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#Syrer warnen vor falschen russischen Versprechungen

„Syrer warnen vor falschen russischen Versprechungen“

Zerbombte Wohnblöcke, Zivilisten in täg­licher Todesangst, eingekesselt, abgeschnitten von Stromversorgung und Le­bensmittelnachschub – die Bilder und Be­richte aus ukrainischen Städten we­cken schmerzhafte Erinnerungen bei jenen, die das schon vor Jahren durchlebt haben: den Gegnern von Baschar al-Assad. Wenn Moskau in der Ukraine jetzt Waffenstillstände und „humanitäre Korridore“ in Aussicht stellt, rückt vor allem das Schicksal einer Stadt in ihr Gedächtnis: Aleppo, dessen brutale Belagerung durch das Regime Ende 2016 endete.

Damaskus triumphierte, nachdem rus­sische und syrische Bomber apokalyptische Zerstörung über das nordsyrische Handelszentrum gebracht hatten. In Sy­rien, nicht zuletzt in Aleppo, hatte Putin nicht nur gezeigt, dass er bereit ist, das Leid von Zivilisten als Waffe einzusetzen. Russische Kriegsverbrechen, etwa gezielte Luftangriffe auf Krankenhäuser, sind hinreichend dokumentiert. Der Machthaber in Moskau hatte auch gezeigt, dass für ihn militärische Gewalt und Diplomatie als Mittel der Kriegsführung Hand in Hand gehen. Von Experten und von Vertretern der Assad-Gegner, die viele bittere Erfahrungen mit russischen Angeboten im Namen des Humanitären gemacht haben, kommen daher dieser Tage eindringliche Warnungen.

Die „humanitären Korridore“, die Mos­kau etwa in Aleppo ausgerufen hatte, stellten sich schnell als zynischer Schachzug heraus. „Für die Russen war das nicht viel mehr als eine vorgezogene Siegeserklärung“, sagt ein früherer Rebellenvertreter, der seinerzeit über sichere Fluchtwege aus dem belagerten Osten der Stadt verhandelte.

Steilvorlage für russische Propaganda

Am besten sei es noch, durch einen Guerillakrieg – so gut es geht – zu verhindern, dass Städte überhaupt eingekesselt werden können. Denn mit dem russischen Angebot eines Korridors sei man im Grunde nur mit zwei Übeln konfrontiert: „Willigt man ein, humanitäre Korridore nach einem festgelegten Zeitplan einzurichten, dann führt das zwangsläufig dazu, dass das Ende des Zeitplans den Beginn der systematischen Bombardierung markiert. Dann wird al­les und jeder hinter den Linien als Feind betrachtet, und die russische Militärmaschine wird mit wahlloser Brutalität entfesselt.“

Andererseits: Solche Korridore abzulehnen heiße nicht, dass das Bombardement unterbleibe. Auch dann riskiere man das Leben von Zivilisten – und liefere eine Steilvorlage an die russische Propaganda.

Die feierte in Syrien immer wieder die vermeintliche russische Menschlichkeit, während die Wirklichkeit das Gegenteil bezeugte. Wie auch auf ukrainischen Kriegsschauplätzen endeten Korridore aus den belagerten Orten nicht in Gegenden, in denen sich die Menschen in Si­cherheit wähnen konnten. Sie führten in Assads Reich, wo immer wieder Leute verschwanden oder zwangsrekrutiert wur­den.

Zeitzeugen der Schlacht um Aleppo erinnern sich, dass die Gegenden, durch die solche vermeintlich sicheren Korridore führten, immer wieder beschossen wurden. Und jeder, der sich entschied, die Heimat zu verlassen, wusste, dass er das Risiko in Kauf nahm, niemals zurückkehren zu können. Übereinkünfte, die syrischen Belagerungen ein En­de setzten, bedeuteten zugleich die Vertreibung der dortigen Bevölkerung.

Feuerpausen werden militärisch genutzt

Auch Waffenstillstandsangebote Moskaus, das hat sich in Syrien gezeigt, sind mit großer Vorsicht zu genießen. Der Bevölkerung wurde nur dann eine einigermaßen belastbare Verschnaufpause vom Bombardement gewährt, wenn das in Einklang mit Putins strategischem Kalkül oder seiner Kampftaktik stand. Was allerdings nicht hieß, dass die russisch-syrischen Angriffe ganz eingestellt wurden oder dass Assad und Putin es unterließen, Hilfslieferungen an hungernde Zi­vilisten zu blockieren. Im Umland von Aleppo wurde am 19. September 2016 sogar ein UN-Hilfskonvoi und des Syrischen Roten Halbmonds aus der Luft angegriffen, als ein Waffenstillstand kollabierte.

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Phasen der Ruhe nutzten das Regime und seine Verbündeten, um Kraft zu sammeln, Nachschub zu organisieren und sich für die kommenden Schlachten besser aufzustellen. „Örtliche Waffenstillstände können für Russland auch in der Ukraine attraktiv werden, wenn die Um­gruppierung und Versorgung von Truppen in anderen Gebieten Vorrang hat“, erklärt Emma Beals, Syrienexpertin der Denkfabrik Middle East Institute. Sie plädiert dafür, Möglichkeiten für Waffenstillstände oder Feuerpausen zu nutzen, aber zugleich während der Verhandlungen – und auch danach – sehr wachsam zu sein. „Auf Waffenstillstände, die nicht zugleich einen Rückzug erfordern oder militärische Umgruppierungen verhindern, können Zeiten verschärfter Konflikte und Gewalt folgen“, sagt Beals. Man müsse also Nachschubwege und Truppenbewegungen im Auge behalten.

Manch ein Vertreter der syrischen Re­bellen hat gänzlich den Glauben daran verloren, dass Gespräche mit Moskau zu irgendetwas Gutem führen. „Traut den Russen nicht, glaubt keiner ihrer Versprechungen“, rät Osama Abu Zaid, der an Waffenstillstandsverhandlungen mit Pu­tins Unterhändlern beteiligt war, den Ukrainern. „Ihr müsst bis zum Ende weiterkämpfen, am Verhandlungstisch er­reicht ihr nichts.“ Er fügt an, dass die Verteidiger von Kiew und anderer ukrai­nischer Städte wenigstens auf etwas zu­rückgreifen könnten, was seinen Leuten nicht vergönnt war: energische Unterstützung durch den Westen im Allge­meinen – und Lieferungen von Luftabwehrwaffen im Speziellen.

Aleppo, auch daran erinnern sich die Assad-Gegner, war ebenso ein Symbol für die Taten­losigkeit und daraus resultierende Ohnmacht des Westens. Es klingt Verbit­terung darüber durch, wenn Osama Abu Zaid den Ukrainern einen weiteren Rat gibt: „Verlasst Euch nicht auf den Westen. Verlasst Euch auf Eure eigene Kraft, und schert Euch nicht um die Interessen anderer.“

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