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#Steueroasen kosten Bund 5,7 Milliarden Euro

Steueroasen kosten Bund 5,7 Milliarden Euro

Spätestens seit den Enthüllungen der sogenannten Panama Papers im Jahr 2016 steht das Thema Steuervermeidung im Fokus. Dass internationale Großkonzerne ihre Gewinne auf legalem Weg in Steueroasen verlagern können, während Normalbürger hierzulande brav ihre Steuern zahlen, regt viele Menschen auf. Finanzminister der Industrieländer und internationale Organisationen versuchen seit Jahren, dagegen vorzugehen. Wie groß die Summen sind, die dem Fiskus durch die Steuervermeidung entgehen, konnte dabei bislang aber größtenteils nur geschätzt werden.

Johannes Pennekamp

Johannes Pennekamp

Verantwortlicher Redakteur für Wirtschaftsberichterstattung, zuständig für „Die Lounge“.

Eine Berechnung des Münchener Ifo-Instituts, die der F.A.Z. vorab vorliegt, bringt nun mehr Licht ins Dunkel. Durch die Steuervermeidung der 333 größten deutschen multinationalen Unternehmen mit einem globalen Umsatz von mindestens 750 Millionen entgehen dem deutschen Staat demnach jedes Jahr 1,6 Milliarden Euro. Bezieht man zusätzlich kleinere deutsche Unternehmen mit Auslandsgeschäft sowie deutsche Tochtergesellschaften ausländischer multinationaler Unternehmen ein, ergibt sich laut Ifo ein Steuerverlust von 5,7 Milliarden Euro im Jahr. Bezogen auf das gesamte Steueraufkommen von fast 800 Milliarden Euro wirkt der Schaden überschaubar. Doch ein anderer Vergleich führt den Umfang vor Augen: Für die Digitalisierung der Schulen stellte der Bund in diesem Jahr 6,5 Milliarden Euro zur Verfügung – einmalig.

Konzerne helfen ungewollt

Die Zahlen, die Ifo-Präsident Clemens Fuest gemeinsam mit den Forschern Felix Hugger und Florian Neumeier errechnet hat, basieren für die 333 Großunternehmen auf deren länderbezogenen Berichten, die die Forscher erstmalig auswerten konnten. In diesen Berichten, die Konzerne seit 2016 anfertigen müssen, geben sie unter anderem an, in welchen Ländern sie operieren, wie hoch die Gewinne dort sind und wie viele Mitarbeiter sie wo beschäftigen. Die Ergebnisse für die Großunternehmen haben sie dann eins zu eins auf die kleineren Unternehmen mit Auslandsgeschäft übertragen, die solche Berichte nicht anfertigen müssen. Es handelt sich also zum Teil um offizielle Angaben, zum Teil um eine Schätzung. Zu den Steueroasen innerhalb Europas zählten die Forscher unter anderem Irland, Liechtenstein, Luxemburg, Malta und Zypern, zu den Oasen außerhalb Europas unter anderem die Bermudas, die Britischen Jungferninseln und die Kaiman-Inseln.

Auf Grundlage der Berichte der Konzerne konnten die Forscher viele weitere Details beleuchten. So entfielen insgesamt 47 Milliarden Euro – das sind 9 Prozent der gesamten globalen Gewinne der Großunternehmen – auf Tochtergesellschaften, die in Steueroasen ansässig sind. Allerdings bedeuten Gewinne in Steueroasen den Ökonomen zufolge nicht automatisch auch Steuervermeidung. Vielmehr ließen sich 62 Prozent der Gewinne in Steueroasen auf realwirtschaftliche Aktivitäten zurückführen. „38 Prozent sind das Resultat von Gewinnverlagerung zur Vermeidung von Steuern“, heißt es in dem Bericht.

Höherer Pro-Kopf-Gewinn

Diese Zahlen errechneten die Forscher unter anderem, indem sie auswerteten, wie viele Mitarbeiter und wie viel Sachanlagen die Unternehmen in den Steueroasen haben und in welchem Verhältnis sie zu den jeweiligen Gewinnen stehen. Während die Tochtergesellschaften großer deutscher Konzerne im Ausland normalerweise einen Gewinn von etwa 41.000 Euro je Beschäftigtem erzielen, seien es in den europäischen Steueroasen rund 130.000 Euro und in den außereuropäischen Steueroasen 73.000 Euro.

Diese Zahlen zeigten, dass es ein deutliches Ungleichgewicht zwischen der globalen Verteilung der Gewinne der Konzerne auf der einen Seite „und der Verteilung der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital auf der anderen Seite“ gibt, schlussfolgern die Autoren. Ein Blick auf die durchschnittliche Gewinnsteuerbelastung lasse vermuten, dass dieses Ungleichgewicht eine Folge von Steuergestaltungen ist. Was die Unternehmen dazu motiviert: Mit 10 bis 11 Prozent sei die durchschnittliche Gewinnsteuerbelastung in Steueroasen gerade einmal halb so hoch wie in Ländern, die nicht zu den Steueroasen zählen.

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Die neuen Zahlen dürften den Druck erhöhen, die Steuervermeidung mit neuen länderübergreifenden Regeln zu bekämpfen. Auf internationaler Ebene wird seit Jahren versucht, das zu erreichen. Im Oktober haben sich unter Federführung der Industriestaatenorganisation OECD zwar 137 Staaten auf ein Grundgerüst für eine globale Steuerreform geeinigt, die unter anderem eine globale Mindeststeuer schaffen soll.

Sie würde es zum Beispiel Deutschland erlauben, extrem niedrig besteuerte Gewinne von ausländischen Tochtergesellschaften im eigenen Land bis zur Höhe der Mindeststeuer nachzubesteuern. Ein echter Durchbruch steht aber noch aus. Ifo-Präsident Clemens Fuest lobt zwar, dass die Probleme in den Vordergrund der politischen und öffentlichen Debatte gerückt seien. Es gebe „allerdings erhebliche Interessenkonflikte unter den beteiligten Staaten. Deshalb lassen Fortschritte auf sich warten“, sagte er der F.A.Z.

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