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#Tokio, die Erste

Tokio, die Erste

Das Fazit klang ernüchternd. „28 Weltrekorde wurden in diesen zwei olympischen Wochen aufgestellt, aber niemals und nirgends sprang der Funke von den Zuschauern auf die Wettkämpfer über, der zu höchsten Leistungen anspornt.“ So urteilte die Deutsche Presse-Agentur über die Olympischen Spiele 1964 in Tokio, ein Großereignis, das geprägt gewesen sei von der zurückhaltenden Mentalität der Japaner, einem fachlich oft unkundigen Publikum, der exakten, aber starren Organisation und unüberschaubaren Ausmaßen mit allein mehr als 8000 Personen im Olympischen Dorf. All das habe den Gesamteindruck schwer beeinträchtigt: „So wurde das größte Sportfest der Welt weniger zu dem, was es eigentlich sein sollte, zu einem Fest der Freundschaft und Verständigung, vielmehr aber zu einer Medaillenjagd.“

Bernd Steinle

Redakteur im Ressort „Deutschland und die Welt“.

Auch der Korrespondent der F.A.Z. hatte in Tokio offenbar wenig olympische Begeisterung verspürt. „Die Besessenheit, mit den Vorbereitungen alles bisher Dagewesene übertreffen zu wollen, es größer, schöner und bedeutender zu machen, diente gewiß nicht ausschließlich dem höheren Ruhme der Spiele. In den letzten zwei Wochen wurde oft deutlich, daß ein beträchtliches Maß an nationalem Geltungsbedürfnis mit alledem verbunden war. Es war nicht der Stolz bescheidener Selbstzufriedenheit, mit dem das Geleistete offeriert wurde. Man versäumte selten, darauf hinzuweisen, daß hier das Größte geboten wurde, was es jemals gab: die bedeutendsten Spiele, die je stattgefunden haben, die besten Einrichtungen, die je geschaffen wurden, die höchste Länderbeteiligung, es war ein Schwelgen in Superlativen.“ So kam bei vielen nach den Spielen 1964 in Tokio ein Wunsch auf, der 56 Jahre später vertraut klingt: der Wunsch nach kleineren Spielen, nach einem bescheideneren Rahmen. „Was nutzen die größten und teuersten Spiele“, hieß es am 27. Oktober 1964 in der F.A.Z., „was nutzt eine einmalige und perfekte Schau, wenn das Herz unbeteiligt bleibt?“

Kein Raum für Spontaneität und Flexibilität

Nicht bei allen freilich blieb das Herz damals unbeteiligt. Ganz sicher nicht jedenfalls bei Hans-Joachim Klein. Klein, damals 24 Jahre alt, war 1964 einer der besten Kraulschwimmer der Welt, und er war nach Tokio gekommen, um dort um eine Medaille zu schwimmen, vielleicht gar um den Olympiasieg. Kühle Atmosphäre, nationales Geltungsbedürfnis, seelenlose Medaillenjagd? Klein hat das anders erlebt. „Die Begeisterung in der Bevölkerung war riesig“, sagt er. „Ich hatte den Eindruck, ganz Japan hat sich gefreut darüber, dass es Olympische Spiele ausrichten kann. Die Bevölkerung war richtig stolz darauf.“

Hans-Joachim Klein (ganz rechts) wurde Dritter im Kraulsprint – in einer Tausendstelentscheidung.


Hans-Joachim Klein (ganz rechts) wurde Dritter im Kraulsprint – in einer Tausendstelentscheidung.
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Bild: Getty

Die technischen Errungenschaften waren imposant, die hochmoderne Bahn vom Flughafen in die Stadt, der neue Hochgeschwindigkeitszug Shinkansen, die Satellitenübertragungen in alle Welt, die elektronischen Zeitmessmatten beim Schwimmen. Aber Klein hat in Tokio auch erlebt, wie die scheinbar perfekte Planung kaum Raum ließ für Spontaneität und Flexibilität, wie Vorschläge und Änderungswünsche verpufften: „Sie haben immer nur freundlich gelächelt und dann ‚No‘ gesagt.“

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