Todesursache des bayerischen „Eisprinzen“ enthüllt

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Forschende haben die Gebeine eines Kleinkindes aus dem Allgäu untersucht, das im Mittelalter in einem spektakulären Grab zusammen mit Waffen und Schmuck bestattet wurde. Dabei haben sie nun die Todesumstände des Jungen und einige Geheimnisse seines kurzen Lebens geklärt. Demnach stammte der als „Eisprinz von Mattsies“ bekannte Junge aus einer wohlhabenden Familie und starb im Alter von nur eineinhalb Jahren an den Komplikationen einer Mittelohrentzündung, wie die Knochenanalysen und Grabbeigaben belegen.
Im Jahr 2021 entdeckten Forschende in Mattsies bei Tussenhausen im Unterallgäu in einem ungewöhnlich gut erhaltenen Steinplattengrab aus dem frühen Mittelalter die Gebeine eines Kleinkindes. Sein Grab war reich ausgestattet mit Grabbeigaben, weswegen die Überreste seither näher untersucht wurden. Dafür entwickelten Experten vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) eine neuartige Methode, mit der sich der komplette Inhalt der Grabkammer mit Flüssigstickstoff schockfrosten und das Kindergrab so als gefrorener Block bergen und transportieren ließ. So konnten sie in ihrer Werkstatt das Grab kontrolliert schmelzen, restaurieren, analysieren und daraus die Lebens- und Todesumstände des Jungen rekonstruieren, den sie wegen der Schockfrostung den „Eisprinzen von Mattsies“ tauften.

Junge wurde nur eineinhalb Jahre alt
Die nun abgeschlossenen Analysen ergaben: Das Kind lebte wahrscheinlich zwischen 670 und 680 nach Christus und wurde demnach vor rund 1350 Jahren begraben. Zudem hatte der Junge blaue Augen, helles Haar und wuchs wahrscheinlich in der Gegend in Schwaben auf, wo seine Gebeine gefunden wurden, wie DNA-Tests und Strontium-Isotopen-Analysen seiner Zähne nahelegen. Anhand seiner Milchzähne lässt sich auch erkennen, dass er mit Muttermilch gestillt und nur eineinhalb Jahre alt wurde. Der kleine Junge starb an einer chronischen Infektion, die sich aus einer Mittelohrentzündung entwickelt hatte – ein damals häufiges Schicksal, wie das Team erklärt.
Doch trotz seines gewöhnlichen Todes war der „Eisprinz“ kein gewöhnlicher Junge, sondern stammte aus einer wohlhabenden und einflussreichen Familie, wie sein Grab verrät. „Der Tod des Jungen dürfte seine regional bedeutende Familie erschüttert haben. Sie hat offenbar große Anstrengungen unternommen, um dem Kind ein Begräbnis zu bereiten, das seinem sozialen Status gerecht wurde“, berichtet Mathias Pfeil vom BLfD. Demnach richteten die Angehörigen ein Gebäude in einem ehemaligen römischen Gutshof als Bestattungs- und Erinnerungsraum für den Jungen ein. „Erfahrene Steinmetze erbauten darin eine steinerne Grabkammer, die mit Kalkmörtel abgedichtet wurde – eine bemerkenswerte Leistung, da Steingebäude in dieser Zeit unüblich waren“, so Pfeil. Das Gebäude wurde nach der Beisetzung des Kindes zweimal neu überdacht, wie die Untersuchungen belegen. Das legt nahe, dass der Ort über einen längeren Zeitraum genutzt wurde, um des kleinen „Prinzen“ zu gedenken.

Kleidung und Schmuck zeugen von Reichtum
Neben der Grabkammer ist auch das Grabinnere bemerkenswert, das durch die Abdichtung unerwartet gut erhalten war: So lag der Junge auf einem Fell, bekleidet mit Lederschuhen, einer Hose und einem langärmeligen Oberteil. Letzteres bestand aus feinem Leinen, verziert mit Streifen aus Seide, wie das Team feststellte. Seide war im Frühmittelalter ein Statussymbol, da das Gewebe nur über Kontakte mit dem byzantinischen Reich gehandelt werden konnte. Darüber hinaus trug der Junge silberne Armringe und Sporen an den Schuhen. An seinem Gürtel war ein kurzes Hiebschwert in einer Lederscheide befestigt, die mit aufwendigen Verzierungen aus Gold versehen war. Vom hohen Status und dem christlichen Glauben der Familie zeugen obendrein ein Tuch mit einem aufgenähten Kreuz aus Goldblech und eine gewebte Matte in der Grabkammer.
Zudem fanden die Forschenden in dem Grab des „Eisprinzen“ eine Bronzeschale, die mit verschiedenen Gegenständen gefüllt war: ein Kamm, eine Holzschale, ein Trinkbecher mit silbernen Beschlägen sowie Reste von Haselnüssen, Äpfeln und einer Birne. Diese Utensilien wurden damals bei repräsentativen Festmahlen verwendet: Zunächst wurden die Haare gekämmt und die Hände in Bronzeschalen gewaschen, dann wurde von gedrechseltem Holzgeschirr gegessen und aus Bechern mit Silberbeschlägen getrunken. Die Gegenstände zeugen damit ebenfalls vom Einfluss der Familie des Jungen. Neben diesen Objekten lagen Knochen von einem zerlegten Ferkel – nicht wie anfangs angenommen von einem Hund. Demnach war dieses Tier wohl eher kein Spielgefährte des Jungen, sondern sollte möglicherweise als Mahlzeit im Jenseits dienen.
„Das Landesamt hat mit der Schockfrostung des Kindergrabes im Jahr 2021 Neuland betreten. Die Untersuchungsergebnisse zeigen nun eindrücklich, wie viel Information einem so außergewöhnlichen Grabbefund mit adäquaten Bergungsmethoden und einer intensiven Analyse entlockt werden kann“, sagt Pfeil.
Quelle: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege

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