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#Erinnerungen an die Niederlage von Vietnam

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Erinnerungen an die Niederlage von Vietnam

Als Joe Biden nach einer halben Stunde den East Room des Weißen Hauses verließ, rief eine Journalistin ihm noch etwas hinterher: Was er davon halte, dass eine Delegation der Taliban derzeit Moskau besuche. Der Präsident reagierte nicht. Für ihn, so schien es, war alles gesagt. Er war am Donnerstag vor die Öffentlichkeit getreten, um noch einmal den Abzug der amerikanischen Truppen aus Afghanistan zu verteidigen. Er hatte in den vergangenen Tagen zur Kenntnis nehmen müssen, dass dies auch im kriegsmüden Amerika keine einfache Angelegenheit ist. Denn natürlich steht die Frage im Raum: War es das wert?

Majid Sattar

Politischer Korrespondent für Nordamerika mit Sitz in Washington.

Kurz vor dem Auftritt in Washington hatten Nachrichtenagenturen gemeldet, Vertreter der Taliban hätten der russischen Regierung zugesichert, dass die Geländegewinne der radikalen Islamisten keine Bedrohung für Moskau oder dessen Verbündete in Zentralasien darstellten. Hintergrund waren Ereignisse zu Wochenbeginn: Das Vorrücken der Taliban hatte Soldaten der afghanischen Streitkräfte veranlasst, über die Grenze nach Tadschikistan zu fliehen, wo Russland eine Militärbasis unterhält. In Moskau sagten die Taliban-Vertreter zudem, man kontrolliere inzwischen 85 Prozent des Landes. In der Regierung in Kabul wurde dies zurückgewiesen. Allerdings gestand man ein, dass die Taliban im Zuge des Abzugs der ausländischen Streitkräfte weitere Gebiete eingenommen hätten. Austin Miller, der amerikanische Kommandeur in Afghanistan, sagte kürzlich, ein Bürgerkrieg sei sicherlich ein Weg, den man sich vorstellen könne, wenn es so weitergehe, wie es jetzt laufe.

Welchen Preis Biden dafür zahlt, derjenige Oberbefehlshaber zu sein, der nach 20 Jahren des Krieges die Soldaten heimholt, muss ihm spätestens in der vergangenen Woche bewusst geworden sein, als seine Streitkräfte den wichtigsten Stützpunkt Bagram verließen – buchstäblich in einer Nacht-und-Nebel-Aktion, ohne den neuen afghanischen Kommandeur zu informieren. Das Pentagon verwies später auf die Sicherheitslage, was implizierte: Man traute der afghanischen Seite nicht. Solche Geschichten wecken Erinnerungen an die Niederlage in Vietnam.

Biden ringt um Worte

Biden wies den Vergleich zurück. „Die Taliban sind nicht die nordvietnamesische Armee.“ Es werde keine Bilder wie die von 1975 aus Saigon geben, sagte er mit Blick auf die historische Aufnahme, die festhielt, wie amerikanische Hubschrauber verbündete Vietnamesen ausflogen. Der Präsident rang um Worte. Um „mission accomplished“ gehe es nicht, sagte er unter Anspielung auf George W. Bushs voreilige Siegesfeier nach dem Sturz Saddam Husseins im Irak. Von einem Scheitern wollte er freilich auch nicht sprechen – jedenfalls „noch nicht“. Eine Machtübernahme durch die Taliban sei „nicht unausweichlich“.

Die Sicherheit des Landes liege nun in den Händen von mehr als 300.000 afghanischen Soldaten und Polizisten, welche die Amerikaner und ihre Verbündeten gut ausgebildet und ausgerüstet hätten. Es gehe jetzt aber nicht nur um militärische Fähigkeiten, sondern auch um den politischen Willen in Kabul, zusammenzukommen. Die dortige Regierung müsse gemeinsam mit den Taliban einen „modus vivendi“ finden. Sodann: Es sei jedenfalls sehr unwahrscheinlich, dass es eine einheitliche Regierung geben werde, welche die Kontrolle über das ganze Land haben werde. Das habe es aber auch nie in der langen Geschichte Afghanistans gegeben. Wie es auch nie einer fremden Nation gelungen sei, das Land zu beherrschen.

Der nach den Terrorangriffen auf die USA vom 11. September 2001 begonnene Einsatz habe zwei Ziele gehabt: Osama Bin Laden „zu den Pforten der Hölle zu bringen“ und dessen Terrornetzwerk Al-Qaida die Fähigkeit zu nehmen, von Afghanistan aus die Vereinigten Staaten anzugreifen. „Wir haben diese beiden Ziele erreicht“, sagte Biden und fügte hinzu: Um „nation building“ sei es nie gegangen. Von den zwischenzeitlichen Zielen, Menschenrechte durchzusetzen und eine Demokratie aufzubauen, wollte er offensichtlich nichts mehr wissen. Er erinnerte daran, dass er nach 2009 als Vizepräsident – anders als Barack Obama – für einen Abzug plädiert habe.

Biden machte letztlich deutlich, dass er sich nicht beirren lassen werde, sich darauf zu konzentrieren, die eigenen Herausforderungen und internen Konflikte Amerikas zu lösen. „Ich werde nicht noch eine weitere Generation Amerikaner in den Krieg nach Afghanistan schicken.“ An seine Kritiker gewandt, die den Abzug voreilig nennen, fragte er: Das Leben wie vieler zusätzlicher Töchter und Söhne Amerikas zu riskieren sei man bereit? Die Vorgängerregierung habe den Abzug angekündigt. Wäre man geblieben, hätten die Taliban ihre Angriffe auf Amerikaner wieder aufgenommen. Bis zum 31. August, also noch vor dem 11. September, dem ursprünglich geplanten Termin, soll der Abzug abgeschlossen sein.

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