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#Siegeszug der Roten Feuerameise

Auf Sizilien wurde die eingeschleppte Ameisenart entdeckt. Sie gilt als invasiv, ihre Stiche sind sehr schmerzhaft. Das wird zum Problem für ganz Europa.

Am 4. Oktober 2022 um 14.31 Uhr bekam Enrico Schifani eine Whatsapp-Nachricht, wie sie für Biologen wie ihn zum Alltag gehört. Manchmal sind es Schulklassen, die wissen wollen, welche Tierart da auf dem Foto zu sehen ist, manchmal Rentner, manchmal Naturschützer, manchmal Behörden, manchmal Kollegen. Häufig nehmen sich Wissenschaftler die Zeit, die Fotos genau anzuschauen und zu antworten, manchmal haben sie keine.

Die beiden Fotos, die der italienische Ameisenexperte, an diesem Tag bekommen hatte, waren allerdings so unscharf, dass Schifani kurz versucht war, mit ei­nem knappen „Man kann zu wenig erkennen“ zu antworten. Schließlich war es auch nur eine private Anfrage unter Bekannten. „Mein Kumpel hat die Fotos wiederum von seinem Cousin geschickt bekommen, eine sehr italienische Konstellation“, sagt Schifani, der gerade an der Universität von Parma seine Doktorarbeit abschließt.

Doch dann machte ihn etwas an der kurzen Nachricht stutzig: Dem Cousin zufolge waren in der Nähe der sizilia­nischen Stadt Syrakus Menschen von den abgelichteten Ameisen gestochen worden – und das habe ihnen brutale Schmerzen bereitet. Zwar kommt es oft vor, dass Laien Ameisenbisse mit einem Stich durch einen Stachel verwechseln. Dennoch entschied Schifani, über die Fotos mit zwei Kollegen am Institut für biolo­gische Evolution in Barcelona zu diskutieren, bei denen er sich gerade aufhielt.

Eine der am meisten gefürchteten invasiven Arten

Binnen weniger Stunden hatten die Experten einen ungeheuerlichen Verdacht: Die Ameisenart auf dem Foto war eine, die es in Europa eigentlich nicht gibt. Foto und Beschreibung stimmten mit keiner der rund 500 in Europa hei­mischen oder eingewanderten Ameisen überein, die der Wissenschaft bekannt sind. Was sie vor sich hatten, konnte eine amerikanische Feuerameise der Gattung Solenopsis sein – im schlimmsten Fall die Rote Feuerameise, die nur wenige Millimeter klein ist, aber zu den weltweit am meisten gefürchteten invasiven Arten überhaupt zählt und für ihre schmerzhaften Bisse berüchtigt ist.

Nachdem sie eine Weile gemeinsam ungläubig auf die Fotos in der Whatsapp-Nachricht gestarrt hatten, wurden Enrico Schifani mit seinen Kollegen Roger Vila und Mattia Menchetti unsicher. Was, wenn es wirklich die Rote Feuerameise war? Aber was, wenn sie falschen Alarm schlagen würden? „Wir befanden uns in einer absurden Situation“, sagt Roger Vila, Leiter der Arbeitsgruppe für Ameisen- und Schmetterlingskunde am Institut in Barcelona. Die Arten der Gattung sind notorisch schwer auseinanderzuhalten, es gibt Hybride und sogenannte kryptische Arten. In Sizilien kommt zudem eine etwas ähnlich aussehende, aber nicht näher verwandte Spezies vor. Als Ameisenexperten wollten sie auf Nummer sicher gehen, statt sich vor den Behörden und der Öffentlichkeit mit ei­ner Falschmeldung blamieren.

Eine Feuerameisenart, die Rote Feuerameise Solenopsis invicta, bekam ihren lateinischen Artnamen – die Unbesiegte –, weil bisher nichts ihren globalen Siegeszug stoppen konnte. Ursprünglich stammt die Art wohl aus der brasilianischen Region Mato Grosso. Doch nachdem sie sich in Südamerika ausgebreitet hatte, gelangte sie wohl schon in den 1930er- oder 1940er-Jahren – wahrscheinlich mit importiertem Pflanzenmaterial – per Schiff in die südlichen USA. Anfangs gab es, wie der bekannte, mittlerweile verstorbene Ameisenforscher Edward O. Wilson darlegte, einen einzigen „Brückenkopf“ in der Nähe von Mobile, Alabama. Dann kam eine regelrechte Feuerameisenwalze ins Rollen.

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