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#Simone Biles’ Verzicht bei Olympia: Mündigkeit einer Sportlerin

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Simone Biles’ Verzicht bei Olympia: Mündigkeit einer Sportlerin

Simone Biles wird auch auf die am Sonntag anstehenden Gerätfinals an Sprung und Barren verzichten. Diese Entscheidung gab der Turn-Verband der Vereinigten Staaten heute bekannt. Biles hat damit die einzig richtige Entscheidung getroffen. Die einzig richtige zumindest dann, falls Einigkeit darüber besteht, dass die körperliche Unversehrtheit der Athletin wichtiger ist, als Goldmedaillen.

Der Grund für ihren Rückzug: „Twisties“, von Twist, also Drehungen um die Körperlängsachse. Wer „Twisties“ hat, dem gelingen diese Drehungen plötzlich nicht mehr, der Kopf will schrauben, aber der Körper verweigert. So geschehen im Teamfinale, als Biles in der Luft die Kontrolle verloren und den Wettkampf daraufhin abgebrochen hatte.

So geschehen auch im Training am Freitag beim Barrenabgang. Ihr Körper verliert sich in der Luft. Rund zwei Dutzend Längsachsendrehungen hat Biles in ihrem Programm. Die Gefahr, sich bei einem derartigen mentalen Block das Genick zu brechen, ist real. Die Kommentare von Turnerinnen und Turnern rund um die Welt entsprechend von seltener Einmütigkeit: Sie loben die „richtige Entscheidung“ und ihren Mut, sie zu treffen; viele berichten von ähnlichen Erfahrungen.

Vier Goldmedaillen – das Mindeste

Zur Ursache von „Twisties“ ist wenig bekannt. Was als sicher gelten darf, ist, dass extreme Stresssituationen mentale Blockaden auslösen können. „Olympics is no joke!“, „Olympische Spiele sind kein Spaß“, sie spüre das Gewicht der ganzen Welt auf ihren Schultern, hatte Biles vor dem Teamfinale geschrieben. Seit rund anderthalb Jahren ist sie als der Superstar dieser Olympischen Spiele beschrieben worden; vier Goldmedaillen – das Mindeste.

Bekannt ist auch, in was für einem System Biles als Turnerin großgeworden ist. Im, was Siege betrifft, so erfolgreichen Károlyi-System waren Widerworte und Angst schlicht nicht erlaubt. In diesem System konnte Teamarzt Larry Nassar über fast zwei Jahrzehnte Mädchen sexuell missbrauchen, auch Simone Biles. Eine „eigene Stimme finden“ lautet das zentrale Motto der #gymnastAlliance-Bewegung, die – ausgelöst durch die US-Debatte – menschenverachtende Trainingsmethoden in der ganzen Welt ans Licht gebracht hat.

Für ihre Statements – wie „körperliche Gesundheit ist mentale Gesundheit“ – bekommt Biles nun von allen Seiten Applaus. USA Gymnastics lobt ihre Entscheidung, Rechteinhaber NBC hat größtes Verständnis und der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, Thomas Bach, lobt sie für ihren „olympischen Spirit“. Hier lauert eine Gefahr. Denn es handelt sich um die Einhegung und damit auch die Vereinnahmung von Biles’ Stimme.

Sie hat Millionen Follower in den Sozialen Medien, die beinahe geschlossen hinter ihr stehen. Damit möchte es sich niemand verscherzen. Dabei haben die genannten Institutionen ein anderes primäres Interesse: Sportstars, die Höchstleistungen abliefern und lächelnd ihr Gold in die Kamera halten, kurzum: die Summen für Werbung und Fernsehrechte in die Höhe treiben. Die Motivation, vor allem Geld verdienen zu wollen, ist für den TV-Sender NBC legitim, für USA Gymnastics und das IOC keineswegs. Biles’ den verdienten Respekt zu zollen, ist das Eine, sie wieder zu vereinnahmen, etwas Anderes.

Man schaue sich nur im Detail die Reaktionen auf Sportlerinnen an, die zuletzt ihre Stimme gefunden haben, anstatt  nur zu abzuliefern: regenbogenfarbene Kapitänsbinden oder das Niederknien als Zeichen der Solidarität mit der Black-Lives-Matter-Bewegung? Das muss man erstmal diskutieren. Längere Hosen im Beach-Handball? No way, das gibt eine Geldstrafe. Deutsche Turnerinnen in langen Hosen? Gut, ein Zeichen gegen Sexualisierung.

Hinter den Reaktionen, die allesamt aus patriarchalen Strukturen stammen, steckt nicht zuletzt Berechnung oder Opportunismus. Dabei wäre eine glasklare Haltung zu all diesen Aktionen im Grunde ganz einfach und der Begriff dafür muss nicht erst erfunden werden: der mündige Athlet; und auch: die mündige schwarze Athletin. Mündigkeit als die Autonomie, nach selbstgesetzten Maßstäben zu handeln, hat Simone Biles in diesen Tagen bewiesen. Dafür ist ihr zu danken.

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