#Trinken für eine bessere Welt
Inhaltsverzeichnis
„Trinken für eine bessere Welt“
„Knärzje“, so nennt man in Hessen das Endstück vom Brotlaib, und das wandert – oft verschmäht und im Brotkasten vertrocknet – nach einiger Zeit in die Tonne. „Es gibt ein lachendes und weinendes Knärzje“, sagt Daniel Anthes, „das Lachende vom Anfang und das Weinende vom Ende“. Im vergangenen Jahr haben Anthes und seine Mitstreiter das Start-up mit selbigem Namen gegründet – „Knärzje“ – und das erste Bier auf den deutschen Markt gebracht, das mit altem Brot gebraut wird. Es soll ein Zeichen setzen gegen die Verschwendung von Lebensmitteln und für mehr Nachhaltigkeit.
Dabei schmeckt das „Knärzje“ vor allem nach einem guten Bier und weniger nach altem Brot und macht sich mit der naturtrüben, goldenen Farbe gut im Glas. Von 4,5 Millionen Tonnen in Deutschland produzierten Backwaren landen Schätzungen zufolge 1,7 Millionen Tonnen im Müll. Die Idee, diese Brotreste zu verwerten, ist nicht neu: Schon im Mittelalter wurden sie zum Bierbrauen verwendet. Als Inspiration für Anthes diente auch das englische „Toast Ale“, das seit 2015 in London gebraut wird.
„Wir haben in Deutschland eine so lange Tradition im Bierbrauen und Brotbacken“, erklärt Anthes, „da dachte ich, es wäre doch schade, das nicht zusammen zu denken“. Vor zwei Jahren wagte er das Experiment, seit vergangenem Jahr ist das „Knärzje“ auf dem Markt.
Noch ist es ein Hobby
Gewinne erzielt Anthes mit seinem Unternehmen nicht: „Ich selbst verdiene bis jetzt kein Geld mit Knärzje“, sagt der Unternehmer. Noch sei es sein Hobby, wenn auch ein zeitaufwendiges. Damit ist es eines unter vielen: Anthes bespielt einen Blog und einen Youtube-Kanal, er hält Vorträge und organisiert Workshops zum Thema Nachhaltigkeit, er ist Vorstandsvorsitzender des Vereins Shout out Loud, und 2018 erschien sein erstes Buch: „Weil wir Essen lieben“. Der 34 Jahre alte Unternehmer bezeichnet sich selbst als „Sustainability Ninja“. Seine Mission: „Ich möchte Leute über Genuss auf Lebensmittelverschwendung aufmerksam machen.“
Das Brot fürs „Knärzje“ kommt aus der Geschäftsstelle der Biobäckerei Kaiser in Mainz-Kastel. Die Produktionsüberschüsse werden dort gesammelt, bis die benötigte Masse für einen Braugang, rund 60 Kilogramm, erreicht ist. „Wir haben verschiedene Brotsorten ausprobiert – Baguette, Brötchen, saftiges Vollkornbrot“, erklärt Anthes, die Auswahl wird nicht dem Zufall überlassen: „Jetzt verwenden wir eine gute Mischung, in der von allem was mit dabei ist.“ Das Brot wird getrocknet und gehäckselt. Im anschließenden Brauprozess ersetzt das Brot ein Viertel des Malzes. So landen 18 bis 19 Gramm Brot in jeder Flasche – das entspricht einer Scheibe.
Das Reinheitsgebot macht das Bierbrauen in Deutschland kompliziert: „Wenn man untergärig braut, darf man das Malz nicht ersetzen, das ist durch das Reinheitsgebot so festgelegt“, sagt Anthes. „Nur wenn man obergärig braut, darf man das Malz ersetzen – wie wir das mit dem Brot machen.“ „Knärzje“ wurde zu Beginn nach dem Vorbild eines Hellen gebraut. „Wir wollten ein Bier, das massentauglich ist, ohne beliebig zu sein.“ Das ist ambitioniert: Drei Euro aufwärts kostet eine 0,3-Liter-Flasche „Knärzje“ im Laden.
Bioqualität und die regionale Anbindung sind wichtig
Für sein Brotbier brauchte Anthes außerdem die Sondergenehmigung für besondere Biere, sonst könnte er sein Produkt nicht als solches vertreiben. „Auf der Flasche steht aber nirgends Bier drauf“, sagt der Gründer, die Bezeichnung Brot-Bier erinnere zu sehr an Brot-Trunk aus dem Reformhaus.
Nach verschiedenen Stationen wird das „Knärzje“ jetzt in der kleinen Biobrauerei Bergmann in Glattbach bei Aschaffenburg gebraut. Die Bioqualität und die regionale Anbindung sind Anthes wichtig: „Vorher waren wir ein Craftbeer aus Biobrot, jetzt sind wir richtig bio.“ Vertrieben wird das Gebräu momentan ausschließlich in kleinen inhabergeführten Läden wie der Bierothek im Frankfurter Europaviertel, in „Unverpackt“-Läden und über den eigenen Online-Shop.
Der Unternehmer ist zufrieden mit der Entwicklung, das Start-up bekam im vergangenen Jahr viel Aufmerksamkeit, das Bundesernährungsministerium hat „Knärzje“ mit dem „Zu gut für die Tonne“-Preis gegen Lebensmittelverschwendung ausgezeichnet. Die Umsätze lagen 2019 im unteren fünfstelligen Bereich. Anthes schätzt, dass sie sich in diesem Jahr in einem vergleichbaren Rahmen bewegen werden.
Die Corona-Krise hat das Unternehmen bis jetzt gut überstanden. „Das Interesse und die Nachfrage sind noch immer groß“, sagt der Gründer, dass das Unternehmen noch in den Kinderschuhen stecke, komme ihm in der Situation zugute: „Ich habe keine hohen Fixkosten“, erklärt er, „ich muss keine Löhne bezahlen, bislang arbeiten alle Mitarbeiter auf Honorarbasis.“ In den ersten Monaten der Krise konnte er alle Prozesse weitgehend problemlos herunterfahren.
Im nächsten Jahr will er das Bier breiter im Einzelhandel plazieren, dafür ist der Unternehmer mit mehreren Partnern im Gespräch. Auch eine größere Biomarkt-Kette habe schon Interesse angemeldet. Anthes hofft, dass sich die Umsätze dadurch deutlich steigern lassen.
Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.
Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.