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#Staatsanwalt hört Journalisten ab

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Staatsanwalt hört Journalisten ab

Bei Ermittlungen gegen private Seenotretter hat die Staatsanwaltschaft auf Sizilien systematisch Journalisten abhören lassen. Mit der Sache befasst sich jetzt die Justizministerin Marta Cartabia. Auch das Parlament in Rom dürfte einen Untersuchungsausschuss einsetzen. Es geht um den „Lauschangriff“ auf mehrere italienische Journalisten, veranlasst 2017 von der Staatsanwaltschaft der sizilianischen Hafenstadt Trapani. Aufgedeckt hat die Angelegenheit der Investigativ-Journalist Andrea Palladino von der Tageszeitung „Domani“ kurz vor Ostern. Danach befindet sich in den umfangreichen Akten im Zusammenhang mit der Anklage gegen private Seenotretter – vorab die Berliner Organisation „Jugend Rettet“ – wegen des Verdachts der Beihilfe zur illegalen Einwanderung auch ein umfangreiches Dossier mit den abgehörten Gesprächen von mindestens sieben italienischen Journalisten.

Matthias Rüb

Matthias Rüb

Politischer Korrespondent für Italien, den Vatikan, Albanien und Malta mit Sitz in Rom.

Hauptziel der Abhöraktion war die freie Journalistin Nancy Porsia, die sich seit Jahren mit der Migration über das Mittelmeer von Nordafrika nach Europa befasst. Sie ist mit einem Libyer verheiratet und hält sich selbst immer wieder in Libyen auf. In Italien werden ihre Beiträge unter anderem von der Tageszeitung „La Repubblica“, dem privaten Nachrichtensender Sky Tg24, dem Nachrichtenportal TPI und der Mailänder Denkfabrik ISPI veröffentlicht. Zu ihren internationalen Auftraggebern gehören „Al Dschazira“ und der „Guardian“.

Über die Ostertage hatte Nancy Porsia Gelegenheit, das von ihrem Kollegen Andrea Palladino beschaffte Dossier zu sichten. Die Lektüre der rund dreihundert Seiten hat sie schockiert: „Mindestens 150 Seiten bestehen aus Abschriften meiner abgehörten Telefongespräche. Sie haben alles transkribiert.“ Die Abhöraktion begann im Juni 2017, als Porsia sich an Bord eines Rettungsschiffes von „Ärzte ohne Grenzen“ befand, um über deren Tätigkeit im zentralen Mittelmeer zu berichten. Das letzte Abhörprotokoll datiert nach Porsias Angaben vom Dezember 2017. Zu den abgehörten Gesprächen gehört auch ein Telefonat der Journalistin mit ihrer Anwältin Alessandra Ballerini. Außerdem wurden verschiedene ihrer Reiserouten dokumentiert, mittels der Verbindungsdaten ihres Mobiltelefons.

Rechtsstaat in Gefahr

In den Mitschriften der Ermittler von Trapani tauchen die Namen weiterer sechs Journalisten auf: von den Tageszeitungen „Il Giornale“, „Il Fatto Quotidiano“ und „Avvenire“, von der Wochenzeitschrift „L’Espresso“ sowie vom Fernsehsender Rai Tre und von Radio Radicale. Andrea Di Pietro, Rechtsanwalt bei „Ossigeno per l’informazione“, dem Pressefreiheits-Watchdog des Journalistenverbands, sprach von „einem der schwersten Angriffe auf die Presse in der Geschichte unseres Landes“. Giuseppe Giulietti, Präsident der Journalistengewerkschaft FNSI, prangerte besonders die Verletzung des Anwaltsgeheimnisses an und verlangte vom Justizministerium in Rom Aufklärung darüber, wer diese Abhöraktion befohlen habe. Sergio Scandura, der abgehörte Mitarbeiter von Radio Radicale, klagte: „So stirbt nicht nur die Pressefreiheit, sondern der Rechtsstaat insgesamt.“ Grundsätzlich ist nach geltendem Recht die Überwachung von Journalisten möglich, sofern ein konkreter Verdacht auf eine begangene Straftat besteht und ein Richter die Abhöraktion genehmigt. Doch keiner der im Zusammenhang mit den Ermittlungen von Trapani überwachten Journalisten ist je angeklagt worden. Ausgangspunkt des „Lauschangriffs“ auf die Journalisten waren die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft von Trapani gegen „Ärzte ohne Grenzen“, „Jugend rettet“ und „Save the Children“. Die Organisationen standen – und stehen – unter dem Verdacht, bei Rettungseinsätzen vor der libyschen Küste mit Schlepperbanden zusammengearbeitet zu haben.

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