Kind der türkischen Einflusspolitik trägt den Namen „Demokratische Allianz für Vielfalt und Aufbruch“ (DAVA). Die Anfang des Jahres von Erdoğan-Anhängern gegründete konservativ-islamische Wählervereinigung wurde vor wenigen Tagen für die Europawahl im Juni zugelassen. In Windeseile waren die notwendigen Unterstützerunterschriften für die Wählervereinigung zusammen. Wie unter einem Brennglas werden im Fall DAVA sowohl das Einflussgeflecht als auch das Opfernarrativ deutlich.

Der Vorsitzende hat in der Vergangenheit für TRT Deutsch, einen Ableger des türkischen Staatssenders, geschrieben und dabei stets hart gegen deutsche Politiker und Journalisten geschossen, die Erdoğan kritisieren. Der Spitzenkandidat auf der Eu­ropawahlliste war früher Sprecher der UID, auf den Plätzen zwei und drei folgen ein altgedienter DITIB-Funktionär und ein früherer Funktionär von Millî Görüş. Als Werbegesicht für den Wahlkampf wünscht sich die DAVA Mesut Özil. Denn am ehemaligen deutsche Fußballnationalspieler lasse sich plakativ festmachen, was das Parteiprogramm sei: Özil sei Spielmacher der Nationalmannschaft gewesen, hervorragend integriert. Dann wurde Özil angeblich von heute auf morgen ausgegrenzt. Mit Özil ließe sich auch eine Brücke zu den rechtsextremen türkisch-völ­kischen „Grauen Wölfen“ schlagen, zu de­nen sich der deutsche Staatsbürger durch eine im Netz stolz präsentierte Tätowierung auf der Brust bekannt hat.

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