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#Zu viel Wild in Großbritannien: Steht bald mehr Wild auf dem Speiseplan?

Im Vereinigten Königreich lebt so viel Wild wie seit 1000 Jahren nicht mehr. Um Schäden an den Wäldern zu verhindern, musste die Zahl der Tiere deutlich reduziert werden. Das Wildbret könnte dann in Uni-Mensen und Kitas landen.

Der südenglische Kinder­tagesstätten-Betreiber „tops nurseries“ ist um ein umweltschonendes, klimabewusstes Image bemüht. Er verwendet keine Wegwerfwindeln und achtet auf eine Ernährung, die, wie es anerkennend in einer Fachzeitschrift heißt, „ihre Geschmacksknospen fördert und dabei hilft, die Artenvielfalt in natürlicher Umgebung zu schützen“.

Den Kindern wird zu diesem Zweck künftig gelegentlich Wildfleisch serviert, etwa Spaghetti Hirsch-Bolognese oder Pastete mit Reh. Sowohl der Geschäftsführer der Kita-Kette als auch der Chef des Verbands zur Förderung des Wildfleischverzehrs loben die Qualität der Wild­gerichte: Sie seien frei von Hormonen und Antibiotika, nahrhaft und vitaminreich, außerdem schmeckten sie besser und schädigten die Umwelt weniger, da sie aus nachwachsenden Beständen stammten.

Wild aus Zeichen eine prosperierenden Herrschaft

In dem Hinweis steckt eine Ungenauigkeit. Auch das Wild im Vereinigten Königreich lebt nicht einfach wild, sondern in regulierten Beständen, und die haben nach Einschätzung einiger Umweltschutzgruppen eine Rekordhöhe erreicht. Sie schätzen den Gesamtbestand des ­­Rot- und Damwilds, der Muntjaks und der ­Chinesischen Wasserrehe, auf rund zwei Millionen Stück. Das seien so viele wie seit den Zeiten der normannischen Eroberung Britanniens vor 1000 Jahren nicht mehr. Abgesehen davon, dass die Krieger Wilhelms des Eroberers vermutlich nicht viel Zeit für eine Bestandsaufnahme von Hirschen und Rehen aufwendeten, wurde ein hoher Wildbesatz in fast allen Zeiten unter Monarchen und adeligen Grund­besitzern als Ausweis einer prosperierenden Herrschaft verstanden.

Das gilt für das englische Königshaus im Grunde bis heute. In den Königlichen Parks in Greenwich, Richmond und im Bushy Park bei Hampton Court leben fast 1000 Rehe und Hirsche – die weitläufigen Parklandschaften sind von Mauern und Gittern umgeben. Um den Bestand stabil zu halten, werden die Tore der Parks im Frühjahr und Herbst jeweils für einige Zeit verschlossen – anschließend reduzieren Jäger und Parkwächter die Zahl der Tiere um jeweils ein Drittel. Das könig­liche Wildbret landet allerdings allenfalls zu einem sehr geringen Teil auf dem Tisch von Charles III. und seiner Familie, es wird überwiegend verkauft.

Während Naturschützer auch diesen Umstand wieder in einen Vorwurf wenden und angeben, der königliche Haushalt verdiene noch Geld mit dem Jagen von unschuldigen Rehen, beteuert die Verwaltung der Königlichen Parks, die fünfstellige Summe, die der Verkauf des Fleisches im Großhandel jedes Jahr erbringe, fließe vollständig in den Unterhalt der Parkanlagen.

Schätzungsweise 600.000 Stück Wild müssen erlegt werden

Es ist also möglich, dass die Kinder­gartenkinder im Süden Englands künftig ab und zu königliches Hirschgehacktes auf ihren Tellern finden. Der Verband zur Vermarktung des Wildbrets denkt schon an weitere Kunden und hofft, Mensen englischer Universitäten als ­Abnehmer von Wildbret zu gewinnen. Immerhin müssten, wenn die Erneuerungsrate von einem Drittel des Bestands, die in den königlichen Parks als Maßstab gilt, ­herangezogen wird, jedes Jahr in der freien Wildbahn mehr als 600.000 Stück Wild in England, Wales und Schottland erlegt werden, um den Bestand insgesamt stabil zu halten.

Naturschützer geben sogar noch höhere Zahlen an, sofern das Ziel sei, den Bestand insgesamt auf etwa eine Million Tiere zu halbieren, um die Schäden zu verringern, die durch den Überbesatz entstehen, etwa bei dem Bemühen, in England und Schottland Wälder wieder aufzuforsten.

Es gibt noch einen lukrativen Weg, um zu diesem Ziel beizutragen: die Jagd auf Muntjaks, eine aus Indien stammende Wildart, und auf Chinesische Wasserrehe, die einst in England ausgesetzt wurden. Ein deutscher Jagdreise-Veranstalter wirbt für den Abschuss von Wasserrehen mit dem Satz: „Dieses teddybär-ähnliche Tier besitzt ein Paar lange Eckzähne, die seine Trophäe aussehen lassen, als ­käme sie aus einer ganz anderen und viel dunkleren Welt.“ Ein „Muss in jeder Trophäensammlung“.

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