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#Ein Reporter will Chinas Blick auf den Krieg verändern

„Ein Reporter will Chinas Blick auf den Krieg verändern“

Siebzehn Jahre lang hat Wang Zhi’an für das chinesische Staatsfernsehen gearbeitet. Später wechselte er zur Parteizeitung „Beijing News“. Vor drei Jahren fiel er in Ungnade. Wang wurde aus allen sozialen Netzwerken in China verbannt, verlor seinen Job und zog nach Japan. Seither veröffentlicht er Videokommentare auf Youtube und erreicht damit Hunderttausende Zuschauer. Seit einer Woche ist er in der Ukraine unterwegs. Sein Ziel: die offizielle chinesische Berichterstattung über den russischen Angriffskrieg infrage zu stellen.

Friederike Böge

Politische Korrespondentin für China, Nordkorea und die Mongolei.

Wenn es stimmt, was Wang Zhi’an sagt, dann ist derzeit kein Reporter der großen chinesischen Staats- und Parteimedien in der Ukraine stationiert. Nach der Annexion der Krim im Jahr 2014, als er selbst noch bei CCTV war, habe der Sender dagegen vier Teams geschickt. Derzeit verbreitet CCTV vor allem Material des russischen Staatsfernsehens und zitiert offizielle russische Quellen. „Das heißt, die meisten Chinesen erhalten ihre Informationen über den Krieg aus der Sicht der Täter“, sagt der 54 Jahre alte Wang in einem Video aus Kiew. „Deshalb missverstehen sie den Krieg. Wir hoffen, das durch unsere Interviews korrigieren zu können und ihnen die Wahrheit über diesen brutalen Krieg zu sagen.“

Gesprächspartner haben Angst vor Repressionen

Wang fährt nach Sumy, unweit der russischen Grenze. Er interviewt den ukrainischen Lokalkommandeur, Angehörige eines gefallenen Soldaten und Nachbarn getöteter Zivilisten. Vor allem aber will er den Krieg aus Sicht chinesischer Studenten und Geschäftsleute in der Ukraine erzählen, wohl um die Geschehnisse für ein skeptisches chinesisches Publikum verständlich zu machen. Das erweist sich als schwierig. Wang findet kaum Landsleute, die bereit sind, sich vor seine Kamera zu stellen. Sie haben Angst, dass ihren Familien in China daraus Nachteile entstehen könnten, sagt der Reporter. Eine Studentin in Sumy gibt ihm aus dem Off ein Interview. Sie sitzt auf dem Fahrersitz ihres Autos. Die Kamera filmt die Windschutzscheibe, durch die man ukrainische Passanten mit Schirmen durch den Regen eilen sieht. Warum sie noch da sei, obwohl doch die meisten ihrer ausländischen Kommilitonen das Land verlassen haben, will Wang wissen. „Ich kann nicht egoistisch sein“, sagt die junge Frau. Ihre Familie habe viel Geld für ihr Studium bezahlt. Das könne sie nicht aufs Spiel setzen. Sie müsse an ihre Geschwister denken.

In unaufgeregtem Ton erzählt die Studentin, wie sie nach der russischen Invasion im Februar erst nach Lemberg geflohen und ein paar Wochen später in ihrem Auto die mehr als tausend Kilometer zurück nach Sumy gefahren war. Sie erzählt, wie Ukrainer ihr halfen, illegal an genügend Diesel für die lange Fahrt zu kommen. Wie die ukrainischen Soldaten an den Checkpoints sie durchgewunken haben, obwohl sie noch keine Autoversicherung gehabt habe.

Die ukrainischen Soldaten seien „gute, vernünftige Leute“

Erst am Ende des ungeschnittenen Videos fragt der chinesische Journalist die Studentin nach ihrer Meinung über den Krieg. „In der kleinen Stadt, in der ich lebe, haben die Russen viele Leute getötet. Nicht nur Soldaten, normale Leute.“ Sie finde es absolut verständlich, dass die Bewohner jetzt Hass auf Russland verspüren, so wie Chinesen Japaner nach deren Invasion gehasst haben. Die Studentin widerspricht der offiziellen chinesischen Lesart, wonach der Krieg von einer Expansion der NATO verursacht worden sei. „Die Ukraine ist ein souveränes Land. Welcher Organisation sie beitreten will, ist ihre Entscheidung. Die Zeit der Sowjetunion ist vorbei.“ Angebliche Neonazis, von denen in chinesischen und russischen Berichten die Rede ist, habe sie in den Jahren ihres Studiums in der Ukraine nie getroffen. Die ukrainischen Soldaten seien „gute, vernünftige Leute, die uns beschützen“.

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