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#Griechenlands Sündenbock

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Den Überbringer einer schlechten Nachricht soll man bekanntlich nicht bestrafen, doch Griechenland tut genau dies. Die Regierung und die Justiz des Landes wollen nicht lockerlassen in ihrem Kampf gegen den Statistiker An­dreas Georgiou. Er war fünf Jahre lang Chef des griechischen Statistikamtes und korrigierte in dieser Zeit die Defizitzahlen nach oben – ein völlig korrekter Schritt, wie viele internationale Instanzen bestätigt haben. Doch Athen will das nicht auf sich sitzen lassen. Gerade hat die Regierung Berufung eingelegt gegen ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom März dieses Jahres, nach dem Georgiou in einem der zahlreichen Verfahren gegen ihn keinen fairen Prozess bekommen hat.

Zu den Gründen will sich die griechische Regierung nicht äußern. Die Berufungsentscheidung wurde von der „Übergangsregierung“ getroffen, die in Athen im Amt ist, nachdem die Wahlen am 21. Mai keine Mehrheit brachten; daher wird am kommenden Sonntag wieder gewählt. Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis und seine Partei „Neue Demokratie“ gelten als Favorit. Doch die Berufung durch die Übergangsregierung, die laut Verfassung keine eigenständigen politischen Entscheidungen treffen darf, deckt sich mit der Linie der Regierung Mitsotakis, die vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte schon länger gegen Georgiou vorgeht.

„Die Berufung ist eine schlechte Nachricht. Wenn die Regierung eine Gelegenheit suchte, diese unselige Auseinandersetzung zu beenden, hat sie diese nun verpasst“, sagt Megan Greene, Chefökonomin der Beratungsgesellschaft Kroll, die demnächst dem geldpolitischen Komitee der Bank von England beitritt. Sie ist eine der vielen vor allem nicht griechischen Volkswirte, die sich für Georgiou einsetzen – denn es besteht kein Zweifel daran, dass er zum Sündenbock gemacht werden soll für eine Vergangenheit mit gefälschten Defizitzahlen und politisch motivierten Manipulationen, die laut der Regierung in Athen eigentlich überwunden sein soll. Schließlich macht sich Mitsotakis Hoffnung, von den Ratingagenturen den Status des „Investment grade“ zu erhalten, womit die griechischen Staatsanleihen als sicherer gelten und die Schuldenfinanzierung billiger würde. Doch ist diese Vergangenheit wirklich überwunden?

Georgiou ist nicht überrascht

Schon seit Jahren versucht sich die Regierung von dem Fall zu distanzieren. Sie verweist auf die angeblich unabhängige Justiz, doch gleichzeitig hält sie den Konflikt im Stillen mit fragwürdigen Mitteln am Leben. Georgiou hat die jüngste Entscheidung zur Berufung im Gespräch mit der F.A.Z. als „enttäuschend“ bezeichnet – „sie ist aber irgendwie auch nicht überraschend“. Seit 2011 sind nicht weniger als sieben verschiedene Gerichtsverfahren gegen ihn eingeleitet worden, strafrechtlich oder zivil. „Das macht mich wohl zu einem Staatsfeind“, sagt er mit einem bitteren Lachen.

Georgiou lebt als Alleinerziehender einer dreizehnjährigen Tochter heute im amerikanischen Maryland. Am Amherst College hat er einen Lehrauftrag über „Statistik und Ethik“, doch von einem Leben im Wohlstand kann keine Rede sein. Nur durch Crowdfunding-Aktionen konnten zeitweise seine Anwaltskosten gedeckt werden. Dabei ist er ein hoch angesehener Statistiker und gehört auf diesem Feld renommierten internationalen Organisationen an.

Seinen Berufsweg hatte er sich ganz anders vorgestellt, als er im August 2010 sein Amt als oberster Statistiker Griechenlands antrat. Nachdem er zuvor mehr als zwei Jahrzehnte für den Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington gearbeitet hatte, nahm sein Leben plötzlich eine drastische Wende. Griechenland musste sich damals dem internationalen Druck beugen, endlich für eine korrekte volkswirtschaftliche Rechnungslegung zu sorgen und die Praxis der regelmäßigen statistischen Manipulationen zu beenden. So kam Georgiou nach Athen; von nun an sollte Griechenland saubere, wahrheitsgetreue Statistiken produzieren.

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