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#Wer sein Herz aufs Spiel setzt

„Wer sein Herz aufs Spiel setzt“

Ein Küchenfenster im Mittleren Westen. Eine Mutter backt Kuchen mit ihrer Tochter. Eben noch hat sie ihr Kind in der Wanne gebadet, jetzt redet es schon vom Abschlussball. Streckt und reckt sich und schwört mit erhobenem Finger: „Ich werde Gott überraschen.“ Wie die Zeit vergeht. Nur einmal Luft geholt, so scheint es, und schon ist das Leben vorbei. Die Mutter stirbt, und die Tochter wird achtzehn. Aber das Fenster in der Küche bleibt das gleiche. Lässt das Licht der untergehenden Sonne einfallen wie immer. Und den Duft des frisch gebackenen Kuchens hinaus über die Felder ziehen.

Es gibt diese schönen Zeilen von Truman Capote, die einem väterliche Freunde mit wehmütigem Lächeln ins Poesie­album schreiben: „Ich war elf, und später wurde ich sechzehn. Verdienste erwarb ich mir keine, aber das waren die wunderbaren Jahre.“ Diesem Ton folgt das gerade am New Yorker Broadway uraufgeführte und nun auch am Berliner Deutschen Theater gezeigte Melodrama „Birthday Candles“ von Noah Haidle. Es ist ein behutsam konstruiertes Episodenstück, das dem Leben der Provinzschönheit Ernestine Ashworth von ihrem siebzehnten bis zu ihrem hundertsiebten Geburtstag folgt. Und also dabei begleitet, wie sie von der Tochter zur Geliebten, von der Ehefrau zur Mutter, zur Tante, Schwiegermutter und Witwe, von der zweiten Ehefrau zur Großmutter, Urgroßmutter und Ururgroßmutter wird. Ein fließender Wechsel der Rollen, ohne Rücksicht auf Verluste.

Atome, die seit der Schöpfung da sind

Ihr Lebensweg scheint wie ein langer Gang über die Stationen, als wäre ihr Schicksal vorherbestimmt und habe im Grunde keine andere Konstante als den immer gleichen Geburtstagskuchen aus „Eier, Butter, Zucker, Salz – ganz schlichte Zutaten, aber wenn du genauer hinschaust, siehst du Atome, die seit der Schöpfung da sind“.

Das Stück des 1978 in Michigan geborenen Drehbuchautors und Dramatikers Haidle – der auch schon Hausautor am Mannheimer Theater war – ist voller Humor, zärtlicher Lebensweisheit und tragischer Familiengeschichte. Von Ferne erinnert die Stimmung an Thornton Wilder, an Stücke wie „Wir sind noch einmal davongekommen“ oder „Unsere kleine Stadt“. Die Figuren sind liebevoll gezeichnet und streben doch nie über eine bestimmte Identitätsgrenze hinaus: Da ist etwa der unvorteilhaft wirkende Nachbarsjunge Kenneth (seelenstark gespielt von Bernd Stempel), der seit Schultagen heftig in Ernestine verliebt ist, aber von ihr zunächst nur Abneigung erfährt. Sie heiratet lieber den sportlichen Matt und stellt ihm das Whiskeyglas bereit. Aber Kenneth besteht aus „heroischer Geduld“ und gibt nicht auf – als nach fünfunddreißig Jahren die unvermeidliche Affäre des konventionell seitenspringenden Ehemanns auffliegt, ist er zur Stelle und schließt seine Jugendflamme dankbar in die Arme. Ein paar glückliche Jahre bleiben den beiden noch, dann beruft der Krebs den duldsam Liebenden ab.

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