#Sozialstaat wächst immer stärker
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„Sozialstaat wächst immer stärker“
Die Corona-Krise hat die Sozialausgaben in Deutschland auf einen historischen Höchststand getrieben: Erstmals seit Gründung der Bundesrepublik lenkte der Staat mehr als ein Drittel der gesamten Wirtschaftsleistung in Sozialleistungen. In absoluten Zahlen waren das im vergangenen Jahr 1,19 Billionen Euro. Die sogenannte Sozialleistungsquote – gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) – lag mit 33,6 Prozent um 2,8 Prozentpunkte höher als auf dem Höhepunkt der Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2009. Das zeigt der Entwurf des neuen Sozialberichts, den die Bundesregierung alle vier Jahre erstellt und der im Juli vom Bundeskabinett beschlossen werden soll. Er liegt der F.A.Z. vor.
Dass die Sozialausgaben in der Pandemie kräftig steigen würden, ist zwar als solches nicht ganz überraschend. Die in dem Bericht enthaltene Prognose zeigt aber, dass der Sozialstaat auch über die Pandemie hinaus auf starkes Ausgabenwachstum eingestellt ist: Die Regierung geht davon aus, dass der Anteil der Sozialleistungen am BIP trotz des erwarteten neuen Konjunkturaufschwungs im Jahr 2025 bei 32 Prozent liegen wird – fast drei Prozentpunkte höher als zur Mitte des vergangenen Jahrzehnts. Drei Prozentpunkte entsprechen beim derzeitigen BIP gut 100 Milliarden Euro pro Jahr. Kurz nach der Wiedervereinigung hatten sich die Sozialleistungen noch in einer Größenordnung von einem Viertel der Wirtschaftsleistung bewegt.
Ursache des dauerhaft erhöhten Sozialbudgets sind den Daten zufolge beschleunigt steigende Ausgaben für Rente und Krankenversicherung. Die gesetzliche Rentenversicherung wächst demnach von zuletzt 344 Milliarden auf 404 Milliarden Euro im Jahr 2025. Ihr Anteil am gesamten Sozialausgabenvolumen steigt dabei von 29,5 auf 30,4 Prozent. Die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung steigen der Prognose zufolge von bisher 260 Milliarden auf 319 Milliarden Euro im Jahr 2025. Ihr Anteil erhöht sich von 22,3 auf 24 Prozent. Einen wachsenden Anteil des „Kuchens“ beansprucht daneben der öffentliche Dienst. Die Ausgaben für Beamtenpensionen wachsen demnach von 65,5 Milliarden auf 81 Milliarden Euro im Jahr 2025. Ihr Anteil an allen Sozialausgaben steigt damit von 5,6 auf 6,1 Prozent.
Die Alterung der Gesellschaft kommt teuer
Die Prognose zeigt, dass die Alterung der Gesellschaft mit einem Anstieg demographisch bedingter Sozialausgaben eine wesentliche Rolle für die weitere Entwicklung spielt. Der Anteil der Ausgaben für Arbeitslose, also der Sicherungssysteme für Menschen im Erwerbsleben, sinkt der Prognose zufolge dagegen bald unter das Corona-Niveau, vor allem weil weniger Jüngere um Arbeit konkurrieren. Eine Vorbotin ist schon die jüngste Entwicklung am Arbeitsmarkt: Wie die Bundesagentur für Arbeit am Mittwoch meldete, ist die Zahl der Arbeitslosen im Juni um 73.000 auf 2,614 Millionen gesunken.
Für die Arbeitslosenversicherung weist der Bericht zwar einen historischen Anstieg im Pandemiejahr 2020 aus – ihr Anteil am Sozialstaat hat sich gegenüber 2019 vor allem durch die millionenfache Auszahlung von Kurzarbeitergeld mit 4,8 Prozent beinahe verdoppelt. Für 2025 werden aber nur noch 2,5 Prozent erwartet. Und der Anteil der Ausgaben für Hartz IV geht demnach von 4 Prozent im Jahr 2019 auf 3,5 Prozent zurück. Ähnliches gilt für den sogenannten Familienleistungsausgleich, dessen Hauptposten das Kindergeld ist: Sein Anteil am BIP sinkt der Prognose zufolge von zuletzt 4,6 Prozent auf 3,9 Prozent.
Der aktuelle Sozialbericht ist eine ausführliche Fassung der Aufstellungen zum sogenannten Sozialbudget, die das Bundessozialministerium jährlich liefert. Es ist der einzige zusammenfassende Überblick über alle Bereiche des Sozialstaats. Neben Sozialkassen und steuerfinanzierten Leistungen bildet er auch die arbeitgeberfinanzierten Leistungen ab, etwa die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, für die Unternehmen 2020 insgesamt 64 Milliarden Euro aufbrachten.
Mehr Leistungen für Kranke, Pflegebedürftige und Rentner
Die nun wieder fällige Langfassung des Berichts liefert auch eine ausführliche schriftliche Darstellung. Diese verweist vor allem auf „enorme Herausforderungen“ für die sozialen Sicherungssysteme durch die Pandemie: „Sie führt zu wegfallenden Einnahmen und steigenden Leistungen insbesondere für die Stabilisierung des Arbeitsmarktes und die Bekämpfung der gesundheitlichen und sozialen Folgen.“
Den längerfristigen Anstieg des Sozialausgabenniveaus begründet der Berufsentwurf indes zugleich mit der guten Wirtschaftslage vor der Pandemie: „Nach 2009 stiegen die Sozialleistungen nicht zuletzt infolge eines lang andauernden wirtschaftlichen Aufschwungs“, heißt es da. „Hohe Lohnzuwächse kamen jeweils ein Jahr zeitverzögert auch den Rentenempfängerinnen und -empfängern zugute.“ Überdies sei die sozialstaatliche Absicherung seither „weiter ausgebaut“ worden – vor allem durch Leistungsausweitungen der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung. Vor diesem Hintergrund war die Sozialleistungsquote schon in den Jahren 2011 bis 2019 von 28,8 auf 30,3 Prozent gestiegen.
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