#Die Schaumkrone am Freitagabend
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„Die Schaumkrone am Freitagabend“
Belgische Popsongs von Weltrang: Das waren bis zum Jahr 1994 die Trennungsballade „Ne me quitte pas“ von Jacques Brel und der Tanzklassiker „Nah neh nah“ von Vaya Con Dios. Doch seit Anfang der neunziger Jahre hatte sich in der vielfältigen Hafenstadt Antwerpen eine Szene junger unkonventioneller und von keinen Genregrenzen limitierter Musiker gebildet, die allmählich reif für die internationale Karriere waren.
Im Zentrum stand dEUS, für die das viel und wenig sagende Etikett Alternative Rock noch die beste Schubladenaufschrift war, weil andere Begriffe nicht passten. In den Anfangstagen war es nicht einfach, die kaum zu kategorisierende Musik ihrer Urheber in britischen Musikformaten unterzubekommen. Eine Zeitlang wurde sie als Art Rock bezeichnet. Doch was da zu hören war, reichte von amerikanischem Independent wie Pavement, Nirvana und Pixies über Experimentalpop von Zappa, Captain Beefheart und Tom Waits bis zu Noise-Attacken à la Sonic Youth. Die Einflüsse der fünf Bandmitglieder reichten von Folk bis House, von Jazz bis zu Progressive Rock.
Sie locken auf falsche Fährten
Auf den ersten drei Alben der bald europaweit erfolgreichen Band bildeten die beiden Songschreiber, Gitarrist Tom Barman und Bassist Stef Kamil Carlens, das Spannungsfeld. Ihre musikalischen Vorlieben zwischen Alternative und Experimental Rock wurden in den wichtigsten Songs von dEUS immer wieder neu ausgehandelt. Gitarren-Schichten wurden übereinandergelegt und zu Klang-Infernos gesteigert – manchmal nachdem leichte Folk-Arrangements eine ganz falsche Fährte legten.
Songs wie „For the Roses“ oder „Instant Street“ beziehen ihren Reiz daraus, dass der Hörer im Verlauf davon euphorisiert wird, dass die Band immer noch eine weitere Schippe drauflegen kann. Andere Höhepunkte des Bandkatalogs wie „Little Arithmetics“ oder „Disappointed in the Sun“ leben davon, dass sie diverseste Einflüsse durch schlüssiges Songwriting und unverwechselbare Melodien zusammenführen und dass sie irgendwann noch einen Widerhaken bereithalten.
Doch der Über-Hit der belgischen Alternative-Band ist und bleibt ihre erste Single „Suds & Soda“, mit der sie sich einst auf die Suche nach einem Plattenlabel begaben. Sie ist gewissermaßen das belgische „Smells Like Teen Spirit“ – ein Song, der die Atmosphäre Mitte der neunziger Jahre einfängt, das Publikum seit jeher elektrisiert, Höhepunkt eines jeden Konzerts der Band ist. Es ist auch das Zentralgestirn ihres Debütalbums „Worst Case Scenario“, auf dem auch noch weitere Klassiker wie „Hotellounge“ oder „Via“ enthält.
Neben dem Zusammenspiel von Carlens und Barman tritt ein weiteres Bandmitglied in den Vordergrund: der Geiger Klaas Janzoons, der zu Beginn ein Motiv vorgibt, das sich durch den Song zieht und im Kontrast zu den Geigen eine enorme Spannung erzeugt, die sich jeweils im Refrain („It is always something in the Air…“) und im Instrumental-Freak-out auflöst und von Neuem aufbaut. Der lauteste, wildeste und treibendste Rock, den man hören konnte, seit Musiker in T-Shirts und Flanellhemden statt in artifiziellen Kostümen und mit Schminke auftraten.
Das häufigste Wort des Songs lautet „Friday“. In den Transkriptionen des Textes wird es meist erst zum Ende hin erwähnt. Dabei ist es wie das Geigen-Motiv ein zweites stilprägendes Element der Komposition: Der erste Abend des Wochenendes wird geradezu beschworen. Es geht in dem Song ums Ausgehen, womöglich um den Moment, in dem dEUS zu dem wurden, was sie sind: eine Band, die alle Einflüsse um sich herum aufsaugte und zu konsistenten Kunstwerken verschmolz. Der Freitagabend als Initiation zum Künstlerwerden, zum Erleben von Musik, Kunst und Gemeinschaft. „Teen Spirit“ auf Antwerpisch. Allerdings auch mit Kommunikationsproblemen.
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