Wissenschaft

#Was Klimaforscher von der COP28 erwarten

Ab dem 30. November kommen in Dubai Delegierte aus 197 Ländern zum 28. Weltklimagipfel zusammen. Auf der zwei Wochen dauernden COP28 geht es darum, wie die Welt gemeinsam den Zielen des Pariser Klimaabkommens näherkommen und die Erderwärmung begrenzen kann. Doch das wird ein steiniger Weg, wenn nicht unmöglich, prognostizieren Klimawissenschaftler. Erschwert werden Fortschritte beim Klimaschutz demnach nicht nur durch bisher nicht eingehaltene Vereinbarungen, sondern auch durch die aufgeheizte Weltlage und den Einfluss der Gas- und Öllobby – allen voran im Gastgeberland.

Vom 30. November bis zum 12. Dezember 2023 findet die Weltklimakonferenz COP28 statt, an der die 198 Vertragsparteien der UN-Klimakonvention – 197 Länder sowie die EU – teilnehmen. Ziel des inzwischen 28. Gipfeltreffens ist es offiziell, „die Lücken in der Umsetzung des Pariser Übereinkommens zu identifizieren und zu schließen“. Versäumnisse beim Klimaschutz sollen demnach benannt und nachgeholt werden, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad, maximal aber 2 Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Diese Bestandsaufnahme, der sogenannte „Global Stocktake“, läuft bereits seit Jahren, soll in Dubai aber nun abgeschlossen werden. Künftig sollen Stocktakes alle fünf Jahre folgen. Auch Nachbesserungsmaßnahmen beim Klimaschutz einzelner Länder gibt es bereits in Form von Selbstverpflichtungen, doch diese reichen nicht aus. Daher sollen auf der COP28 auch weitere und noch konkretere Etappenziele festgelegt werden. So könnte beispielsweise erstmals offiziell festgelegt werden, dass, wie vom Weltklimarat gefordert, die Treibhausgas-Emissionen bis 2030 um 43 Prozent sinken sollen, damit das 1,5-Grad-Ziel erreicht wird.

Doch ob das Aufsetzen eines konkreten Fahrplans, geschweige denn seine Einhaltung, gelingen kann, daran weckt schon allein der Gastgeber der COP28 Zweifel: Die Vereinigten Arabischen Emirate fördern und verkaufen fossile Energieträger wie Öl und Gas im großen Stil. Zudem ist der Präsident der COP28, Sultan Al Jaber, Geschäftsführer des nationalen Ölkonzerns Adnoc und hat geleakten Dokumenten zufolge die Vorverhandlungen der COP28 dazu genutzt, neue Geschäfte mit fossilen Energieträgern vorzubereiten. Einen vollständigen Ausstieg aus Erdöl und Erdgas lehnt Al Jaber ab. Angesichts dessen und einer ohnehin starken Lobby der Gas- und Ölindustrie sind das keine guten Vorzeichen für die auf der Klimakonferenz angestrebte Abkehr von fossilen Energien und der Energiewende hin zu Erneuerbaren.

Die Ausgangslage: Unsere Welt zwischen Klimakrise und Kriegen

Doch nicht nur der Austragungsort erschwert die Verhandlungen auf der COP28, sagt der Klimaökonom Reimund Schwarze vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), der die Vorbereitungen und Gespräche vor Ort analysiert. Die Welt befinde sich insgesamt in einer aufgeheizten Lage, die schnelle Erfolge erschwert, so Schwarze. „Die CO2-Konzentration in der Atmosphäre steigt unaufhaltsam weiter auf Rekordwerte an. Schon jetzt ist absehbar, dass 2023 das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen werden wird – und das erste Jahr, in dem die Weltgemeinschaft ihr 1,5-Grad-Ziel verletzt“, fasst Schwarze die jüngsten Entwicklungen zusammen. Welche negativen Effekte das hat, zeigen zum Beispiel die diesjährigen Wirbelstürme, ausgelöst durch einen sprunghaften Anstieg der Meerestemperaturen.

Dass das Klima bereits extreme Ausmaße erreicht hat, belegen auch der letzte Bericht des Weltklimarats IPCC und aktuelle Studien. Das Zeitfenster, um noch rechtzeitig für ausreichend Klimaschutz zu sorgen, wird demnach immer kleiner. Die Zeit drängt, weil das laufende Jahrzehnt den Analysen zufolge zum Erreichen des 1,5-Grad-Ziels entscheidend ist. Für die Gespräche auf der COP28 bedeutet das hohe Ansprüche. „Gleichzeitig zwingen die Kriege im Nahen Osten und in der Ukraine sowie die damit verbundenen Migrationswellen vielen Regierungen andere Prioritäten auf“, sagt Schwarze. Vor allem die Länder des Nordens kümmerten sich derzeit mehr um ihre Energieversorgung und den Schutz ihrer Grenzen als um den Klimaschutz.

