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#Mit Waffen im Kampf gegen den Klimawandel

Was könnte man nicht alles machen, wenn es den Klimawandel nicht gäbe: neue Formen der Liebe erkunden, zu dritt ein Kind zeugen und mit Omas Erspartem in den Tag hineinlümmeln. Der Wandel ist aber da. Er verschlechtert die Atemluft in Berlin. Und so sind die Tage von Heidi (Odine Johne), Juklas (Julius Feldmeier) und Becky (Kristin Suckow) beinahe gezählt. Da kommt ihnen eine rettende Idee: Sie könnten mit Gewalt für umgehende Klimaschutzmaßnahmen sorgen, damit die Feinstaubbelastung sinkt, Heidis Lungenkrankheit den Todesschrecken verliert und das polyamore Treiben weitergehen kann.

Zu schräg? Die charmante, von einem phänomenalen Cast getragene Serie „Tod den Lebenden“ ist nichts für die Stammkundschaft der Degeto, und man kann sie eigentlich auch nicht in einem Atemzug mit dem Paramount-Thriller „A Thin ­Line“ nennen, der sich ernsthaft und spannend mit der Gefahr eines Abgleitens deutscher Klimaaktivisten in den Terror beschäftigt. „A Thin Line“ handelt von zwei idealistischen jungen Schwestern, von denen eine im Namen des Klimaschutzes zu töten beginnt; ihre persönliche Geschichte trägt zur psychologischen Beglaubigung ihrer Hinwendung zum Terror und der Diskussion über den Terror bei.

In „Tod den Lebenden“ steht das Persönliche im Vordergrund, denn diese Klima-RAF agiert zuvörderst aus Egoismus. Ihre Mitglieder gehören zu einer Generation, die sich nur um sich selbst dreht und erst erwacht, als ihr persönliches Lebensglück gefährdet ist. Die Grenzüberschreitung Richtung Gewalt erscheint ihr ebenso selbstverständlich wie jene im Zusammenleben, Zusammenlieben und Zusammenbesitzen zuvor. Und ob diese Naivlinge, die Verhaltensweisen wie Siebenjährige an den Tag legen, eine Ahnung vom Thema haben – das darf man schon mit Blick auf die Auswahl des Ziels ihrer ersten Aktion bezweifeln.

Nicht ohne heimliche Besitzansprüche

Der große Reiz von „Tod den Lebenden“ liegt darin, dass dies alles ohne Drehbuch entstand. Verantwortlich zeichnet Tom Lass, der als Regisseur der Impro-Filme „Papa Gold“, „Kaptn Oskar“ und „Blind und hässlich“ Bekanntheit erlangte und auch bei diesem Experiment mit Schauspielern seines „ImproLabs“ auf die Kraft des Improvisierens vertraut. Kaum mehr als „Alle lieben sich“ soll auf dem ersten Konzeptblatt gestanden haben. Der Rest schälte sich in sechs Drehblöcken allmählich heraus, bei denen alle Beteiligten auch finanziell ins Risiko gingen, denn erst beim letzten, Jahre nach Beginn des Projekts, saß die ARD mit im Boot.

„Die Konzeption der Handlung hat in den Szenen unmittelbar stattgefunden“, erklärt der Schauspieler Julius Feldmeier im Begleitmaterial. „Tom hat sich in der Zeit zwischen unseren ersten Drehblöcken die Szenen angeschaut, sie geschnitten, und wir haben überlegt: Das könnte man benutzen, hier führt etwas auf einen bestimmten Handlungsstrang hin. Familienplanung, Krankheit, die Klimakrise.“ Feldmeier spielt in „Tod den Lebenden“ den antriebslosen, mit Oberlippenflaum und Retro-Brille als Berlinblasenbewohner erkennbaren Juklas. Er liebt die dominante Heidi (Odine Johne) und die nölige Becky (Kristin Suckow), sie lieben ihn und außerdem sich, und auch wenn das in der Praxis nicht ohne heimliche Besitzansprüche abläuft, geht ihr Versuch, eine offene Beziehung zu führen, halbwegs gut. Alles wird mit allen geteilt, jeder hat Sex mit jedem, und die beiden Neuen, Beckys Flirt Micha (Leon Ullrich) und die Vermietertochter Akki (Lea von Acken), verstehen die Regeln recht schnell.



Trailer
:

„Tod den Lebenden“


Video: ARD, Bild: ARD Degeto

Mehr darf man nicht preisgeben. Absurde Einfälle sind das größte Kapital dieser (fürs Erste ungewöhnlich freizügigen) Serie. Und gefilmt ist sie auch noch sehr schön, nämlich mit einfachen Mitteln und vielen Sprüngen („Jump Cuts“) im Bild. Die sind teils eine Folge des Improvisierens und Wiederholens, tragen aber auch zur alternativen Ästhetik der Serie bei.

Nur so viel: Die Freunde werden sich rasch zu Midnight Oils „How do we sleep while our beds are burning?“ in den Gebrauch halbautomatischer Waffen einweisen lassen. Sie werden den Polizeipräsidenten um Erlaubnis für die Hinwendung zum Terror bitten („Wir würden gerne wissen: Was darf man und was nicht?“), einen Sonnenuntergang beweinen („Weshalb tut denn keiner was?“) und schneller über die Eitelkeiten und Rivalitäten stolpern, als ihr weißer Ferrari „brumm“ sagen kann.

Und selbstverständlich sind sie zum Scheitern verurteilt. „Tod den Lebenden“ handelt von der Hoffnungslosigkeit, dem Ende des süßen Lebens, das der Klimawandel bedeutet. Schwer melancholisch. Hart an der Grenze zur Satire. Und witzig, wenn man über Absurdes lachen kann. Die Schöpfer lassen vorsichtshalber wissen, dass sie „keine Klimaaktivist:innen lächerlich machen“ und in ihrem Sinne zum friedlichen Handeln anregen wollen.

Tod den Lebenden läuft von heute an in der ARD-Mediathek sowie am Samstag um 21.45 Uhr auf ARD One.

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