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#Sekt verleiht Flügel

Wir waren auf Capri, was für sich genommen natürlich schon ein Klischee ist. Die blaue Stunde war gerade vorbei, und in Anacapri saßen schon Touristen mit mehr oder weniger geglückt schönheitsoperierten Nasen und Stirnen auf Terrassen und unter Zitronenbäumen. Wir aber machten es so, wie wir es von unseren italienischen Gastgebern gelernt hatten: Bloß nicht vor 21 Uhr essen. Und davor? War darum immer Zeit für einen Aperitif. Am liebsten saßen wir dafür draußen in der Bar, gegenüber von einem Touristen-Steakhouse mit besonders vielen gerichteten Nasen und geschwollenen Lippen. Da saßen wir auch jetzt, ein Negroni, ein Prosecco. Der lief mir prickelnd nicht in den Bauchnabel, sondern direkt ins Blut.

Wir tauften diese ein, zwei Stunden vorm Capri-gerecht späten Abendessen unsere Apero-Stunde. Und in dieser Stunde überkommt einen eines der schönsten Gefühle überhaupt: das Apero-Feeling. Apero, wie Aperol-Spritz oder auch nur Aperitif. Dieses Gefühl beschleicht uns nur beim allerersten Glas Aperitif. Und wenn der Aperitif ein Schaumwein ist, ist es besonders schön: Alles kribbelt. Alles wird warm. Alles ist plötzlich furchtbar lustig. Es ist so schön, dass man meint, man könnte platzen. Man wird übermütig, euphorisch und zugleich – und das ist wichtig für die generelle Schönheit dieses Moments – ein klein wenig traurig. Denn man weiß genau: Je mehr ich nun trinke, dieses Gefühl, das ich in diesem einen Augenblick habe, wird an diesem Abend nicht wieder eintreten. Diesen Moment gibt es heute nur einmal. Man kann sich nicht zurücktrinken in den Moment, in dem die Wärme und der Zucker und der Alkohol zum ersten Mal durch die Adern fließen. Es liegt eine gewisse Melancholie darin, dass dieser Moment flüchtig ist, und gleichzeitig könnte er ohne diese Vergänglichkeit nie existieren.

Ein guter Schaumwein ist der beste Drink

Diese Sekteuphorie kann mich netterweise überall bestürmen, dafür muss ich nicht unbedingt auf Capri sein, und dafür brauche ich auch keine blaue Stunde. Sie kann sogar gut im schnöden Büro kommen, am Freitagabend, wenn die Woche geschafft ist und man runterkommen will. Mit dem Sekt kommt man zwar irgendwie auch kurz rauf, aber auch das bedeutet ja auch ein Ausklinken aus dem Alltag, in dem man normalerweise nicht von Sekt berauscht über jeden Mist lachen muss.

Es gibt darum wirklich nur ein Getränk, das ich als Drink meines Lebens bezeichnen kann, und das ist ein guter Schaumwein. Also ein trockener Sekt, ein vernünftiger (also nicht zu lascher) Prosecco, ein schöner Crémant oder Champagner (braucht kein Adjektiv, selbsterklärend).

Nichts Schöneres als das warme Apero-Feeling

Sekt ist ein Getränk, das im ersten Moment nach steifer Firmenfeier mit schlechten Witzen klingt, in Wahrheit aber ein überall einsetzbarer Stimmungsaufheller ist. Sekt lässt sich so gut wie in jeder Lebenslage trinken (außer man muss danach einen Text schreiben, dafür kann ich es tatsächlich nicht empfehlen). Sekt schmeckt gut zum Frühstück oder Brunch, vor allem, wenn er trocken ist und nicht zu zuckrig. Sekt schmeckt hervorragend zu Kuchen und Keksen und allerlei am Nachmittag. Am Abend ist Sekt der beste Aperitif, den man sich wünschen kann. Und in der Nacht hält Sekt auf Eis besonders lange wach, ohne dass man sich damit zu doll abschießen müsste. Es gibt nichts Urlaubigeres, als in Paris einen Champagner oder auf Capri einen Prosecco zu schlürfen. Und es gibt nichts Schöneres als das damit einhergehende, warme Apero-Feeling.

Sekt versetzt einen in einen angenehmen Rausch: Man wird vielleicht ein wenig übermütig, vielleicht auch nur ein wenig lauter. Sekt macht meist beschwippst, aber selten betrunken. Sekt feuert einen an, Sekt verleiht buchstäblich Flügel, das mit Red Bull ist nämlich Quatsch. Zwei Gläser Sekt fühlen sich ungefähr so an, wie ich mir eine leichte Überdosis des Glückstranks „Felix Felicis“ in Harry Potter vorstelle: Er versetzt einen in übermäßige Euphorie. Eine Freundin erzählte mir mal von einem Job bei einem Catering-Service. Wenn das Catering-Team den ganzen Tag über geschuftet hatte, etwa bei einer Hochzeit, und am Ende die Mitternachtssnacks servieren sollte, dann schenkte der Chef vorher stets eine Runde Sekt an alle aus. Weil er nach einem langen Tag belebt – und die Laune hebt.

Capri war irgendwann vorbei, so wie jeder Traum in Blau irgendwann vorübergeht. Doch die Apero-Stunde behielten wir bei, nicht täglich, aber wenn Wochenende ist und es warm ist und durch die Straßen so ein Samstagabendwind weht, dann kann es sein, dass wir uns in einer Bar wiederfinden und auf die Kölner schauen, zumeist mit krummen Nasen, dafür aber mit guter Laune. Da kommt es zuweilen vor, dass ich mir einen Sekt bestelle, oder einen Crémant, und dass mich das Apero-Feeling mit seiner zuckrig-schaumweinigen Kraft übermannt. Fast wie auf Capri.

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