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#Kaum ein Gedanke wird noch hell

„Kaum ein Gedanke wird noch hell“

Es leuchtet grell. Es dominiert den Bühnenraum. Und es bewegt sich. Der Kapitalismus wird an diesem Theaterabend von einem monumentalen viereckigen Gitter aus sechs Quer- und sechs Längsstangen repräsentiert. Wie ein Damoklesschwert schwebt es über den Menschen. Es suggeriert Durchlässigkeit, doch seine gläserne Decke grenzt die Klassen voneinander ab. Der Adel und die Bauern leben in unterschiedlichen Welten, bis das System zusammenbricht und das Chaos an die Herrschaft kommt. „Friede den Hütten. Krieg den Palästen!“, tönt ein zehnköpfiger, lumpenproletarischer Chor, der den Umsturz ankündigt, schwarz gekleidet, untermalt von einem donnernden Bass. Es folgt eine Anklage gegen die Ungerechtigkeiten im Staat. „Was sind die Verfassungen? Nichts als leeres Stroh. Was sind unsere Wahlgesetze? Nichts als Verletzungen der Bürgerrechte“, schreien die computerverzerrten Stimmen.

Mit diesem durchdringenden Manifest, angelehnt an den „Hessischen Landboten“, den der Arzt und Autor Georg Büchner im Sommer 1834 auf der Gießener Badenburg als Anklage gegen die Obrigkeit und die Missstände im Großherzogtum Hessen verfasste, setzt die von Ulrich Rasche konzipierte Inszenierung von „Leonce und Lena“ am Deutschen Theater in Berlin ein. Es ist eine explosive Adaption des Lustspiels – dieses Genres, das schon Büchner mit seinem Text persiflierte.

Die Suche nach dem Ausweg aus der Wohlstands-Langeweile: Leonce (Marcel Kohler) und sein Diener Valerio (Enno Trebs).


Die Suche nach dem Ausweg aus der Wohlstands-Langeweile: Leonce (Marcel Kohler) und sein Diener Valerio (Enno Trebs).
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Bild: Arno Declair

Es ist die politische Dimension der 1836 entstandenen Satire über den Müßiggang des Adels, auf die sich Rasches Inszenierung konzentriert. Dafür fügt er Zitate aus „Dantons Tod“ und „Lenz“, aus Büchners persönlichen Korrespondenzen und eben dem „Hessischen Landboten“ hinzu. Diese Szenen verfugt er in Montagetechnik auf der sich kontinuierlich drehenden Bühne, auf der sich Adel und Bauernstand beim Sprechen abwechseln. Beide Gruppen pressen jedes Wort langsam und zäh aus sich heraus; bei der Nobilität kommt das von der Langeweile des eigenen Nichtstuns, bei den Untergebenen von den Anstrengungen der Knechtschaft.

„Unendlich schön und unendlich geistlos“

Marcel Kohler spielt Leonce als hünenhaften Traumprinzen mit einem arroganten Überlegenheitsblick; seine geistige Leere ist auch von außen gut sichtbar. Entsprechend sucht er eine Frau, die „unendlich schön und unendlich geistlos ist“, was er selbstbewusst posaunt. Seinen treuen Diener Valerio spielt Enno Trebs, der mit seinem Unterhemd und seinen muskulösen Armen wie eine Proletarierskulptur des sozialistische Realismus wirkt. Besonders stark wird die Lena von Julia Windischbauer als tieftrauriges Mädchen mit Suizidphantasien gespielt. Mit tränenzerflossener Stimme wirft sie die Frage auf: „Wenn der Geist müd’ ist, wo soll er ruhen?“

Die Szenen von Büchners Komödie spielt Rasche im zweiten Teil des Stücks ab. Prinz Leonce und Prinzessin Lena sollen einander aufgezwungen werden, ohne sich zu kennen; sie fliehen, begegnen sich auf der Flucht und verlieben sich ineinander. Sie geben sich als Automaten aus und veranstalten eine Hochzeit. „Nichts als Kunst und Mechanismus, nichts als Pappendeckel und Uhrfedern“, wie es im Stück heißt.

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