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#Vergangen ist die Vergangenheit noch lange nicht

Vergangen ist die Vergangenheit noch lange nicht

In Zeiten der großen Gender-Gereiztheit ist es ein Wagnis, zwei weiße, heterosexuelle „Tatort“-Kommissare Verbrechen aufklären zu lassen, selbst wenn man ihnen zwei auf beruflicher Augenhöhe agierende Frauen zur Seite stellt. Der Shitstorm ist bei einer solchen Konstellation so gut wie programmiert. Dass der Saarländische Rundfunk gut daran tat, nicht in vorauseilendem Gehorsam ein bemüht diverses Ermittlerteam zusammenzustellen, beweist das lässige Duo Leo Hölzer (Vladimir Burlakov) und Adam Schürk (Daniel Sträßer) nun in seinem zweiten Fall.

Melanie Mühl

Dieses Mal müssen die ein dunkles Geheimnis teilenden Freunde aus Kindheitstagen den Mord an einer Achtzehnjährigen aufklären. Die schöne Jessi (Caroline Hartig), von sämtlichen Jungs der Schule umschwärmt, wird ermordet im Wald gefunden. Der Täter hat sie erst mit einem Pfeil in den Oberschenkel lahmgelegt und ihr anschließend ein Messer ins Herz gerammt. Zwei Fingerkuppen fehlen, und im Mund der Leiche ist ein Tannenzweig – eine Anspielung des Täters auf einen alten Brauch, bei dem der Jäger dem erlegten Tier einen Zweig ins Maul steckt.

Für die Hauptkommissarin Pia Heinrich (Ines Marie Westernströer) ist die Sache klar: Hier war ein (erwachsener) Psychopath am Werk, womöglich ein Serientäter, weshalb die Kollegen Hölzer und Schürk ihre Recherche unter den enttäuschten spätpubertierenden Liebhabern an der Schule doch eigentlich gleich ad acta legen könnten. Was diese freilich nicht tun. Immerhin verrät Jessis Tagebuch etwas über eine geheim gehaltene Liebelei.

Die verletzte Seele kann er nicht verbergen

Um ihre Gedanken allerdings ausschließlich dem Mordfall zu widmen, dafür sind die Kommissare selbst zu sehr in private Dramen verstrickt. Denn Adams gewalttätiger Vater Roland Schürk (Torsten Michaelis), der nach fünfzehn Jahren aus dem Koma erwacht ist, darf nun wieder nach Hause, wo eine besorgte Ehefrau (Gabriela Krestan als Heide Schürk) wartet, die mit dem Ehemann fremdelt und ihren Sohn anfleht: „Bitte lass mich nicht mit ihm allein.“ Woraufhin Adam antwortet: „Das habe ich mir als Kind auch immer gewünscht.“

„Der Herr des Waldes“ (Buch: Hendrik Hölzemann, Regie: Christian Theede) ist eine starke Folge mit Bildern (Kamera Tobias Schmidt), die die bedrückende Kleinstadtenge spürbar machen. Besonders Daniel Sträßer strahlt in seiner Rolle. Einst der liebesbedürftige Sohn, der um die Gunst des Vaters buhlte und ihn fürchtete wie niemanden sonst, steht er dem alten, an den Rollstuhl gefesselten Herrn nun zwar als physisch Stärkerer gegenüber, die verletzte Seele aber kann er nicht verbergen. Einmal liegt er zusammengekrümmt im Bett, schluchzend wie ein Kind, seine Mutter horcht an der Tür.

Keine Angst vor thematischer Überfrachtung

Dass auch die Kommissarenpsyche facettenreich ist, dass Ermittler einen weichen Kern haben und gegen die Zumutungen der Vergangenheit sowie die Qualen der Gegenwart kämpfen, versteht sich von selbst. Doch der saarländische „Tatort“ geht in dieser Hinsicht recht weit: Der Vater-Sohn-Konflikt dürfte das Publikum auch künftig beschäftigen, als eigene Geschichte, die von Folge zu Folge offenbar fortgeschrieben wird. Man darf jedenfalls gespannt sein, ob der Vater beim nächsten Verbrechen ähnlich intensiv in den Fall verwickelt sein wird wie dieses Mal oder ob sich die Erzählstränge nach und nach voneinander lösen.

Im Saarland jedenfalls scheint man sich vor thematischer Überfrachtung nicht zu fürchten. Wer verbirgt sich hinter der Gruppe ABP – „Animals are beautiful people“ –, deren Mitglieder die Hochstände der Jäger ansägen? Welche Aggressionen schlummern in dem harmlos wirkenden Clemens (Oscar Brose), dem vermeintlich braven Sohn, der jeden Sonntagabend mit dem Vater eine Partie Schach spielt? Und was hat es mit dem geheimnisvollen Franzosen auf sich, der sich dem Waldleben verschrieben zu haben scheint, in Höhlen haust und Menschen scheut? Viel Stoff, aber nicht zu viel.

Der Tatort: Der Herr des Waldes läuft an diesem Ostermontag um 20.15 Uhr im Ersten.

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