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#„Haben Sie Make-Up getragen?“

„Haben Sie Make-Up getragen?“

Jeder in China, der es wissen wollte, konnte wissen, dass Wang Yaping am Montag nicht ihre Periode hatte. Die chinesische Weltraumbehörde hatte sich vor Wangs historischer Mission ausführlich über die speziellen Bedürfnisse von Astronautinnen im Weltraum geäußert. Unter anderem darüber, dass die Menstruation während eines Weltraumspaziergangs zu Schwierigkeiten führen könne und dass man darauf bei der Zeitplanung Rücksicht nehmen werde.

Friederike Böge

Politische Korrespondentin für China, Nordkorea und die Mongolei.

In der Nacht zum Montag nahm Wang Yaping als erste Frau in der chinesischen Weltraumgeschichte an einem Außeneinsatz im All teil. Nach gut sechs Stunden kehrte sie gemeinsam mit ihrem Kollegen ins Rumpfmodul der künftigen chinesischen Raumstation Himmelspalast zurück.

Wie ihre Vorgängerinnen in anderen Weltraumnationen wurde Wang Yaping in China für ihre Premiere gefeiert und als Vorbild präsentiert. Die Würdigung fiel jedoch in einer Weise aus, die nicht bei allen Frauen in China gut ankam. So teilte die chinesische Weltraumbehörde mit, man werde die 41 Jahre alte frühere Militärpilotin mit Kosmetika und Damenbinden versorgen. Wang werde sich sicher besser fühlen, wenn sie Make-Up tragen könne, sagte ein Sprecher der Behörde der Nachrichtenagentur China News Service.

Als erste chinesische Kosmonautin im Weltall: Wang Yaping verlässt das Tianhe-Kernmodul.


Als erste chinesische Kosmonautin im Weltall: Wang Yaping verlässt das Tianhe-Kernmodul.
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Bild: Guo Zhongzheng/Xinhua via AP

Auch andere Staatsmedien schenken dem Aussehen der Astronautin viel Aufmerksamkeit. Zum Beispiel der Tatsache, dass ihr Pferdeschwanz wegen der Schwerelosigkeit in der Raumkapsel nach oben steht. Das Staatsfernsehen findet das „wunderschön“. Ein Reporter der Nachrichtenagentur Xinhua machte Wang vor ihrem Abflug Komplimente. Bei ihrem ersten Weltraumaufenthalt habe sie so hübsch ausgesehen, sagte er. „Erzählen Sie uns, ob Sie Make-Up getragen haben?“ Die Astronautin nahm es gelassen. Der Mangel an Schwerkraft in der Raumstation wirke sich aus wie eine Schönheitsoperation, scherzte sie.

Stereotypes Frauenbild in den Staatsmedien

In einem Interview mit der Parteizeitung Global Times legte sie aber schon Wert auf die Feststellung, dass die Anforderungen für Frauen in ihrem Beruf nicht geringer seien als für Männer. Als Beispiel verwies sie auf das anspruchsvolle Unterwassertraining der Astronauten, bei dem sie sechs Stunden lang schwere körperliche Übungen machen musste, ohne aufzutauchen. Nachdem sie Astronautin geworden sei, habe sie so vieles erreicht, was sie nie für möglich gehalten habe, sagte Wang in dem Interview.

Die Zeitung fand nichts dabei, von dieser Aussage übergangslos in traditionelle Rollenmuster zurückzufallen: „Wang Yaping hat viele Fähigkeiten gelernt, zum Beispiel Haareschneiden. Sie half dabei, der Crew des Shenzhou-12-Flugs die Haare zu schneiden“, heißt es da, ohne jeden Anflug von Ironie. Erwähnenswert erscheint dem Autor auch, dass sie vor dem Flug Neujahrsgeschenke für ihre beiden männlichen Kollegen beschafft habe. Xinhua interviewte Wangs Tochter, der die Astronautin versprochen hatte, ihr einen Stern von ihrer sechs Monate langen Mission mitzubringen; der bisher längsten in der chinesischen Raumfahrt.

Dem Staatsfernsehen eine Erwähnung und das Prädikat „wunderschön“ wert: Wangs Pferdeschwanz, der in der Raumkapsel nach oben steht.


Dem Staatsfernsehen eine Erwähnung und das Prädikat „wunderschön“ wert: Wangs Pferdeschwanz, der in der Raumkapsel nach oben steht.
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Bild: dpa

Chinas Staatsmedien sind berüchtigt für ihr stereotypes Frauenbild, das mit dem Selbstbild der meisten jungen Frauen in den Großstädten schon längst nicht mehr schritthält. Im Gegenteil: Die Regierung pocht zunehmend auf eine Rückkehr zu konservativen Familienwerten, weil sie (wohl vergeblich) hofft, auf diese Weise der hohen Scheidungsrate und der sinkenden Geburtenrate entgegenwirken zu können. Dagegen regt sich regelmäßig Widerspruch im Internet. So wie im Fall der Berichterstattung über Wang Yaping. Eine Nutzerin namens Crystal Zhuang brachte auf den Punkt, was viele im sozialen Netzwerk Weibo schrieben: „Sie hat so viele Stärken, aber es wird nur über ihr Haar, ihre Gesichtscreme, ihre Periode und ihre Tochter geredet. Manchen Leute fällt zu einer Frau wohl nicht mehr ein als ihre körperlichen Eigenschaften.“

Kichern in der Bodenstation

Was das Thema Menstruation angeht, gab es aber auch andere Stimmen. „Was ist falsch daran, wenn Leute sich Gedanken über die Periode einer Astronautin machen?“ schrieb eine Nutzerin. „Ich wünschte, es wären mehr Leute, dann wäre es kein Tabu mehr.“ Ein ähnlicher Beitrag erhielt immerhin 40.000 Likes: „Das wir offen darüber sprechen ist ein Fortschritt. Ich erinnere mich an Zeiten, in denen Mädchen das verstecken mussten, weil die Periode als schmutzig galt.“ Vor gut einem Jahr startete die Frauenrechtsaktivistin Jiang Jinjing sogar eine Kampagne gegen die Tabuisierung der Menstruation, indem sie an öffentlichen Plätzen Binden und Tampons verteilte. Als Ärztinnen und Pflegerinnen während des Corona-Ausbruchs in Wuhan in Interviews darauf hinwiesen, dass die Krankenhäuser versäumt hatten, sie mit diesen Produkten zu versorgen, rief das eine Welle der Empörung und Spendenbereitschaft hervor.

Wang Yapings Premiere im All war in der Nacht zum Montag das beherrschende Thema im chinesischen Internet. Beiträge unter dem entsprechenden Hashtag wurden mehr als 550 Millionen Mal angesehen. Die Astronautin selbst ließ sich von den Debatten um ihre Person nicht die Laune verderben. Sie sorgte für allgemeines Kichern in der Bodenstation, als sie etwas verfrüht ihren historischen Satz an die Erde funkte: „Ich werde gleich außerhalb des Raumschiffs sein. Mir geht es gut.“ Eigentlich hätte sie das erst sagen sollen, nachdem sie das Raumschiff verlassen hat. Ihr Kollege Ye Guangfu, der diesmal nicht mit durfte, griff den Scherz auf und sagte: „Ich werde nächstes Mal außerhalb des Raumschiffs sein. Mir geht es gut.“

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