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#Der vergessene Heimathafen

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Der vergessene Heimathafen

Die Frauen fänden ihn zwar nicht mehr so umwerfend wie früher, gibt Dino Buzzoni grinsend zu. „Ich muss nun kürzertreten. Aber ich komme immer noch flink diese steile Treppe herunter, und auch sonst funktioniert alles noch einigermaßen. Die Lucrezia ist ein Werk meiner Hände!“ Der Lastkahn, von dem der alte Herr spricht, hat beinahe so viele Jahre auf dem Buckel wie er selbst: Kein Zweifel, mit 84 ist Dino Buzzoni wirklich nicht schlecht in Schuss. Mit Heißluftpistole, Schaber und Schleifpapier entfernt er den abblätternden Lack der Lucrezia und trägt neue Farbe auf.

Buzzoni hat zwei Kojen eingerichtet, einen Waschraum mit Toilette sowie die Wände und Decken mit Holz verkleidet. Als ich vorhin die Treppe am Po di Volano, an dem sich der Kai von Ferrara befindet, zur an zwei Mauerhaken hängenden Lucrezia herabstieg, schraubte der alte Herr, bäuchlings über das Heck gebeugt, am Motor herum. Inzwischen hat sich Buzoni die schmierigen Hände an einem Lappen abgewischt. Er hockt an Deck und blickt auf den von einem gepflasterten Streifen gesäumten Fluss. Mehr als ein halbes Dutzend Boote sind hier momentan nicht vertäut. Es gibt aber große Pläne. An dieser Stelle soll ein moderner Hafen entstehen, damit die Stadt am Po für die Schifffahrt wieder eine bedeutende Rolle spielt.

Per Wasserweg zum Landsitz

Hundertfünfzig Millionen Euro werden in den Ausbau einer bereits bestehenden, siebzig Kilometer langen Wasserstraße investiert, die Ferrara mit Comacchio und Porto Garibaldi an der Adriaküste verbindet. In Dino Buzzonis Ohren klingt das surreal. Kopfschüttelnd schaut der Alte über die schlammigen Fluten. „Laut Medienberichten sollen hier hundert Meter lange Frachtschiffe durchfahren, Schiffe mit einer Ladekapazität von siebzig Lkws. Ob ich das noch erleben werde? Wahrscheinlich nicht!“ Ferrara als blühende Hafenstadt – was heute schwer vorstellbar ist – war im Mittelalter Wirklichkeit. Damals befand sich hier einer der wichtigsten Häfen der italienischen Halbinsel. Am Po, dem größten Strom des Landes, ist Ferrara entstanden. Wo sich der breite Fluss in den Po di Volano und Po Primaro teilte, entwickelte sich Ferrara als Handelsplatz an der Salzstraße. Über den Po wurde das Material herantransportiert, um Ferrara in eine bedeutende Renaissancestadt auszubauen. Vom Castello Estense aus, ihrer Hauptresidenz, konnte die Herrscherfamilie Este über Wasserwege bequem zu ihren Landsitzen in der Umgebung gelangen.

Altstadt von Ferrara: Auf alten Stichen sieht man den Kanal noch, der heute zugeschüttet ist.


Altstadt von Ferrara: Auf alten Stichen sieht man den Kanal noch, der heute zugeschüttet ist.
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Bild: Picture-Alliance

„Auf alten Stichen sieht man den längst zugeschütteten Kanal, der das Castello Estense mit dem Po verbindet“, sagt Georg Sobbe. Der Endfünfziger, der aus der Nähe von Dortmund stammt, kennt Ferraras Wasserwege wie kaum ein anderer. Einen Steinwurf vom Altstadtzentrum entfernt, das 1995 als Weltkulturerbe anerkannt wurde, liegt Sobbes kleine Flotte. Am Uferstreifen erstreckt sich der backsteinerne Palazzo Savonuzzi, ehemalige Lagerhallen der Hafenfirmen. Hier haben gemeinnützige Organisationen ihren Sitz, darunter die Genossenschaft Fiumana, die sich dafür einsetzt, den Ferraresi den Po in Erinnerung zu rufen. Georg Sobbe und seine Frau Antonella gehören zu den Gründern. Mit dem Endfünfziger, dessen gebräuntes Gesicht auf viele im Freien verbrachte Stunden schließen lässt, sitze ich vor dem Palazzo. Am Flussufer stochern Enten im Schlick. Vor dreißig Jahren, erzählt Sobbe, sei er als Touristenführer hier durchgeradelt. „Ferrara ist eine unterschätzte Stadt mit riesigem Potential, so dachte ich damals, und denke es immer noch“, sagt Sobbe. Mit Antonella entwickelte er Theaterproduktionen, die um den Po als Lebensader Ferraras kreisten. So entstand die Idee, ein Boot als Bühne zu nutzen. Aus einem sind inzwischen drei geworden, mit denen Sobbe Exkursionen anbietet.

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