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#Hass bei Telegram: Den Sumpf trockenlegen

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Hass bei Telegram: Den Sumpf trockenlegen

Telegram, so viel ist klar, hat vor der Bundesrepublik keinen Respekt. Der Messengerdienst hält sich nicht an deutsches Recht und reagiert auf Ersuchen deutscher Behörden, wenn überhaupt, nach Gutdünken. Das hat er gemein mit einem Teil der Nutzer, die dort Verschwörungstheorien über Impfungen verbreiten, gegen das demokratische System hetzen und sogar zum Mord an Politikern aufrufen.

Gegen Telegram läuft seit April ein Bußgeldverfahren. Dem Bundesamt für Justiz ist es bisher aber noch nicht einmal gelungen, ein Anhörungsschreiben zuzustellen. Den Firmensitz hat das Unternehmen, das 2013 von zwei russischen Brüdern gegründet wurde, offiziell in Dubai. Zuvor firmierte es unter Adressen in London, Berlin und Singapur. Das Bundesamt wollte Telegram ermahnen, sich an die deutschen Gesetze zu halten. Das Schreiben wurde über die deutsche Botschaft in den Vereinigten Arabischen Emiraten an das dortige Außenministerium geschickt. Wo es jetzt liegt, weiß man nicht. Eine Antwort von Telegram steht aus.

Das Unternehmen geriert sich als Beschützer von Regimekritikern in Diktaturen. Tatsächlich spielt es etwa in Belarus eine wichtige Rolle bei dem Bemühen der Opposition, sich nicht mundtot machen zu lassen. Hierzulande ist der Dienst aber auch eine Spielwiese für Rechtsex­tremisten und Verschwörungsideologen. Mitteilungen sind verschlüsselt, Nachrichten können an Tausende Nutzer verschickt, strafbare Bilder oder Videos unkompliziert geteilt werden.

Es ist nicht so, dass Telegram sich um verbotene Inhalte gar nicht scherte. Das Bundeskriminalamt weiß, dass der Dienst auf Anregung schon mal tätig wird, wenn es um islamistische Propaganda geht. Die rechte Szene aber verschont er. Wenn deutsche Ermittler auf rechtsextreme Inhalte hinweisen, geschieht in der Regel nichts.

Der Mob tobt sich im Netz aus

Die neue Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat nun angekündigt, sich dieses Gebaren nicht länger gefallen zu lassen. Bundesjustizminister Buschmann, ein Freier Demokrat, hatte hingegen das Thema noch vom Tisch gewischt, als­ ­­der sächsische Ministerpräsident Kretsch­mer (CDU) ihn angesichts der Radikalisierung von Impfgegnern gebeten hatte, Telegram stärker an die Leine zu nehmen. Nach dem Fackelaufmarsch vor dem Wohnhaus der sächsischen Gesundheitsministerin Köpping kündigte auch der Bundesjustizminister ein entschiedenes Vorgehen gegen Hassstraftaten an. Doch diese Worte klingen hohl.

Wie oft haben Politiker den Netzwerken schon den Kampf angesagt? Wie oft haben sie davon gesprochen, dass die Regeln der analogen Welt auch in der digitalen gelten müssten? Wie oft darauf hingewiesen, dass die Verrohung im Netz der Nährboden für Gewalt und Attacken gegen die liberale Demokratie sei? Im April ist erst wieder ein Gesetzespaket gegen Hass und Hetze in Kraft getreten: Die Strafgesetze wurden deutlich verschärft, die Netzwerke müssen von Februar an Hasspostings an das Bundeskriminalamt melden. Doch geholfen hat das bislang nicht. Im Gegenteil: Mehr denn je tobt sich der Mob im Netz aus. Telegram hat nach eigenen Angaben täglich 1,5 Millionen neue Nutzer.

Protest gegen die Corona-Politik am 13. Dezember in Freiberg


Protest gegen die Corona-Politik am 13. Dezember in Freiberg
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Bild: dpa

Gibt es ein wirksames Mittel, um zu verhindern, dass Telegram mit dem Hass ein Geschäft macht? Es war ein erster richtiger Schritt, dass die Bundesregierung klargestellt hat, dass Telegram sich wie Facebook behandeln lassen muss und nach dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz etwa zur Löschung strafbarer Inhalte verpflichtet ist. Plattformen, die wie Signal oder Threema nur individuelle Kommunikation anbieten, fallen unter dieses Gesetz nicht. Bei Telegram gibt es hingegen Kanäle mit Zehntausenden Abonnenten, und der Dienst ist längst eine Ausweichplattform für Nutzer, die anderswo wegen Hassrede gesperrt sind.

Wie man an den Zustellversuchen in Dubai beobachten kann, ist es dem Unternehmen herzlich egal, was im deutschen Gesetz steht. Auf Einsicht muss man nicht hoffen. Ohne Druck wird sich Telegram nicht bewegen. Denkbar wäre es, Apple und den Android-Hersteller Google zu verpflichten, die Nutzung der App auf ihren Geräten so lange einzuschränken, bis sich das Unternehmen an die Regeln hält. Wenn die EU an einem Strang zöge und das Management sich um sein Geschäft in Europa Sorgen machen müsste, würde es auf Behördenbriefe vielleicht reagieren.

Doch schon die ersten Überlegungen, wie man Druck auf Telegram aufbauen könnte, lassen die Netzgemeinde in Deutschland aufjaulen. Die Aktivisten sind bereit, unter dem Banner von Freiheit und Demokratie für ein Geschäftsmodell zu kämpfen, das Verächtern von Freiheit und Demokratie einen sicheren Hafen bietet. Wenn die neue Bundesregierung den Sumpf im Netz trockenlegen will, darf sie sich davon nicht beeindrucken lassen.

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