Wissenschaft

#Signal schützt vor gegenseitigem Aufspießen

Video © Alicia Burns

Mit Speeren bewaffnet sausen sie durchs Wasser: Wie vermeiden Gestreifte Marlins bei ihren rasanten Gruppenjagden auf Fischschwärme gegenseitige Verletzungen? Eine Studie dokumentiert nun: Kurz vor den Starts zu einer Blitzattacke, erhöht jedes Gruppenmitglied den Kontrast seiner Körperzeichnung. Dies dient offenbar als optisches Signal, um das Gruppenverhalten der Speerfische zu koordinieren und damit sicherer zu gestalten, erklären die Wissenschaftler.

Sie gehören zu den schnellsten Schwimmern der Ozeane und spitze Schnauzen sowie Bänder bilden ihre Markenzeichen: Die Gestreiften Marlins (Kajikia audax) gehören zur Gruppe der Speerfische (Istiophoridae) und sind im Indopazifik weit verbreitet. Die bis zu über vier Meter langen Meeresräuber machen dort Jagd auf Sardine und Co. Sie attackieren dabei die Schwärme der Beutefische oft in Gruppen: Abwechselnd rast eines der Tiere in den Schwarm, um sich ein Opfer zu schnappen und die Formation auseinanderzureißen. Dabei kann man sich fragen, wie die Räuber das rasante Gruppenverhalten koordinieren. Dies scheint wichtig zu sein, denn bei einer Kollision der spitz bewaffneten Kolosse drohen lebensgefährliche Verletzungen.

Kontraste bei jagenden Marlins im Visier

Dabei ist das Forschungsteam um Alicia Burns von der Humboldt-Universität zu Berlin nun einer Spur nachgegangen: Geben sich die Raubfische vielleicht optische Signale? Es ist bekannt, dass Gestreifte Marlins den Kontrast ihrer Körperzeichnung sehr schnell verändern können. Dazu kommen sogenannte Chromatophoren in der Haut zum Einsatz. Es handelt sich dabei um pigmentgefüllte Zellgebilde, deren Sichtbarkeit durch Kontraktionen verändert werden kann: So können die Tiere die weißlichen Bänder auf ihrer Körperseite mehr oder weniger hell erscheinen lassen. Bisher war allerdings unklar, für welche Zwecke die Fische das optische Signal einsetzen.

Um zu klären, inwieweit die Veränderungen des Aussehens bei der Gruppenjagd eine Rolle spielen, analysierten die Forschenden Drohnen-Filmaufnahmen von Gestreiften Marlins im Indopazifik. Die Raubfische waren dabei in Oberflächennähe auf der gemeinsamen Jagd nach Schwärmen von Sardinen. Die Meeresbiologen erfassten in den Aufnahmen das Verhalten jedes Tieres und die Veränderungen des Kontrasts ihrer Körperzeichnungen.

Den Blitzattacken geht ein Warnsignal voraus

Wie das Team berichtet, zeigte sich: Wenn die Fische gerade nicht angreifen, sieht ihre Streifenzeichnung vergleichsweise matt aus. „Der jeweils angreifende Marlin erscheint dann allerdings viel heller als seine Gruppenkameraden“, sagt Burns. Im Detail stellten die Forschenden dabei fest: Etwa zehn Sekunden bevor der Fisch zu einer der Blitzattacken auf die Beutetiere startet, „schaltet“ er auf einen hohen Kontrast des Streifenmusters um. Derart optisch auffällig schlägt der Raubfisch dann zu, erbeutet einen Schwarmfisch oder treibt die Formationen auseinander. Sofort nach Beendigung dieses Manövers stellt das Tier dann den Kontrast seiner Zeichnung wieder auf das matte Ausgangsniveau ein, berichten die Forschenden. „Wir haben damit zum ersten Mal einen schnellen Kontrastwechsel bei einem gruppenjagenden Raubtier dokumentiert“, sagt Burns.

Wie das Team erklärt, liegt somit nahe, dass die Raubfische durch das optische Signal das Gruppenverhalten bei der Jagd koordinieren. Demnach kündigt ein Mitglied der Gemeinschaft durch die Kontrasterhöhung an, dass es gleich zu einem Angriff starten wird. Vermutlich hält dieser optische Reiz die anderen Gruppenmitglieder davon ab, sich ebenfalls mit dem Speer voran in den Fischschwarm zu stürzen – was zu lebensgefährlichen Kollisionen zwischen den Räubern führen könnte. „Obwohl bekannt ist, dass Marlins ihre Farbe ändern können, ist dies das erste Mal, dass dieses Verhalten mit der Jagd oder einem anderen sozialen Verhalten in Verbindung gebracht werden konnte“, sagt Burns. Die Entdeckung legt somit nahe, dass diese Raubfische über ein überraschend komplexes Kommunikationssystem verfügen.

Den Forschenden zufolge wäre es allerdings auch möglich, dass das optische Signal einen zusätzlichen Zweck erfüllt. Die Kontrasterhöhung könnte in Kombination mit der sehr schnellen Bewegung die flinken Beuteltiere verwirren, wodurch die Marlins sie leichter erbeuten können. Inwieweit dies zutrifft und weiteren Fragen wollen die Forschenden nun durch zusätzliche Untersuchungen nachgehen. Bisher ist beispielsweise unklar geblieben, ob die Raubfische den Kontrastwechsel auch zeigen, wenn sie allein auf der Jagd sind. Zudem wollen die Forschenden herausfinden, inwieweit andere Fischarten ein ähnliches Konzept nutzen. „Wir haben bereits Aufnahmen vom Jagdverhalten von Segelfischen und den Mahi Mahis, bei denen wir sogar noch ausgeprägtere und variablere Farbveränderungen als bei den Marlins gesehen haben“, sagt Burns.

Quelle: Cell Press, Fachartikel: Current Biology, doi: 10.1016/j.cub.2023.12.040

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