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#Spaniens explosive Wende

„Spaniens explosive Wende“

Der Kurswechsel im Schatten des Ukrainekriegs ist dramatisch. Nach 47 Jahren gibt Spanien seine Neutralität im Westsaharakonflikt auf. Seit knapp einem Jahr dauerte die schwere diplomatische Krise mit Marokko schon an. Jetzt glaubte der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez, er könnte sie im Alleingang beenden. Er gibt dem marokkanischen König, was er seit Jahren will, und bringt dafür alle seine anderen Partner gegen sich auf. In einem Brief an Mohamed VI. lobt der Regierungschef nicht nur den marokkanischen Autonomieplan für die ehemalige spanische Kolonie aus dem Jahr 2007.

Er nennt ihn auch die „ernsthafteste, realistischste und glaubwürdigste Grundlage für eine Lösung des Konflikts“, der seit 1975 andauert. Damit erkennt Spanien indirekt an, dass die Westsahara ein Teil Marokkos ist und bleiben wird. Für die Polisario-Front, die für die Unabhängigkeit der Westsahara kämpft, und ihre Schutzmacht Algerien ist das ein „historischer Verrat“, der gefährliche Folgen haben könnte: Fast die Hälfte seines Erdgases erhält Spanien aus dem Land, das seit der russischen Invasion als Lieferant immer wichtiger geworden ist.

Sánchez wird vorgeworfen, er handele „tollkühn“

Bisher hatte es Spanien vorgezogen, sich hinter den Resolutionen der Vereinten Nationen zu verstecken. Madrid bemühte sich um möglichst gute Beziehungen zu Marokko, ohne sich auf die Unabhängigkeit oder eine Autonomie der Westsahara festzulegen. Sánchez’ sozialdemokratische PSOE-Partei forderte bislang im Einklang mit den UN eine für beide Seiten akzeptable politische Lösung. Nur seine eigene Partei stand noch auf Sánchez’ Seite. Alle anderen warfen ihm vor, er habe den Grundkonsens der spanischen Westsaharapolitik aufgegeben und den Oppositionsführer wie seinen Koalitionspartner vor vollendete Tatsachen gestellt. Der designierte PP-Vorsitzende Alberto Núñez Feijóo warf ihm „Tollkühnheit“ vor.

Die zweite stellvertretende Ministerpräsidentin Yolanda Díaz stellte klar, dass für Podemos die „einzige Lösung“ ein Referendum und das Selbstbestimmungsrecht des saharauischen Volkes sei. Die Linke steht der Polisario-Front traditionell besonders nahe, die Sánchez vorwarf, er habe dem „Druck und der Erpressung“ Marokkos nachgegeben.

„Sánchez schuldet uns eine Erklärung“, fordert die Zeitung „El País“. Dessen Kritiker halten ihm vor, er sei zu weit gegangen und habe zu wenig dafür bekommen. Das marokkanische Königshaus nennt Spanien zwar jetzt einen „großen Freund und Verbündeten“. Bald soll der spanische Außenminister José Manuel Albares nach Rabat reisen, um einen Besuch von Sánchez vorzubereiten, der damit eine „neue Etappe“ in den Beziehungen einleiten will. Über konkrete Zusagen aus Rabat wurde nichts bekannt. Fast beschwörend heißt es in einer Erklärung aus Ma­drid, beide Seiten seien zu „uneingeschränkter Zusammenarbeit bei der Steuerung der Migrationsströme im Mittelmeer und im Atlantik“ entschlossen. Der gemeinsame Kampf gegen die illegale Migration hatte für Madrid Vorrang.

Migration als marokkanisches Druckmittel

Marokko setzte Migranten immer wieder als politisches Druckmittel ein, um Spanien zu einer Änderung seiner Westsaharapolitik zu bewegen. Anfang März griff die ma­rokkanische Grenzpolizei nicht ein, als fast tausend Migranten die Zäune der spanischen Nordafrika-Exklave Melilla überwanden. Gleichzeitig landeten in den vergangenen Monaten so viele Migranten-Boote aus Marokko auf den Kanaren wie schon lange nicht mehr. Nachdem Spanien im April 2021 dem Polisario-Führer Brahim Ghali erlaubt hatte, zur Behandlung nach Spanien zu reisen, ließ es Marokko zu, dass gut 10 000 Menschen die Grenze zur spanischen Exklave Ceuta überwanden.

Marokko hatte schon Ende 2020 den politischen Druck auf die Europäer erhöht, dem Vorbild des amerikanischen Präsident Donald Trump zu folgen, der die marokkanische Souveränität über die Westsahara anerkannt hatte. Auch Deutschland schließt inzwischen nicht mehr aus, dass die Region am Ende eine autonome Provinz in Marokko sein könnte. In Madrid muss man erst einmal den Kollateralschaden ihres Wendemanövers begrenzen: Die Führung in Algier fühlt sich überrumpelt, beklagt eine „Unterwerfung unter Marokko“ und ruft den Botschafter zurück. Bisher konnte sich Spanien auf Algerien verlassen – als Erdgaslieferant und um junge Algerier aufzuhalten, die über das Mittelmeer nach Europa drängen.

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