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Theater will leiden

Die ganze Gewalt der Welt in einem Schrei“, das ist ein hoher Anspruch an die darstellenden Künste. Es müsste schon ein mächtiges Organ sein, das diesen Schrei zuwege bringt. Vielleicht aber wäre er auch unhörbar, weil er ganz nach innen gerichtet wäre, wahrnehmbar nur als ein kaum merkliches Zittern auf den Lippen einer jungen Frau.

In dem Film „Sarah spielt einen Werwolf“ von Katharina Wyss ist einmal kurz von so einem Schrei die Rede – als einer Art Richtschnur für die angestrebte Expressivität auf dem Theater. Im Mittelpunkt steht Sarah, 17 Jahre alt, Tochter einer gutsituierten Familie in der französischsprachigen Schweiz.

Sie ist Teil einer Theatergruppe und fällt bald dadurch auf, dass sie dieses Projekt deutlich persönlicher nimmt als ihre Mitschüler. Die machen sich schnell einmal lustig über das Pathos, das der Tod von Romeo und Julia erkennen lässt. In ihrem Alltag hat Liebe einen anderen Stellenwert, vor allem die Jungen nehmen das locker. Shakespeare ist ihnen fremd.

Ein besonderer Begriff von Liebe

Sarah aber hat von der Liebe einen anderen Begriff. Sie ist vertraut mit den großen Opern, wenn der Vater sie im Auto mitnimmt, läuft Wagners „Liebestod“. Die ganze Gewalt der Welt in einen Schrei zu fassen, das wurde auf der Opernbühne wohl am ehesten konkret versucht. Sarahs Vater ist ein gutaussehender, charismatischer Mann, und Katharina Wyss betont das noch, indem sie die Kamera ganz nahe an seine wie gegerbt wirkende Haut heranführt. Das ist eine Intimität, der auch etwas Aggressives eignet, und tatsächlich wird allmählich klarer, dass die Familie von Sarah von Spannungen durchwirkt ist, die sie kulturell aufzulösen versucht. Denn das ist es, was sie gelernt hat. Sie nimmt die Bühne, das Spiel, die Inszenierung beim Wort. Und das heißt konkret: beim Körper.

Blick nach oben: Szene aus „Sarah Play A Werewolf“.


Blick nach oben: Szene aus „Sarah Play A Werewolf“.
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Bild: Filmingo

„Sarah spielt einen Werwolf“ ist im Wesentlichen ein Film über Formen des Ausdrucks. In der Theatergruppe wünscht sich ein Mädchen, sie würden mehr von vorhandenen Texten ausgehen. Sie braucht etwas, woran sie sich festhalten kann, um dann ihren persönlichen Ton zu finden. Doch die Leiterin der Klasse beharrt darauf, dass die Teilnehmerinnen mit eigenen Ideen kommen. Sabine Timoteo spielt diese Frau Schroeter, man mag in dem Namen eine Anspielung auf Werner Schroeter sehen, den großen Grenzgänger zwischen Oper, Theater, Kino und Neorealismus. Sarah nimmt die Aufgabe besonders ernst und verstört die Klasse mit einer Darbietung, in der sie als Märtyrerin in den Händen einer „tortionnaire“ auftritt. Sie lässt sich foltern, in einer stilisierten Form, die auch auf sexuelle Rituale verweist, von denen sie vermutlich noch nichts weiß. Dass eine Kollegin „Das obszöne Werk“ von Bataille liest, ist eine Spur.

Denn Katharina Wyss deutet zumindest an, dass der „heilige“ Ernst von Sarah auch etwas mit ihrer ambivalenten Behütetheit zu tun hat. Ihre wichtigste Bezugsperson ist ihr Bruder, der nach Heidelberg zum Studieren gegangen ist, ein Abschied, den sie einmal mit einem Suizid vergleicht.

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