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Strenge und Spiel

Man muss schon genau hinsehen. Was ist noch Fotografie, also flache Abbildung, und wo beginnt das Konkrete und Räumliche? Fragen, die sich beim Betrachten der Werke von Christiane Feser stellen. Der Blätter ihrer 2013 begonnenen Serie „Partitionen“ zum Beispiel: abstrakt-rhythmische Kompositionen aus Dutzenden eigens zugeschnittener und gefalteter Papiermodule, die abfotografiert, gedruckt und abermals bearbeitet worden sind, bis Zwei- und Dreidimensionalität ineinander übergehen. Fesers Werke leben von solchen Kippmomenten. „Ich möchte, dass das Eingefrorene der Fotografie überwunden wird“, sagt die in Würzburg geborene Künstlerin. Der Betrachter solle herausgefordert werden, betont sie.

Feser steht vor mehreren noch nicht ganz fertigen Blättern, die sie zur Bearbeitung an der Wand aufgehängt hat. Ihr großzügiges, helles Atelier im Frankfurter Stadtteil Gallus wirkt aufgeräumt und strukturiert, die vielen Zimmerpflanzen machen es behaglich. Eine professionelle Fotokamera samt dazugehöriger Lichttechnik, ein großer Plotter: Feser möchte die Kontrolle über alle künstlerischen Arbeitsschritte behalten. So sucht sie auch das für jeden Druckvorgang passende Papier aus. Auf einem großen Tisch liegen weitere, noch nicht fertiggestellte Arbeiten. Ein weißer Rollwagen beherbergt Werkzeuge zur Papierverarbeitung: Messer, Scheren und Lineale, Falzbeine und Klebebänder. „Ich habe jeden Cutter, den man hier und im Ausland kaufen kann“, sagt sie.

Nullpunkte: Feine Kompositionen aus Stecknadeln, die echte und fotografische Schatten werfen



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Impressionen
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Zu Besuch in Christiane Fesers Atelier

Ihr derzeitiges Atelier hat sie vor fünf Jahren bezogen. Auf der „Teefabrik Studios“ genannten Etage sind außer ihr noch weitere Kreative untergebracht, unter ihnen Designer, Architekten und Filmer. Sie teilen sich eine Küche und einen großen Esstisch im Flur. Feser freut sich, dass sie mittags mit Kollegen gemeinsam kochen und essen kann – ein willkommener Kontrast zu ihrer Arbeitsweise, die sie als „sehr hermetisch“ beschreibt. Sie habe einen ziemlich geregelten Atelieralltag, sagt sie. Normalerweise arbeite sie fünf bis sechs Tage in der Woche von jeweils 10 bis 20 Uhr. Meist sei sie gern im Atelier. Es sei „der entspannteste Ort, an dem ich mich aufhalten kann“.

Keine Abgabetermine mehr seit Corona

Wegen der Corona-Pandemie aber hat sie ihren Arbeitsrhythmus umstellen müssen. Üblicherweise habe sie Termine, auf die sie hinarbeite, Kunstmessen oder Ausstellungen zum Beispiel. Corona sorgte dafür, dass die Abgabetermine wegfielen. „Es war am Anfang befreiend, so viel Zeit zu haben“, erinnert sie sich. Sie habe viel Neues ausprobiert, so etwa farbige Arbeiten, Papierschnitte ohne Fotografie und den Einsatz von Transparenzen. Mittlerweile, fügt sie hinzu, wäre es aber schon schön, wieder mal einen Abgabetermin zu haben. Eine für September geplante Ausstellung in ihrer Galerie in Los Angeles hat sie absagen müssen. Sie hätte ohnehin nicht nach Kalifornien fliegen können, und wegen der dortigen Anti-Corona-Maßnahmen hätte sich wohl auch kaum jemand die Ausstellung gesehen, bedauert Feser. Sie wird auch von einer New Yorker Galerie vertreten. Sie hoffe, dass es in Amerika irgendwann wieder weitergehe.

Die Künstlerin führt in einen weiteren Raum ihres Ateliers, wo Blätter aus der 2016 begonnenen Serie „Nullpunkte“ hängen: feine Kompositionen aus Stecknadeln, die echte und fotografische Schatten werfen. Der erste Schritt in der Entstehung ihrer Arbeiten sei intuitiv, sagt sie. Feser verzichtet auf eine ausgiebige Konzeptionsphase, setzt stattdessen auf den Schaffensprozess: „Die meisten Ideen kommen mir, wenn ich Werkzeug und Papier in der Hand habe.“ Präzision hält sie für unabdingbar. Auf die Frage, welchem künstlerischen Medium sie sich zuordne, antwortet sie: „Ich würde einfach sagen, ich bin Künstlerin.“ Obwohl sie schwerpunktmäßig Fotografie studiert habe, hätten Grenzbereiche sie immer interessiert. Gerade die Unmöglichkeit, sie eindeutig zuzuordnen, macht Fesers Kunst aus. Sie changiert zwischen Strenge und Spiel, Klarheit und Irritation.

„Seit zehn Jahren kann ich wieder mit den Händen arbeiten.“

Als wichtige Inspiration nennt Feser die „Prouns“, abstrakte Bildkompositionen des sowjetischen Allround-Avantgardekünstlers El Lissitzky. „Sie haben mich extrem fasziniert“, bekennt sie. Während ihres Studiums an der Offenbacher Hochschule für Gestaltung habe sie vor allem mit digitalen Bildern und Konzepten gearbeitet und daher viel Zeit am Computerbildschirm verbracht. Dass sie sich nach einer Weile von dieser Methode verabschiedete, freut sie noch heute: „Seit zehn Jahren kann ich wieder mit den Händen arbeiten.“

Gewandelt hat sich auch Fesers Umgebung. Aus den großen Atelierfenstern blickt man auf das nahe gelegene, im Sommer fertiggestellte Wohnhochhaus „Grand Tower“ sowie eine weitere Hochhausbaustelle. Das Areal habe sich in den letzten Jahren enorm verändert, sagt Feser. „Der Himmel ist immer kleiner geworden“, kommentiert sie die zunehmende Bebauung der umgebenden Grundstücke. Auch die „Teefabrik Studios“ sollten, so Feser, eigentlich Anfang 2021 ausziehen. Das unscheinbare Gebäude sollte abgerissen werden, die Errichtung eines Hotels sei geplant gewesen. Wegen der Corona-Pandemie habe der Vermieter den Nutzern nun ein Jahr mehr zugestanden. Feser kann ihr Atelier vorerst weiternutzen. Sie sagt: „Ich finde es gerade ziemlich ideal.“ Die Lust am Machen ist ihr anzusehen.

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