Wirtschaft investiert nicht in Klimaschutz und -anpassung

Wie schon bei den vorherigen Klimagipfeln wird auch auf der COP28 zudem wieder ein großes Thema sein, wie die Energiewende und der Umgang mit Klimafolgen finanziert werden. Im Mittelpunkt steht dabei der „Green Climate Fund“. Diesen 2010 von der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) ins Leben gerufenen Geldtopf wollten die reicheren Staaten aus dem globalen Norden eigentlich seit 2020 jährlich mit 100 Milliarden US-Dollar füllen, um damit Entwicklungsländer beim Klimaschutz und der Klimaanpassung zu unterstützen. Diese Zusage haben sie aber bislang nicht erfüllt; im vergangenen Jahr enthielt der Klimafonds knapp 90 Milliarden US-Dollar. Ein Streitpunkt ist daher, ob die Versäumnisse nachgeholt werden. Prognosen zufolge werden die nördlichen Staaten ihr Versprechen gegenüber den Ländern des globalen Südens aber von 2023 an einhalten. Das würde die Verhandlungen auf der COP28 erleichtern und „Druck aus dem Kessel“ nehmen, so dass endlich über langfristige Klimaziele sowie strukturelle Reformen des Finanzsystems gerungen werden könnte, meint Schwarze.

Dass hierbei Reformbedarf besteht, zeigt eine aktuelle Studie zum „Green Climate Fund“. Theoretisch soll auch die Privatwirtschaft in diesen Fonds und damit in die Energiewende und Klimaschutz investieren. Doch das Konzept geht bislang nicht auf, berichtet Studienautor Thomas Kalinowski vom Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit – Helmholtz-Zentrum Potsdam. „Die meisten Unternehmen schätzen ein solches Engagement derzeit nicht als profitabel ein“, sagt er. Die Geschäftsmodelle zur Klimaanpassung seien nicht attraktiv und Investitionen noch zu riskant. Daher habe die Privatwirtschaft nur einen Anteil von knapp 17 von den derzeit rund 40 Milliarden US-Dollar, die in laufenden Projekten des Klimafonds stecken – und auch diese Gelder stammten zum Großteil eigentlich aus öffentlichen Einrichtungen und nicht von der Industrie selbst. Diese Zahlen dämpfen Hoffnungen, das Tempo beim Klimaschutz könne aus finanziellen Interessen gesteigert werden.

Große Ziele, aber mangelnde Bereitschaft zu mehr Klimaschutz

Aber nicht nur bei der Wirtschaft, auch bei den Staaten, sowohl den Industrie- als auch den Schwellenländern, sieht Klimaökonom Schwarze derzeit keine Einsicht, ihr Handeln künftig klimafreundlicher zu gestalten. Die Entwürfe enthielten zumindest keinerlei Ideen oder Versprechen für neue Klimaschutz-Maßnahmen oder auch nur Reformen für die bestehenden, unzureichenden Maßnahmen. Auch Manfred Fischedick vom Wuppertal Institut, das auf der COP28 Forschungsergebnisse einbringt, erwartet von den Teilnehmerländern der COP28 eine höhere Bereitschaft, den Kampf gegen den Klimawandel drastisch zu verstärken. „Die Konferenz muss ehrlich anerkennen, dass die derzeitigen Anstrengungen bei weitem nicht ausreichen und klare Maßnahmen ergreifen, um diese Lücken zu schließen“, fordert er. Mit der aktuellen Klimapolitik steuert die Welt auf eine Erderhitzung um drei statt 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu, belegt auch ein aktueller UN-Bericht.

Neben den Hilfen für ärmere Länder, müsse insbesondere die Energiewende deutlich beschleunigt und erneuerbare Energien ausgebaut werden, sagt Fischedick. Dafür müssten sich aber alle Staaten verpflichten, so schnell wie möglich auf fossile Energien zu verzichten – am besten sofort, spätestens jedoch bis 2050, so Fischedick unter Verweis auf Berechnungen der Internationalen Energieagentur. Bei der Frage nach dem notwendigen Engagement bei der Energiewende, aber auch beim Einfluss der aktuellen politischen Konflikte und Kriege auf den künftigen Klimaschutz könnte China das „Zünglein an der Waage“ auf der COP28 werden, prognostiziert Schwarze. Eine große Rolle spielen dabei die Beziehungen zwischen China und den USA, die sich zuletzt verbessert haben. Aber auch Gastgeber Al Jaber hat massiven Einfluss auf den Ausgang der COP28, sagt Schwarze.

Quellen: Thomas Kalinowski (Helmholtz-Zentrum Potsdam), Climate Policy, doi: 10.1080/14693062.2023.2276857; Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ); Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH

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