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#Treibt das Shell-Urteil den Ölpreis jetzt doch hoch?

Treibt das Shell-Urteil den Ölpreis jetzt doch hoch?

Der Ölpreis hat in den vergangenen Tagen spürbar zugelegt. Am Freitag erreichte der Preis der Nordseesorte Brent zeitweise knapp 70 Dollar je Barrel (Fass zu 159 Liter). Die amerikanische Sorte West Texas Intermediate (WTI) stieg auf gut 67 Dollar, den höchsten Stand seit immerhin Oktober 2018. Auf Wochensicht legte der Preis für amerikanisches Öl um mehr als fünf Prozent zu und der für Brent-Öl um mehr als vier Prozent. Auch Diesel an den Tankstellen in Deutschland verteuerte sich weiter, auf zuletzt durchschnittlich 1,341 Euro je Liter. Analysten machten unter anderem Konjunktur-Hoffnungen dafür verantwortlich. 

Eugen Weinberg, Ölfachmann der Commerzbank, wies aber darauf hin, womöglich sei auch das Urteil gegen den Ölkonzern Shell am vergangenen Mittwoch anfangs am Ölmarkt „nicht richtig angekommen“ und gewinne „mit zunehmender Wahrnehmung mehr Einfluss“. Anfangs hatte am vergangenen Mittwoch weder der Aktienkurs von Shell, noch der Ölpreis sonderlich auf das Urteil reagiert. Auf Wochensicht sieht das nun etwas anders aus. Allerdings wirken auf den Ölpreis immer zahlreiche Faktoren ein. Preisdrückend spielen im Moment Erwägungen eine Rolle, der Iran könnte im Zuge der Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten wieder mehr Öl auf den Weltmarkt bringen.   

Steigende Nachfrage, weniger Investitionen

Nach Weinbergs Einschätzung ist eine „massive Wende“ am Ölmarkt zu beobachten, Umwelt- und Klimafragen könnten jetzt Einfluss auf alle Investitionsentscheidungen haben. „Die Welt steht Kopf“, sagte Weinberg. Wenn die Ölnachfrage weiter steige, was im Moment zu beobachten sei, die Unternehmen aber weniger in die Ölproduktion investierten, treibe das den Preis nach oben. Weinberg hält sogar einen übermäßigen Preisanstieg in den nächsten Jahren für möglich.

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„Zum einen hat ein Gericht verfügt, dass ein führender europäischer Ölproduzent seine Emissionen bis 2030 um 45 Prozent gegenüber 2019 reduzieren muss“, sagte Weinberg. Das bedeute, dass er deutlich aggressiver gegen Emissionen vorgehen müsse als geplant und schaffe gleichzeitig einen Präzedenzfall für rechtliche Schritte gegen andere Konzerne aufgrund ihrer Klimaverpflichtung. „Außerdem musste ein großes amerikanisches Ölunternehmen gleich zwei Sitze im Aufsichtsrat einem kleinen aktivistischen Investor einräumen, der das Unternehmen dazu drängen will, sich über Öl hinaus zu diversifizieren und den Klimawandel zu bekämpfen“, sagte Weinberg. Gepaart mit der jüngsten Empfehlung der Internationalen Energie-Agentur IEA, dass sämtliche Investitionen in neue Ölprojekte eingestellt werden müssten, wenn bis 2050 Klimaneutralität erreicht werden solle, spreche dies für ein komplettes Umdenken im Sektor und einen massiven Rückgang der Investitionen.

„Aus unserer Sicht ist dies eine riskante Strategie, die angesichts der nach wie vor steigenden Ölnachfrage weltweit zu einem übermäßigen Ölpreisanstieg in den nächsten Jahren führen könnte“, sagte Weinberg.    

Wie geht es mit dem Fracking nun weiter?

Auch Giovanni Staunovo, Ölanalyst der Schweizer Bank UBS, meinte, solche Entscheide könnten zu weniger Investitionen und zu tendenziell höheren Ölpreisen führen. Amerikanische Schieferölproduzenten könnten weniger stark mit Produktionserhöhungen auf Preisanstiege reagieren, sagte Staunovo: „Opec-plus-Staaten dürften die größten Profiteure sein.“

Für die Ölmärkte stelle sich schon seit längerem die Frage, wie die Klimapolitik sich auf die Preise auswirken werde, sagte Cyrus de Rubia, Ölfachmann der Hamburg Commercial Bank. Bisher sei der Ansatzpunkt in erster Linie gewesen, mit Steuern und CO2-Handel auf der Nachfrageseite anzusetzen, was tendenziell zu niedrigeren Ölpreisen führen sollte. „Das jetzige Urteil setzt demgegenüber auf der Angebotsseite an“, sagt de la Rubia. Wenn sich derartige Urteile mehrten und effektiv umgesetzt würden, komme es darauf an, ob parallel dazu auch weitere Maßnahmen auf der Nachfrageseite angesetzt würden – beziehungsweise, was stärker beschränkt werde, das Angebot oder die Nachfrage. Das werde auch zum Thema, falls es in Zukunft zu einer stärkeren Regulierung der Frackingindustrie in den Vereinigten Staaten kommen sollte, sagte de la Rubia: „Zum jetzigen Zeitpunkt haben die Marktteilnehmer darüber noch keinen Konsens gefunden.“ 

Mehr Haftungsrisiken statt „Peak Oil“ oder „Peak Demand“?

Bislang hatten zwei Debatten die langfristigen Aussichten des Ölpreises bestimmt. Mehrere große Ölproduzenten und -händler hatten unlängst darüber debattiert, ob womöglich der historische Höhepunkt der Ölnachfrage in aller Welt überschritten wurde. Ob also womöglich das Jahr 2019 als dasjenige in die Geschichte eingehen könnte, in dem mehr Öl verbraucht wurde als jemals zuvor und jemals danach. Ob sich daher die Ölstaaten und Ölunternehmen darauf einstellen müssen, dass es nach der Corona-Krise nie wieder so werden wird wie davor. Dass also das Vorkrisenniveau des Ölverbrauchs nicht irgendwann im nächsten Jahr erreicht wird – sondern nie wieder. „Peak Demand“, das „globale Ölnachfrage-Maximum“, war der Name dieser Debatte. Sie hatte eine ältere Diskussion um „Peak Oil“ abgelöst, in der es noch darum ging, ob die Ölförderung womöglich lange vor dem Ende der natürlichen Ölvorräte ihr Maximum überschritten haben und dann fallen wird – mit der Folge, dass der Ölpreis steigt.

Jetzt scheint es also auch möglich, dass die Ölnachfrage global doch noch länger weiter steigt – aber die Investitionen in die Ölförderung aufgrund regulativer Vorgaben für den Klimaschutz und heikler Haftungsfragen schwieriger und teurer werden. Das könnte dann zumindest mittelfristig steigende Ölpreise zur Folge haben.   

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