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#Der „Spiegel“ ist in Aufruhr

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) erfüllt eine wichtige Aufgabe, ist manchmal aber etwas sonnig, und manchmal fordert er das Unmögliche. Zum Beispiel jetzt, da es heißt: „DJV fordert Ende des Machtkampfs beim ,Spiegel’“. Genausogut könnte die Gewerkschaft danach verlangen, dass das Magazin sein Erscheinen einstellt. Denn Machtkämpfe zählen zur DNA des „Spiegel“. Das war schon zu Lebzeiten des Gründers Rudolf Augstein so und hat sich nie geändert. Chefredakteure werden hier gern reihenweise verschlissen. Jetzt ist Steffen Klusmann dran. Er soll, angeblich auf Betreiben der Mitarbeiter KG und der Geschäftsführung des „Spiegel“, seinen Job abgeben. Die Nachfolge soll Dirk Kurbjuweit antreten, der Chef des Hauptstadtbüros.

Der „Spiegel“ äußert sich nicht

Michael Hanfeld

verantwortlicher Redakteur für Feuilleton Online und „Medien“.

Äußern will der „Spiegel“ sich zu den Vorgängen – bislang – nicht, was der DJV ebenfalls mit Empörung quittiert, aber nichts besonders ist. In den vergangenen 15 Jahren ist noch kein Chefredakteur mit einem chaosfreien Verfahren verabschiedet worden. Nicht der langgediente Stefan Aust, nicht Wolfgang Büchner, weder Mathias Müller von Blumencron und Georg Mascolo noch Klaus Brinkbäumer. Irgendeinem der drei Gesellschafter kamen die Redaktionschefs immer quer – den Erben von Rudolf Augstein, die 24 Prozent Anteile halten, dem Verlag Gruner + Jahr (jetzt RTL) mit 25,5 Prozent, vor allem aber der mächtigen Mitarbeiter KG mit ihrem Großanteil von 50,5 Prozent.

Sie soll es sein, die nun Steffen Klusmann loswerden will, als zweiter Schleudersitzbetätiger wird der Geschäftsführer Stefan Ottlitz ausgemacht. Bei einer Sitzung der Gesellschafter soll Klusmann vor allem vorgehalten worden sein, er habe das Zusammenspiel des digitalen und des analogen „Spiegel“ nicht vorangebracht. Als Klusmann dann am Mittwoch zum Ende der Redaktionskonferenz Sätze fallen ließ, die darauf lauteten, er habe beim „Spiegel“ immer eine gute Zeit gehabt, ging den Redakteuren auf, wo der Hase lang läuft. Mehr als dreißig Mitarbeiter der Redaktion formulierten einen Protestbrief, solidarisierten sich mit Klusmann und nahmen am Nachmittag die Mitarbeiter KG ins Verhör.

Wer putscht hier gegen wen?

Von einem „Putschversuch“ gegen Klusmann ist nun zu lesen und davon, dass die Redaktion hinter ihrem Chef stehe. Dem würden vermeintliche Fehler angelastet, die doch eher in den Bereich der Geschäftsführung fielen. Doch so ganz geht die von außen aufgemachte Rechnung nicht auf, die da lautet: Beim „Spiegel“ kämpft die Redaktion gegen den Verlag und gegen die Gesellschafter – um ihre Freiheit und den für den Verbleib Klusmanns. Die Mitarbeiter KG ist schließlich, wie der Name schon sagt, der Mehrheitsgesellschafter, hinter dem die Mitarbeiter stehen. Und in Gestalt von Kurbjuweit, über dessen Chefanstellung angeblich schon verhandelt wird, hat jemand offenbar mit die Strippen gezogen, der seit Jahr und Tag (von 2015 bis 2019 als stellvertretender Chefredakteur) zu den Redaktionsgrößen zählt.

In Wahrheit erscheint die Redaktion in diesem Machtkampf also uneins. Es geht weiter um die Frontstellung zwischen Digital und gedrucktem Magazin, um die Ausrichtung des Blattes (nur noch MeToo oder traditionelles Recherchehandwerk), um Standards und Skandale im eigenen Haus, die der „Spiegel“ in den Jahren unter Klusmann, der 2019 als Chefredakteur antrat, eher wegmoderiert hat. Von der Relotius-Affäre gleich zu Beginn seiner Amtszeit wurde er noch überrollt. Die Pleite mit der Geschichte von dem angeblich an der griechisch-türkischen gestorbenen syrischen Flüchtlingsmädchen, das es aller Wahrscheinlichkeit nach gar nicht gab, hingegen fiel voll in Klusmanns Verantwortung. Die interne Aufklärung ging der Sache zwar ausführlich nach und veröffentlichte ihre Nachrecherche kurz vor dem letzten Silvester. Ein bisschen verdruckst und unsouverän war das allerdings schon, hatte die Fake News doch das Potential, eine internationale Krise heraufzubeschwören.

„Ein Auswechseln der Chefredaktion würde keines unserer aktuellen Probleme lösen, wie die sich eintrübenden Geschäftsaussichten“, heißt es in dem Protestbrief aus der Redaktion. „Im Gegenteil, dies hätte eine erneute, mehrmonatige Lähmung des ganzen Hauses zur Folge.“ Das wiederum wäre, um die Empörung des DJV aufzunehmen, aus dem Hause „Spiegel“ nichts Neues. Sollte Dirk Kurbjuweit tatsächlich nach dem möglichen Kickout von Klusmann Chefredakteur werden, dürfte der Machtkampf nicht beendet sein. Im Gegenteil.

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