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#Hilfe von der Babylotsin

Hilfe von der Babylotsin

Die Schwierigkeiten begannen mit der Geburt. Das Kind kam elf Wochen zu früh und musste auf die Intensivstation. Nach drei Monaten konnte es die Klinik verlassen. Damit endeten die widrigen Umstände aber noch nicht. Wenige Tage vor der Geburt hatte die Mutter von ihrer Kündigung erfahren. Erst später wurde ihr klar, dass sie ohne Krankenversicherung dastand. „Ich musste so viel regeln“, sagt die Frau auf Englisch am Telefon. Die Sorgen um die kleine Tochter, die vielen ungeklärten Fragen – das war zu viel.

Tobias Schrörs

Ihr zur Seite stand Dorothea Hoffmann. Die 31 Jahre alte Sozialarbeiterin ist Babylotsin in einem Frankfurter Krankenhaus, dem Bürgerhospital. Sie hilft Eltern dabei, die richtige Unterstützung zu finden. Die Liste mit Angeboten, den „Frühen Hilfen“, scheint endlos: Wochenbettnotversorgung, Hebammensprechstunden, offene Eltern-Kind-Treffs, Rückbildungskurse, Sprachcafés für Mütter und so fort. Hoffmann vermittelt, und sie will für alle da sein, „bei denen man einfach das Gefühl hat, die brauchen jemanden, der sie ein bisschen an die Hand nimmt“.

Die Mutter mit dem Frühchen klopfte im September an Hoffmanns Bürotür im Krankenhaus. Ein Psychologe der Klinik hatte ihr von dem Angebot erzählt. Die Mutter hatte einen Notkaiserschnitt hinter sich, litt unter Schmerzen und hatte auch keinen Frauenarzt. Hoffmann wies ihr den Weg zur Humanitären Sprechstunde im Gesundheitsamt. Sie sorgte dafür, dass die Mutter die mehrere tausend Euro teure Rechnung für den Kaiserschnitt in Raten abstottern durfte. Und sie organisierte eine Hebamme. Diese habe eine wichtige Rolle dabei gespielt, „mir psychologisch und physisch zu helfen“, sagt die junge Mutter. Darüber hinaus hatte sie auch noch ihren Aufenthaltsstatus zu klären und musste einen Rechtsstreit mit ihrem Arbeitgeber ausfechten.

Das Logo der Frankfurter Babylotsinnen auf einem Lätzchen


Das Logo der Frankfurter Babylotsinnen auf einem Lätzchen
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Bild: Sieber, Laila

Dann war da noch die Sache mit der Krankenversicherung. Vor knapp anderthalb Jahren war die Frau aus Tunesien gekommen. Die Akademikerin hatte zwar schon zehn Jahre Berufserfahrung, begann aber ein Studium, um leichter eine Stelle zu bekommen. Als sie schon schwanger war, fand sie eine Arbeit in einem Büro. Zunächst schien die Schwangerschaft kein Problem zu sein. Also kündigte sie ihre Krankenversicherung für ausländische Studenten, weil sie davon ausging, fortan über den Arbeitgeber versichert zu sein. Doch der hob den Arbeitsvertrag wieder auf, damit bestand kein Versicherungsschutz. So schildert es die junge Mutter, die auch dabei auf die Unterstützung Dorothea Hoffmanns angewiesen war.

Babylotsinnen gibt es seit 2014 in Frankfurt. Die Idee hatte die Hamburger Stiftung See-You, umgesetzt wurde sie inzwischen in acht Bundesländern und 60 Geburtskliniken. In Berlin und Frankfurt gibt es das Angebot flächendeckend, so dass nach Angaben der Stiftung 14 Prozent aller Geburten in Deutschland abgedeckt sind. Im Regelsystem ist das Angebot nicht vorgesehen, keine Krankenkasse zahlt dafür. In Frankfurt sind die Stadt, Stiftungen und der Kinderschutzbund beteiligt, bei dem die zehn Babylotsinnen auch angestellt sind.

Studie stellt Babylotsen gutes Zeugnis aus

Die Stiftungen wollten laut Roland Kaehlbrandt von der Stiftung Polytechnische Gesellschaft genauer wissen, was Babylotsinnen bewirken. Darum hat die Erziehungswissenschaftlerin Sabine Andresen von der Frankfurter Goethe-Universität deren Arbeit in einer Studie untersucht, die Ergebnisse wurden am Donnerstag vorgestellt.

Das Team um Andresen stellt dem Dienst ein gutes Zeugnis aus. Den Babylotsinnen gelinge es, Eltern zu erreichen, ihre Bedürfnisse zu erkennen, eventuelle Zweifel von Müttern und Vätern zu zerstreuen. Denn es gebe viele Gründe, warum Eltern Hilfe erst ablehnten. Für manche sei sie mit einem Stigma verbunden, andere glaubten, dass sie auch alleine klar kämen. Andresen ist es wichtig, gute Gründe, aus denen Hilfe abgelehnt wird, von echten Hürden zu unterscheiden. Dabei versuche der Lotsendienst, grundsätzlich allen Eltern Unterstützung zu bieten, in besonderer Weise aber „Familien in psychosozial belasteten Lebenslagen“.

Dieses Spielzeug hat jemand dem Kinderschutzbund Frankfurt gespendet.


Dieses Spielzeug hat jemand dem Kinderschutzbund Frankfurt gespendet.
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Bild: Sieber, Laila

Es ist nicht so leicht, Eltern zu erreichen – und zu erkennen, was sie brauchen. Normalerweise erfahren werdende Mütter von den Babylotsinnen bei der Anmeldung im Krankenhaus und können sich direkt an sie wenden. Zusätzlich kreuzen Hebammen aber auch in einem Formular an, ob es Risikofaktoren gibt: Ist eine Mutter besonders jung? Hat sie eine Wohnung? Spricht sie Deutsch? Dieser Bogen landet anonymisiert dann zum Beispiel bei Dorothea Hoffmann. Vermutet sie Bedarf, macht das Personal die werdenden Mutter auf die Babylotsin aufmerksam.

Das Angebot ist unentgeltlich und freiwillig. Nur wenn es eine akute Kindswohlgefährdung gibt, greifen verbindliche Hilfen, für die andere zuständig sind. Auf den Geburtsstationen sind die Babylotsinnen gerne gesehen. Bei einer nicht-repräsentativen Befragung im Rahmen von Andresens Studie unter mehr als 100 Fachkräften, von denen ein Großteil aus dem Gesundheitswesen kommt, gaben 72 Prozent an, das Programm weiter zu empfehlen.

Inzwischen hat die Mutter mit dem Frühchen, der Babylotsin Dorothea Hoffmann zur Seite stand, ihre Arbeit zurückbekommen. Die Krankenkasse wird alle Kosten rückwirkend übernehmen, und das Wichtigste: Der Tochter geht es gut.

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