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#Warum sich der deutsche Arbeitsmarkt so wacker hält

Die deutsche Wirtschaft tritt auf der Stelle – und das hinterlässt auch auf dem Arbeitsmarkt deutliche Spuren. Von einem Einbruch ist bislang aber nichts zu sehen, wie aus den am Dienstag veröffentlichten neuen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (BA) hervorgeht.

Britta Beeger

Redakteurin in der Wirtschaft und zuständig für „Die Lounge“.

Demnach stieg die Zahl der Arbeitslosen im Juli zwar: um 62.000 auf 2,617 Millionen. Das Plus bewegt sich jedoch in einem Rahmen, der zu Beginn der Sommerpause durchaus üblich ist. Zum Vergleich: Im Durchschnitt der drei Jahre vor der Corona-Krise nahm die Arbeitslosigkeit im Juli um 51.000 zu.

Behördenchefin Andrea Nahles – nun seit genau einem Jahr im Amt – verwies in der monatlichen Pressekonferenz in Nürnberg darauf, dass die deutsche Wirtschaft seit drei Quartalen nicht gewachsen sei. „Vor dem Hintergrund hält sich der Arbeitsmarkt gut“, sagte sie. Im Winterhalbjahr war die deutsche Wirtschaft in die Rezession gerutscht, für das zweite Quartal hat das Statistische Bundesamt gerade eine Stagnation vermeldet.

Doch auch wenn die Lage insgesamt stabil ist: Die schwache Konjunktur führt dazu, dass sich die Dynamik auf dem Arbeitsmarkt merklich abschwächt. Das wirkt sich auch auf die Arbeitslosigkeit aus. Diese war im Juli deutlich höher als vor einem Jahr – um 147.000. Rechnet man die Geflüchteten aus der Ukraine heraus, bleibt ein Plus von 124.000. Das Risiko, durch den Verlust der Beschäftigung arbeitslos zu werden, ist nach BA-Angaben weiter niedrig, wird aber etwas größer. Die Chancen für Arbeitslose, eine Beschäftigung zu finden, seien jedoch gering und nähmen weiter ab. Auch dadurch steigt die Arbeitslosigkeit.

„Der hohe Beschäftigungsgrad stabilisiert den Konsum“

Ein Blick auf die verschiedenen Wirtschaftszweige zeigt, dass sich im Juli aus dem verarbeitenden Gewerbe, das besonders stark unter den hohen Energiekosten leidet, knapp 11 Prozent mehr Beschäftigte arbeitslos meldeten als vor einem Jahr. Aus dem Baugewerbe waren es sogar fast 14 Prozent, aus dem Gastgewerbe immerhin fast 9 Prozent. Die demographische Entwicklung und der enorme Bedarf an Fachkräften führten allerdings dazu, dass viele Unternehmen ihre Mitarbeiter hielten, konstatierte Nahles. Dadurch schlügen sich konjunkturelle Schwächephasen zumindest kurz- und mittelfristig nicht unmittelbar auf dem Arbeitsmarkt nieder. „Aber wenn das jetzt länger anhält, merken wir das wahrscheinlich auch“, sagte sie.

Ähnlich sieht es Jörg Zeuner, Chefvolkswirt der Union Investment. Die Unternehmen hätten offenbar aus der Zeit nach der Pandemie gelernt und gäben sich große Mühe, ihre Fachkräfte zu halten, sagte er. „Das ist auch gesamtwirtschaftlich betrachtet eine sehr gute Nachricht. Der hohe Beschäftigungsgrad der Bevölkerung stabilisiert den Konsum, die Gefahr eines konjunkturellen Absturzes bleibt damit begrenzt.“ Die Kurzarbeit entwickelte sich zuletzt sogar leicht rückläufig, wie die Statistik zeigt.

Zurückhaltung zeigen die Unternehmen derzeit insbesondere bei den Neueinstellungen. So kommt es, dass die Zahl der Erwerbstätigen mit Wohnort in Deutschland den zweiten Monat in Folge saisonbereinigt leicht gesunken ist. Wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte, sank sie im Juni zum Vormonat um 1000 Personen und belief sich damit auf 45,7 Millionen. Gegenüber dem Vorjahr liegt die Zahl der Erwerbstätigen nun um 0,7 Prozent oder 305.000 Personen höher. Der langfristige Aufwärtstrend setzt sich damit fort – aber langsamer. Zu Jahresbeginn war das Plus zum Vorjahr noch höher ausgefallen.

„Das Wachstum verliert spürbar an Schwung“: So ordnete BA-Chefin Nahles auch die Entwicklung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung ein, die im Mai – neuere Daten liegen noch nicht vor – leicht auf 34,7 Millionen kletterte. Die Zahl liegt damit ebenfalls höher als im Vorjahr, auch hier wird der Abstand allerdings sukzessive kleiner. Rückgänge zeigen sich Nahles zufolge insbesondere in konjunkturnahen Bereichen wie dem Handel, der Zeitarbeit und in Teilen des verarbeitenden Gewerbes. In vielen Dienstleistungsbranchen wächst die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung hingegen weiter. Eine regelmäßige Umfrage des Münchener Ifo-Instituts hatte jüngst ergeben, dass nur bei den Dienstleistern noch mit Neueinstellungen zu rechnen sei. In der Industrie werde hingegen verstärkt über Entlassungen nachgedacht, vor allem in der chemischen Industrie und der Metallbranche.

Ein Sorgenkind – auch mit Blick auf den großen Fachkräftebedarf – bleibt der Ausbildungsmarkt. Nahles betonte anlässlich des Starts des neuen Ausbildungsjahres am Dienstag zwar, dass die Zahl der Bewerber nicht weiter zurückgegangen sei. Allerdings waren im Juli von allen Ausbildungsstellen, die die Unternehmen den Arbeitsagenturen gemeldet hatten, noch 228.000 unbesetzt. Besondere Schwierigkeiten, Ausbildungsplätze zu besetzen, gibt es nach BA-Angaben unter anderem in Verkaufs-, Metall- und Bauberufen sowie beispielsweise bei Bäckern. „Die Ausbildungssituation spitzt sich zuungunsten der Betriebe immer stärker zu“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Martin Wansleben. „Noch vor wenigen Jahren mussten junge Menschen sich bei den Unternehmen anstellen, um einen Ausbildungsplatz zu finden.“ Inzwischen seien es die Betriebe, die die jungen Menschen umwerben müssten.

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