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#Wie Corona uns den Zufall raubt

Wie Corona uns den Zufall raubt

Es war der Sommer 1995, als ein junger Wissenschaftler namens Sergey an der Universität Stanford ein paar potentielle neue Doktoranden begrüßte. Er führte sie auf einer kurzen Tour über den Campus, fuhr mit ihnen nach San Francisco, man spazierte gemeinsam über die Hügel der Stadt. Mit in der Gruppe war auch ein Ingenieur aus Michigan namens Larry. Die beiden fanden einander unausstehlich, so erzählten sie es später, trotzdem redeten – oder besser: stritten – sie pausenlos miteinander. Voneinander lassen konnten sie auch nicht. Larry kam an die Universität und erforschte das Internet: Die Zusammenhänge im Web könnte man doch viel besser verstehen, wenn man darauf achten würde, welche Seiten wohin verlinken. Die Idee war gut, nur die Mathematik war kompliziert. Ein Glück, dass Larrys neuer Freund Sergey ein begnadeter Mathematiker war. Zusammen entwickelten die beiden eine Suchmaschine und nannten sie später Google.

Patrick Bernau

Patrick Bernau

Verantwortlicher Redakteur für Wirtschaft und „Geld & Mehr“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Hätte in jenem Sommer schon das Coronavirus gewütet, wäre die Campustour eher ausgefallen. Google wäre vielleicht nie gegründet worden. Ein großer Fortschritt im jungen Internet wäre vielleicht später gekommen, vielleicht gar nie – und alles, was heute auf dieser Entwicklung aufbaut, stünde zumindest in Frage. Was die Pandemie für die Entwicklung der Wirtschaft, der Wissenschaft und der ganzen Welt bedeutet, das lässt sich heute kaum erahnen. Sicher ist bisher nur: Das Virus hält uns auf.

Corona kann unsere Entwicklung noch lange behindern

Wenn Sie die Welt gerade unterschwellig langweilig finden. Wenn Sie das Gefühl haben, dass Corona zwar eine große Belastung ist, Ihnen das Leben der vergangenen Monate ansonsten aber besonders gleichförmig vorkommt, wenn Ihnen Anregung und die Abwechslung fehlt – Sie könnten recht haben. Es geht nicht nur um Unternehmensgründungen oder wissenschaftliche Entwicklungen. Filmstarts werden verschoben, weil sowieso niemand ins Kino geht. Ausstellungen fallen aus. Selbst die Popmusik ist langweiliger geworden. Könnten Sie sagen, was der Sommerhit dieses Jahres war? Ein Blick auf die Single-Charts vom 1. Oktober zeigt ein deutliches Bild: 2019 begeisterte am Monatsbeginn eine Handvoll spannender neuer Titel die Deutschen, die zehn beliebtesten Lieder waren durchschnittlich nur zwei Wochen alt. In diesem Jahr steht die Top-10 im Durchschnitt schon seit fünf Wochen da.

Die Google-Gründer Sergey Brin (oben) und Larry Page (unten) im Jahr 2004


Die Google-Gründer Sergey Brin (oben) und Larry Page (unten) im Jahr 2004
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Bild: AP

Doch Änderung ist nicht in Sicht. Ein halbes Jahr nach dem Beginn des Corona-Lockdowns freut sich Deutschland immer noch, wie gut Homeoffice und Videokonferenzen funktionieren. Seit Wochen steigen die Infektionszahlen wieder, und jetzt schon ist absehbar, dass die Beschränkung der kommenden Monate eher härter ausfallen als die des Sommers. Umso salonfähiger wird es, den Salon gerade nicht zu besuchen. Das Zuhausebleiben bürgert sich ein, und zwar dauerhaft. Einzelne Unternehmen schmieden schon Pläne, wie sie die Zahl ihrer Büro-Arbeitsplätze halbieren können, weil in Zukunft sowieso nicht mehr alle Mitarbeiter gleichzeitig da sind. Und so mancher spart sich die Dienstreise ganz: Morgens in drei Stunden quer durchs Land, dann eine Stunde Termin, nachmittags drei Stunden zurück – diese Zeit kann man doch auch sinnvoller nutzen.

Das ist alles wahr. Doch man übertreibt das Zuhausebleiben auch leicht. Dann hätte Corona das Potential, die Entwicklung der Welt nicht nur für ein oder zwei Jahre lang zu lähmen, sondern sie noch lange zu behindern.

Wer zu Hause bleibt, trifft niemanden

Das Problem ist so simpel, dass es fast tautologisch klingt: Wer zu Hause bleibt, der trifft niemanden. Weg fallen die persönlichen Begegnungen nebenbei, die niemand geplant hat. Witzeleien, die nicht im Kalender standen und nie eine Konferenz-ID bekommen hätten, in denen aber ein Funke sprüht, der eine neue Leidenschaft entzündet. Ein Projekt antreibt. Ein Produkt auf den Weg bringt.

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