Schwämme bildeten schon vor 480 Millionen Jahren Riffe

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Korallenriffe bieten einen Lebensraum für eine Vielzahl an Arten. Eine ähnliche Funktion erfüllten riffbildende Schwämme bereits im Paläozoikum. In fossilen Riffen in Südchina haben Forschende nun eine Schwammart entdeckt, die bereits vor 480 Millionen Jahren ein stabiles Skelett aufbaute – 20 Millionen Jahre früher als bisher dokumentiert. Außergewöhnlich ist zudem, dass der Schwamm, dem die Forschenden den Namen Lophiostroma leizunia gaben, sein Skelett aus dem Mineral Fluorapatit aufbaute, einem Material, das bisher bei keiner anderen Schwammart beobachtet wurde. Die Erkenntnisse geben neue Einblicke in die Entstehung der frühesten Riffe.
Riffbildende Organismen wie Korallen schaffen unter Wasser einzigartige Ökosysteme, die einen Lebensraum für zahlreiche Tiere und Pflanzen bieten. Die Grundstruktur der Riffe bilden dabei die Skelette von Korallen und Co. Diese bestehen meist aus Calciumcarbonat und bleiben auch nach dem Tod der einzelnen Individuen bestehen. Bereits im Paläozoikum, lange bevor die ersten Korallenriffe entstanden, verbreiteten sich riffbildende Schwämme, die sogenannten Stromatoporen, in verschiedenen Teilen der Welt. Über ihre Anfänge war allerdings bislang wenig bekannt.
Skelett aus Fluorapatit
In fossilen Riffen in Südchina hat ein Team um Juwan Jeon von der Korea Universität im südkoreanischen Seoul nun die bisher älteste bekannte Art eines riffbildenden Schwammes entdeckt. Die Spezies, der die Forschenden den Namen Lophiostroma leizunia gaben, bildete bereits vor 480 Millionen Jahren Riffe. „Diese Entdeckung verschiebt den fossilen Nachweis von riffbildenden Stromatoporen um etwa 20 Millionen Jahre nach hinten und offenbart ihre entscheidende Rolle beim Riffaufbau“, berichtet das Team. „Das revolutioniert unser Verständnis der frühen Riff-Ökosysteme und der Biomineralisierung.“
Die Forschenden sammelten insgesamt 420 Kilogramm fossiler Proben und analysierten diese sowohl mit dem Elektronenmikroskop als auch mit verschiedenen chemischen Verfahren. Demnach bildete die neu entdeckte Art ihr Skelett aus einem für Schwämme außergewöhnlichen Material: „Das Skelett von L. leizunia bestand ungewöhnlicherweise aus dem Mineral Fluorapatit“, berichten die Forschenden. Dabei handelt es sich um eine Verbindung aus Fluor und Calciumphosphat. Bisher bekannte Arten von Schwämmen nutzen dagegen entweder Calciumcarbonat, also Kalk, oder Kieselsäure, bestehend aus Silizium. „Damit sind Schwämme der erste Tierstamm, von dem bekannt ist, dass er alle drei wichtigen Biominerale verwendet: Kieselsäure, Calciumcarbonat und Calciumphosphat“, so das Team.
Lamellen und Säulen
Vergleiche mit heute lebenden Verwandten legen nahe, dass der obere Teil des Körpers von L. leizunia aus Weichgewebe bestand. Das Skelett wiederum setzte sich aus mehreren zarten, lamellenartigen Schichten zusammen. Zudem bildete der Schwamm feine, säulenförmige Strukturen, die aus Sicht der Forschenden wahrscheinlich von spezialisierten Zellen hergestellt wurden. „Diese komplexe Säulenstruktur deutet auf ein hohes Maß an Kontrolle über die Biomineralisierung hin“, erklärt das Team. „L. leizunia ist einzigartig unter den bekannten Schwämmen, nicht nur durch die Verwendung von Fluorapatit als Biomineral, sondern auch durch den elegant kontrollierten Aufbau seines Skeletts.“
Die fossilen Riffproben enthüllten zudem, dass die von dem Schwamm geschaffenen Gerüste auch andere Organismen beherbergten, darunter Kalkmikroben, andere Schwämme, Pflanzen und Stachelhäuter. „Das bietet neue Einblicke in die evolutionäre Dynamik der Biomineralisierung und in die Entstehung von Riffökosystemen“, erklären Jeon und seine Kollegen. „Dieses Fossil ist ein Beweis dafür, dass Schwämme mehr physiologische Möglichkeiten erforscht haben als bisher bekannt.“
Quelle: Juwan Jeon (Korea University, Seoul, Republic of Korea) et al., Proceedings of the National Academy of Sciences, doi: 10.1073/pnas.2426105122
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