Die Leute brauchen Kunst!“, sagt Yasmil Raymond fröhlich. Natürlich hat die Städelschulrektorin recht. Klar brauchen die Leute Kunst, immer. Aber so viele schon morgens um zehn an einem Werktag? So voll ist der traditionelle Rundgang der Städelschule in Frankfurt jedenfalls schon früh am ersten Morgen kaum je gewesen. Neben den Studentinnen und Studenten, die letzte Hand an Beschilderungen und Installationen legen, waren zu dieser für einen Rundgang frühen Stunde diesmal auffällig viele Personen jenseits des Studentenalters unterwegs, um die frische Kunst zu begutachten. Mehr als im vergangenen Jahr, als es noch pandemische Beschränkungen gab, mehr aber auch als in den Jahren, bevor 2021 der Rundgang ganz ausgefallen war.

So ist es erst Raymonds zweiter in bald drei Jahren Amtszeit, und die amerikanische Rektorin hebt vor allem die Internationalität der Städelschule hervor: 40 Na­tionen bei 147 Studierenden, das bedeute sehr unterschiedliche Kulturen und sehr unterschiedliche Auffassungen von Kunst. Und sehr unterschiedliche Weisen, eine Momentaufnahme dessen zu zeigen, was die einzelnen im Jahreslauf besonders beschäftigt hat. Ist doch der Rundgang gewissermaßen ein eingefrorener Moment der Arbeit – auch wenn das Gewusel am Rundgang-Wochenende immer enorm ist, zwischen Atelierbesuchen, Kantinenplauderei, Filmvorführungen und Kunstge­sprächen.