#Mette und die toten Nerze
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„Mette und die toten Nerze“
Als der Anruf kam, dass alle Nerze auf ihrer Farm und in ganz Dänemark getötet werden müssten, sei ihr flau im Magen geworden. Sie habe sich hingesetzt, sie habe geweint. Ann-Mona Kulsø Larsen kann sich noch genau an den Tag im November 2020 erinnern. Wenige Stunde später sah sie Ministerpräsidentin Mette Frederiksen im Fernsehen, wie sie die Entscheidung der Öffentlichkeit mitteilte. Man hatte entdeckt, dass Coronaviren in Nerzen mutiert waren, und fürchtete um die Wirksamkeit der Impfstoffe. Alle gut 15 Millionen Tiere sollten getötet werden, auch die etwa 15.000 Nerze auf der Farm von Kulsø Larsen.
Dass diese Entscheidung die Regierung später in Bedrängnis brachte und schließlich zu Neuwahlen geführt hat, macht für Kulsø Larsen keinen Unterschied mehr. Die Tiere sind tot, sie will nicht von vorne anfangen. Die Sozialdemokraten von Frederiksen dürften trotzdem wieder stärkste Kraft werden. Ob sie Ministerpräsidentin bleibt, ist eine andere Frage.
Wenn die Dänen an diesem Dienstag ein neues Folketing wählen, endet ein kurzer und kurioser Wahlkampf. Alles scheint in Bewegung. Seit der Wahl 2019 sind alte Parteien abgestürzt, neue sind entstanden und aufgestiegen. Die Trennung zwischen einem roten und einem blauen Block, die lange die dänische Politik geprägt hat, könnte verschwimmen und ein früherer Ministerpräsident mit seiner neuen Partei zum Königsmacher werden – alles vor dem Hintergrund der Krisen dieser Zeit. Und angefangen hat es mit den Nerzen.
Zwischen leeren Käfigen: Ann-Mona Kulsø Larsen auf ihrer Nerz-Farm
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Bild: Matthias Wyssuwa
Kulsø Larsen steht in einem der Nerzställe auf ihrem Hof nahe Næstved und erzählt von den guten Zeiten. Hunderte Käfige hinter ihr in Reihen, alle offen und leer. Dänemark war bis 2020 ein globaler Riese in der Produktion von Nerzfellen, ein „Weltmeister“, sagt sie. Die besten Tiere, das beste Futter, die besten Bedingungen. Mehr als 1100 Züchter gab es, mehrere Milliarden Kronen Umsatz. Dann endete alles ganz schnell. Kulsø Larsen erzählt, wie damals auch Freunde und Nachbarn in den Ställen geholfen haben, die Tiere zu töten und fortzuschaffen. Sie habe nicht schlafen können. Die Nerzzüchter versuchten auf die Behörden einzuwirken, zumindest die Zuchttiere behalten zu können. Es half nichts.
Später stellte sich heraus, dass die Regierung nicht das Recht hatte, die Keulung zu beschließen. Ein Minister musste gehen, eine Untersuchungskommission wurde eingesetzt. Als der Bericht der Kommission in diesem Sommer veröffentlicht wurde, war die Kritik an Frederiksen und ihrer Regierung deutlich, mehrere Topbeamte wurden abgestraft. Die Ministerpräsidentin habe immer stark und kraftvoll wirken wollen, sagt Kulsø Larsen. Aber das sei eine Entscheidung aus Panik gewesen, ein Zeichen der Schwäche. Sie ist heute noch wütend, wenn sie an diese Zeit denkt.
Ihre zupackende Art brachte Frederiksen Zustimmung
Die Nerze selbst spielen im Wahlkampf dieser Tage kaum ein Rolle. Die Frage aber, was dieser Skandal über die Führung der 44 Jahre alten Frederiksen aussagt, schon. Nur muss das nicht schlecht für sie ausgehen. 2019 hat Frederiksen mit ihren Sozialdemokraten die Wahl gewonnen. Sie führt eine Minderheitsregierung, die nur aus ihrer Partei besteht. Schon 2019 hatte sie sich im Wahlkampf als konsequente Entscheiderin präsentiert – damals vor allem mit Blick auf die harte Linie in der Asyl- und Integrationspolitik, die sie in ihrer Partei durch- und nach der Wahl auch umgesetzt hat. Als die Corona-Krise begann, brachte ihr diese zupackende Art sehr viel Zustimmung ein. Klare Ansagen, schnelle Reaktion, gute Zahlen. Vor allem im Vergleich zum Nachbarn Schweden kam Dänemark gut durch die Pandemie. Wenn da nur nicht die Nerze gewesen wären.
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