Wissenschaft

#Der Taschenrechner

Einmal im Jahr trifft sich meine Familie mit allen Onkeln und Tanten, Vettern und Kusinen, Neffen und Nichten für ein Wochenende in einem großen Ferienhaus im Münsterland. Sunny, ein Hippie der Flower-Power-Generation und einer der letzten ­seiner Art, war per Anhalter angereist. Seit den 1960er-Jahren lebt er auf einem heruntergekommenen Bauernhof in einem emsländischen Moor und baut heimlich und nur für den Eigenbedarf Cannabis an. Eigentlich heißt er Werner, ist mein Onkel und wird im nächsten Jahr 80 Jahre alt. Ich hatte am Montag nach dem ­Wochenendtreffen einen beruflichen Termin in Emden und bot Sunny an, ihn im Auto mitzunehmen und zu Hause abzusetzen. „Wenn ich dir damit einen Gefallen tue, fahre ich gern mit“, war seine großzügige Antwort.
Kaum waren wir auf der Bundesstraße, starrte er ununterbrochen aus dem Fenster und begann, Zahlen und mathematische Begriffe zu murmeln. „2 hoch 4 mal 3 mal 5.“ Einen Moment später hörte ich „7 mal 11 Quadrat“. Dann folgte „37“ und kurz darauf „2 mal 3 hoch 3 mal 7“. „Was machst du da?“, fragte ich ihn irritiert. „Ich zerlege die Zahlen auf den Nummernschildern der uns entgegenkommenden Autos in Primfaktoren“, antwortete er. „Und warum?“, wollte ich wissen. „Das hält mich geistig fit“, sagte er, „das solltest du auch machen.“ „Hmm“, brummte ich. „Ich berechne immer alles im Kopf“, ergänzte er stolz. Dann nahm er seine Hirngymnastik wieder auf und war für mich nicht mehr zu sprechen, bis wir auf seinen Hof fuhren.
„Darf ich dich noch zu einer Tasse Tee einladen?“, fragte er. Während er unseren Hagebuttentee aufbrühte, sah ich mich in seiner Küche um. Auf dem Tisch lag ein uralter Taschenrechner. Sunny war in den frühen Siebzigerjahren einer der Ersten gewesen, die sich einen Taschenrechner kauften, und ist jetzt einer der Letzten, die diesen Rechner immer noch benutzen. „Wozu brauchst du einen Taschenrechner, wenn du alles im Kopf rechnest?“, fragte ich ihn. „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“, antwortete er etwas verlegen. „Wenn ich ein bisschen zu viel geraucht habe, vertraue ich meinem Kopf nicht ganz und mache sicherheitshalber eine Kontrolle mit dem Taschenrechner. Er funktioniert allerdings nicht mehr perfekt, denn es werden nur noch die horizontalen Segmente angezeigt. Aber für eine Probe meiner Rechnung reicht er aus.“
Sunny nahm den Rechner und schaltete ihn ein. Er hatte eine nur achtstellige Anzeige, bei dem die Zahlen durch rote 7-Segment-Ziffern dargestellt wurden. „Ich werde es dir mal zeigen“, sagte Sunny und tippte eine Zahl in den Rechner. Das Display zeigte nur wenige horizontale Segmente.

© llustration: Matthias Schwoerer

Dann drückte er die Mal-Taste und tippte anschließend eine zweite Zahl ein. Wieder zeigte das Display nur einige horizontale Segmente (mittleres Bild). Auch nachdem er schließlich die Gleich-Taste gedrückt hatte, sah man auf dem Display nur ein paar horizontale Segmente (unteres Bild). „Superkali­fragilistisch, nicht wahr?“, sagte er stolz und hielt mir den Taschenrechner vors Gesicht. „Ja, und was soll das?“, fragte ich ein wenig ratlos. „Wenn du auch nur halb so schlau wärest, wie deine Generation immer behauptet zu sein, dann wüsstest du jetzt, welche beiden Zahlen ich miteinander multipliziert habe und wie groß das Produkt ist“, sagte Sunny. Aber anscheinend bin ich mit weniger als 50 Prozent geistig stark unterbelichtet, denn ich wusste es nicht.

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