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#Risiko für Fettleibigkeit zeigt sich im Gehirn

Risiko für Fettleibigkeit zeigt sich im Gehirn

Familiäre Risikofaktoren für starkes Übergewicht zeigen sich bereits frühzeitig im Gehirn, belegt eine neue Studie. Demnach ist bei Menschen mit familiärer Vorbelastung der Hirnstoffwechsel dahingehend verändert, dass Sättigungsgefühl und Appetit schlechter reguliert werden. Ursachen dafür sind eine verringerte Funktion des Opioid- und Cannabinoidsystems im Gehirn sowie abweichende Reaktionen auf Insulin. Diese Effekte zeigen sich bereits, bevor eine Person tatsächlich Fettleibigkeit entwickelt hat. Den Forschern zufolge könnten die Erkenntnisse dazu beitragen, neue Behandlungs- und Präventionsstrategien gegen Übergewicht und Diabetes zu entwickeln.

Fettleibigkeit ist weltweit ein zunehmendes Gesundheitsproblem. Starkes Übergewicht erhöht das Risiko für zahlreiche Erkrankungen, darunter Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und Diabetes Typ 2. Bekannt ist bereits, dass bei fettleibigen Menschen die Appetitregulation im Gehirn gestört ist. Während Insulin im Gehirn üblicherweise für ein Sättigungsgefühl sorgt, ist diese Funktion bei stark Übergewichtigen vermindert – und sorgt für eine übermäßige Kalorienaufnahme. Überdies zeigen sich bei fettleibigen Menschen Veränderungen im Belohnungssystem, an dem körpereigene Opioide und Cannabinoide beteiligt sind. Wer unter Adipositas leidet, hat weniger Rezeptoren für diese Belohnungsbotenstoffe.

Wie der Hirnstoffwechsel hungrig macht

„Bisher war jedoch unklar, ob diese Veränderungen im Gehirn bereits sichtbar sind, bevor eine Person Fettleibigkeit entwickelt, und ob diese Veränderungen das Risiko für künftige Fettleibigkeit erhöhen“, sagt Tatu Kantonen von der Universität Turku in Finnland. Gemeinsam mit seinen Kollegen hat er diese Frage nun untersucht. Dazu maßen die Forscher bei 41 Männern zwischen 20 und 35 Jahren die Auswirkungen von Insulin sowie körpereigenen Opioiden und Cannabinoiden im Gehirn. 22 der untersuchten Probanden trieben regelmäßig Sport, hatten keine Fälle von Übergewicht oder Typ-2-Diabetes im Elternhaus, ein niedriges bis mittleres Körpergewicht und somit ein geringes Risiko für Fettleibigkeit. 19 Probanden waren leicht übergewichtig, hatten Eltern mit Überwicht oder Typ-2-Diabetes, bewegten sich selten und hatten somit ein hohes Risiko für Fettleibigkeit.

Mit Hilfe von Positronen-Emissions-Tomographie (PET) untersuchten die Forscher zunächst, wie sich Glucose im Gehirn der Probanden verteilt – ein Maß für die Insulinaktivität. Zusätzlich erhoben sie, wie viele Rezeptoren für Opioide und Cannabinoide vorhanden waren. Der Vergleich zwischen den beiden Gruppen offenbarte: „Junge Männer mit hohem Risiko für künftige Fettleibigkeit hatten eine erhöhte insulinstimulierte Glukoseaufnahme im Gehirn“, so die Forscher. Besonders deutlich war dies in Regionen, die für das Hungergefühl zuständig sind, wie dem Hypothalamus und der Insula.

Gestörtes Belohnungssystem

„Störungen der Insulinwirkung im Gehirn und gestörte Signalübertragung zwischen dem Gehirn und den peripheren Organen können zu einer krankhaften Fehlregulation des Energiehaushalts und zur Gewichtszunahme beitragen“, erklären die Forscher. Bekannt war dieser Effekt bereits von Personen mit ausgeprägter Fettleibigkeit. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass diese pathophysiologischen Prozesse bereits bei nicht adipösen Personen mit Risikofaktoren für Fettleibigkeit aktiv sind“, so die Forscher.

Außerdem stellten sie fest, dass ein erhöhtes familiäres Risiko für Fettleibigkeit mit einer geringeren Dichte an Rezeptoren für Opioide und Cannabinoide verbunden war. Ähnliche Muster wurden bei Personen mit Adipositat und Binge-Eating-Störung festgestellt. „Frühere Studien haben ergeben, dass eine Herunterregulierung der Opioidrezeptoren Personen empfindlicher für belohnende Nahrungsmittelreize in der Umwelt macht“, erklären Kantonen und seine Kollegen. „Personen mit einer erblichen Veranlagung für herunterregulierte Opioidrezeptoren könnten daher empfindlicher auf Nahrungsmittelreize in der Umwelt reagieren, was zu übermäßiger Nahrungsaufnahme führt.“ Denkbar sei alternativ, dass Personen mit weniger Opioidrezeptoren mehr essen, um eine ausreichende Belohnungsreaktion herbeizuführen, die ihnen genügt, um die Nahrungsaufnahme einzustellen.

Neue Ansatzpunkte für Präventionsmaßnahmen

„Störungen in den neuronalen Netzwerken, die Sättigung und Appetit kontrollieren, können also bereits beobachtet werden, bevor eine Person Fettleibigkeit entwickelt, und diese Gehirnveränderungen stehen mit familiären Risikofaktoren für Fettleibigkeit in Verbindung“, sagt Kantonen. „Die Ergebnisse könnten Auswirkungen auf die Entwicklung von Präventions- und Behandlungsmaßnahmen für Fettleibigkeit haben. Sie zeigen, dass das Gehirn und das zentrale Nervensystem wichtige Ziele bei der Behandlung von Fettleibigkeit sind.“

Quelle: Tatu Kantonen (Universität Turku, Finnland) et al., International Journal of Obesity, doi: 10.1038/s41366-021-00996-y

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