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#Wer bald Frauen in den Vorstand berufen muss

Wer bald Frauen in den Vorstand berufen muss

Die von der Koalition am Freitagabend beschlossene Frauenquote in den Vorständen von Großunternehmen wird nach Aussagen des Justizministeriums für rund 70 Unternehmen gelten, rund 30 davon haben bislang noch keine Frau im Vorstand. Kern des Kompromisses ist, dass börsennotierte Aktiengesellschaften mit mehr als 2000 Mitarbeitern (in denen daher auch schon die paritätische Mitbestimmung gilt) künftig mindestens eine Frau in den Vorstand berufen müssen, wenn im Vorstand mehr als drei Personen sitzen. Die Regelung soll aber erst greifen, wenn es zu einer Neubesetzung kommt, so dass kein Unternehmen gezwungen wird, männliche Vorstände wegen der Neuregelung zu entlassen – für bestehende Vorstände gelte sozusagen „Bestandsschutz“, heißt es etwas spöttisch von Seiten der Befürworter der Neuregelung.

Tillmann Neuscheler

Zwar ist der Frauenanteil in den Vorständen der deutschen Unternehmen in den vergangen Jahren schon gestiegen, allerdings sehr unterschiedlich in den verschiedenen Börsensegmenten. Die stark von der Öffentlichkeit beachteten Dax-30-Unternehmen haben den Frauenanteil in ihren Vorständen in den vergangenen Jahren immerhin auf durchschnittlich rund 14 Prozent gesteigert.

9 der 30 Dax Unternehmen ohne Frau im Vorstand

Von den 30 Dax-Unternehmen haben derzeit noch 9 keine Frau im Vorstand. Dazu gehören Adidas, Bayer, Delivery Hero, Deutsche Wohnen, Eon, Heidelcement, Infineon, Linde und MTU. Sie werden bei der nächsten Umbesetzung also wohl Frauen in den Vorstand berufen müssen, wenn der jetzt grob vereinbarte Kompromiss tatsächlich Gesetz wird.

Der Sportartikelhersteller Adidas hatte schon vor Wochen angekündigt, einen derzeit noch vakanten Posten mit einer Frau zu besetzen. So wird die Britin Amanda Rajkumar zum Jahreswechsel in den Adidas-Vorstand berufen. Die Online-Bestellplattform Delivery Hero wiederum könnte um die Vorgabe herumkommen, weil der Vorstand des Unternehmens lediglich aus zwei Personen besteht.


Bild: EY; BCG

Deutlich stärker hinterher hinken die Unternehmen aus der zweiten und dritten Reihe: Während im Dax-30 bei derzeit 30 Prozent der Unternehmen keine Frau im Vorstand sitzt, haben im M-Dax rund 70 Prozent aller Unternehmen keine Frau im Vorstand, im S-Dax sind es sogar fast 80 Prozent.

Nachdem sich am Wochenende die Arbeitsgruppe der Koalition auf die Regelung geeinigt hat, drängen die daran beteiligten Politiker und Politikerinnen auf eine rasche Verabschiedung des Gesetzes. In den kommenden Tagen soll der Kompromiss den Koalitionsspitzen zur abschließenden Entscheidung vorgelegt werden. „Wir wollen damit ins Kabinett am 6. Januar. Das ist sehr ambitioniert, aber es kann klappen“, sagt Staatsministerin Annette Widmann-Mauz (CDU).

Allerdings regt sich im Wirtschaftsflügel der Union Protest gegen das Vorhaben: „Es hat sich in den letzten Jahren viel getan, deshalb verstehe ich diese Hauruck-Aktionen nicht“, schimpft Astrid Hamker, Präsidentin des Wirtschaftsrates der CDU gegenüber der F.A.Z: „Es gibt zur Zeit so viel Wichtigeres. Ich lehne Frauenquoten ab, weil sie die Unternehmen sachfremd weiter gängeln.“ Schon zuvor hatte der Vizechef des Parlamentskreises Mittelstand, Hans Michelbach (CSU), Widerstand gegen das Vorhaben angekündigt. Skeptisch sehen die gesetzliche vorgeschrieben Quote auch die Wirtschaftsverbände: Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) bezeichnet die Quote als „verfassungsrechtlich fragwürdig“. Wenn entsprechende Kandidatinnen nicht vorhanden seien, dürfe „eine gesellschaftlich und vor allem von den Unternehmen gewünschte Entwicklung nicht per Gesetz erzwungen werden“, teilte der Verband mit.

Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) sieht in dem Vorhaben einen „starken Eingriff in die unternehmerische Freiheit“: Die Tendenz, gesellschaftspolitische Schieflagen stets durch die Wirtschaft und ihre Unternehmen richten zu wollen, dürfe keinesfalls zur Regel werden, sagte Iris Plöger, Mitglied der BDI-Hauptgeschäftsführung.

Schwierig dürfte es vor allem für Unternehmen aus dem Maschinenbau werden: Frauen sollten zwar auch in den Vorständen der Maschinenbauer stärker vertreten sein, aber das dürfe nicht per Gesetz erzwungen werden, sagt VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann: „Die schlechteren Aufstiegschancen von Frauen hängen auch mit der Berufswahl zusammen: Es gibt immer noch zu wenige Frauen, die sich für einen technischen Beruf entscheiden. Das zu ändern ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Dieser Wandel lässt sich nicht von oben verordnen“, sagt Brodtmann.

In der Branche der Personalberater, die den Unternehmen helfen, geeignete Kandidaten für die Spitzenposten zu finden, stößt die geplante Neuregelung auf geteiltes Echo: „Die praktischen Auswirkungen der Regelung werden so groß nicht sein“, sagt Nicolas von Rosty, Partner der Personalberatung Heidrick & Struggles, schon heute werde bei Neubesetzungen großer Wert darauf gelegt, dass auch Frauen in die Endauswahl kämen.

Klaus Hansen von der Personalberatung Odgers Berndtson, sieht das anders: „Jetzt wird eine wilde Jagd losgehen nach vorstandsfähigen Frauen“, sagt der Berater: „Das Angebot ist geringer als die Nachfrage“. Je technischer ein Unternehmen ausgerichtet sei, desto schwieriger werde es, die Quote zu erfüllen. Frauen seien auch an den Universitäten in den Ingenieurswissenschaften völlig unterrepräsentiert, sagt Hansen: „Dafür können die Unternehmen aber nichts.“

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