Wissenschaft

#Bioethanol aus alten Backwaren

In Deutschland werden jedes Jahr rund 600.000 Tonnen Backwaren zu viel produziert. Zwar finden einige Brotlaibe und Brötchen trotzdem eine Verwendung in Form von Tierfutter oder Hackschnitzeln, doch zahlreiche alte Backwaren landen im Müll. Damit soll nun Schluss sein: Ein neues Pilotprojekt will aus altem Brot und Brötchen den nachhaltigen Kraftstoff Bioethanol erzeugen. Setzt sich die Methode durch, könnten jährlich 162 Millionen Liter Bioethanol aus überschüssigem Gebäck entstehen.

Rund elf Millionen Tonnen Lebensmittel landen in Deutschland jedes Jahr im Müll. Von dieser Lebensmittelverschwendung betroffen sind auch Backwaren wie Brot, Brötchen und Plundergebäck. Schätzungen zufolge produzieren die deutschen Bäckereien jährlich einen Warenüberschuss von 600.000 Tonnen. Einige dieser alten Backwaren bekommen zwar ein zweites Leben eingehaucht: als Tierfutter, Hackschnitzel oder in Biogasanlagen. Doch das Brotrecycling ist aufwendig und teuer, weshalb immer noch viel altes Gebäck im Müll landet.

Zwei Fliegen mit einer Klappe

Das könnte sich allerdings bald ändern – zumindest wenn es nach den Initiatoren des Projekts „Die Brotbrennerei“ geht. Die Idee: Aus altem Brot, Baguette und Kuchen Bioethanol herstellen – eine umweltfreundliche Kraftstoffalternative zu Benzin. An deutschen Tankstellen ist Bioethanol beispielsweise in Kraftstoff mit der Bezeichnung „Super E10“ enthalten. Wer an einer so deklarierten Säule tankt, erhält ein Gemisch aus 90 Prozent regulärem Benzin und bis zu zehn Prozent Bioethanol. Derzeit entsteht Bioethanol in erster Linie aus landwirtschaftlichen Nutzpflanzen wie Mais, Weizen und Zuckerrohr. Doch je mehr die Produktion der Kraftstoffalternative zunimmt, desto mehr machen diese Pflanzen auch flächenmäßig dem Anbau von Lebensmitteln Konkurrenz.

Bioethanol aus alten Backwaren herzustellen, würde somit zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Genau dies versucht nun die erste „Brotbrennerei“ Deutschlands, die vor wenigen Tagen in Friedrichshafen eröffnet hat. Bis dahin war es allerdings ein weiter Weg. Zunächst musste geklärt werden, ob sich Brot überhaupt vergären und somit als alkoholhaltige Grundlage für die Bioethanol-Produktion nutzen lässt. Die Voraussetzungen dafür wären eigentlich gegeben: „Brot enthält erhebliche Mengen an Stärke. Sie wird von speziellen Enzymen leicht in Zuckermoleküle zerlegt, die die Hefe dann in Alkohol umwandelt“, erklärt Daniel Einfalt von der Forschungs- und Lehrbrennerei der Universität Hohenheim.

Pilotanlage
Die Pilotanlage © Lukas Müller

Aus Gebäck wird Ethanol

In der Praxis ist es jedoch nicht das Brot mit dem höchsten Stärkeanteil – das Weißbrot – , das die besten Resultate erzielt, wie die Tests ergaben. Tatsächlich blieb das Weißbrot sogar deutlich hinter anderen Backwaren wie Brötchen, Laugengebäck, Roggenbrot oder Sahne-Cremetorten zurück. „Wir führen das auf den geringen Proteingehalt des Weißbrotes zurück“, so Einfalt. „Denn die Eiweiß-Bausteine sind unerlässlich für die Aktivität der Hefe.“ Setzt man den alten Backwaren jedoch gezielt spezielle Gärsalze zu, die die Hefe mit Stickstoff und Phosphat versorgen, verkürzt sich die Gärzeit und der Ethanolertrag steigt.

Noch ist die Brotbrennerei in Friedrichshafen ein Pilotprojekt, doch das soll sie nicht bleiben. Die Initiatoren hoffen, deutschlandweit möglichst viele Nachahmer für die Idee gewinnen zu können. Ist die Methode einmal flächendeckend im Einsatz, könnte sie jährlich 162 Millionen Liter Bioethanol aus alten Backwaren erzeugen. Brotbrennereien würden damit jedoch nicht nur einen großen Beitrag zum Recycling leisten, sondern auch gutes Geld verdienen. Mittelgroße Betriebe könnten mit der Verwertung ihrer alten Backwaren rund fünf Millionen Euro zusätzlichen Umsatz pro Jahr machen, so die Schätzung der Projektleiter.

Langfristig könnte sich aber nicht nur das gewonnene Ethanol, sondern auch der Destillationsrückstand nutzen lassen. Aufgrund seines hohen Proteingehalts eignet er sich zum Beispiel als Tierfutter, doch noch gibt es rechtliche Hürden. Ebenso verhält es sich mit dem Ansatz, Ethanol neben der Kraftstoffgewinnung auch zur Herstellung von aromatischen Spirituosen zu nutzen. Solcher Brotschnaps scheitert aktuell noch am EU-Recht.

Quelle: Universität Hohenheim

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