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#Schicksale der Hochwasser-Katastrophe: Fast vor dem Nichts

Schicksale der Hochwasser-Katastrophe: Fast vor dem Nichts

Familie Türkmendag hat sich für eine kurze Verschnaufpause unter der Holzpergola versammelt. Sie sitzen auf Bürosesseln und Plastikstühlen. Ihr Grundstück liegt zwischen dem Fluss Inde und einer viel befahrenen Straße, die in die Altstadt von Stolberg führt. Vor einer Woche wäre es undenkbar gewesen, sich hier aufzuhalten. Seit dem vorvergangenen Mittwoch zieht sich durch den nordrhein-westfälischen Ort, der stark vom Hochwasser getroffen wurde, eine Schneise der Zerstörung. Hier in der Eisenbahnstraße stand das Wasser drei Meter hoch. Dunkle Ränder an den Wänden zeugen davon. Am Straßenrand türmt sich wie überall in der eigentlich idyllisch in einem Tal gelegenen Kupferstadt nahe Aachen das, was die Stolberger aus ihren gefluteten Wohnungen und Häusern heraustragen konnten. Grauenhafte Stillleben aus modrigem Mobiliar.

Ursula Kals

Redakteurin in der Wirtschaft, zuständig für „Jugend schreibt“.

Nicht nur Privates wurde hier vernichtet, auch berufliche Existenzen hat das Hochwasser weggeschwemmt. So wie bei den Türkmendags. Vor knapp 50 Jahren ist das Ehepaar aus der Türkei gekommen und hat sich im Rheinland ein beachtliches Kleinunternehmen aufgebaut. Kernstück ist ein Autohandel, zusätzliches Geld verdienen sie mit Immobilienvermietung und Automatenaufstellung. Der Familienzusammenhalt ist groß. Das ist jetzt überlebenswichtig. Auf dem Hof stand das Kapital: Elf Autos sind verloren, beschädigt, weggeschwemmt, an Mauern gestrandet. Einer der Söhne des Paars hat für 60 000 Euro ein Café renoviert, um es jetzt zu eröffnen. Das ist geflutet und der Inhaber beim Anwalt, um prüfen zu lassen, was unternehmerisch noch machbar ist. „Alles ist zerstört. Unser Schaden insgesamt bewegt sich in Höhe von zwei Millionen Euro“, schätzt der zweite Sohn.

Vater Mehmet nickt traurig. Freundlich und still sitzt die Mutter dabei. Ein Leben lang haben sie hart gearbeitet und jetzt das? Hilflos hebt sie die Hände, „Hauptsache, meiner Familie ist nichts passiert. Geld ist nicht alles im Leben.“ Und Hauptsache, ihre Tochter Suna Yilmaz muss nicht mehr wie am ersten Tag der Flut in Rufnähe stehen und ihren Vater unter Tränen ermahnen: „Papa, geh nicht runter, du wirst weggespült!“

Mehmet Türkmendag


Mehmet Türkmendag
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Bild: Ursula Kals

Und wie geht es jetzt weiter? Der Vater zuckt die Schultern. „Aufräumen, wir machen weiter. Es bringt nichts, sich verrückt zu machen.“ Aus wenig viel zu machen, dass er das kann, hat er vor Jahrzehnten bewiesen. Sein 43 Jahre alter Sohn arbeitet bei einem Industrieunternehmen im Ort. Der gelernte Einzelhandelskaufmann und Maschinenführer hilft, wo er kann, das rettet ihn womöglich über die berufliche Ungewissheit hinweg. Er ist aktuell freigestellt, die Werkshallen müssen saniert werden. „Bis das wieder geordnet läuft, das wird eineinhalb Jahre dauern.“

Zwei Enkel sind zu Besuch, die Kinder der Ältesten. Der 14 Jahre alte Adnan berichtet, wie vor seinen Augen eine Frau mit einem Bein im Gullyloch steckte und durch den Wasserdruck wieder herausgestoßen wurde. Aufgebrochene Asphaltbrocken, ein explodierender Stromkasten, Panzer, die die Sparkasse vor Plünderungen schützen, da ist fast nebensächlich, dass es daheim im Stadtteil Münsterbusch zwei Tage lang keinen Strom und nur abends Wasser gab. Den Sommerferienbeginn hatten sich die Teenager ganz anders vorgestellt.

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