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#Galeria stolpert in die Zukunft

Galeria stolpert in die Zukunft

Die Kundin kann sich nicht entscheiden, sie steht vor einem Regal mit lauter Brotdosen. Die Auswahl ist groß: hellblau, dunkelrot, beige, türkis – und das alles noch in sechs verschiedenen Größen. Sie nimmt eine der babyblauen Dosen in die eine Hand, in der anderen eine dunkelrote.

Nur eine Etage weiter oben versammelt sich die Führungsmannschaft von Galeria Karstadt Kaufhof (GKK). Denn während Kunden in dem Warenhaus wie an jedem anderen Tag in der Frankfurter Filiale an der S-Bahn-Station Hauptwache einkaufen gehen, ist es für Miguel Müllenbach, Chef des Unternehmens, und seine Mitarbeiter ein ganz besonderer Tag: Die Warenhauskette eröffnete am Mittwoch seine erste „Premium-Filiale“, das sogenannte „Weltstadthaus“. Es ist Teil des neuen Konzepts „Galeria 2.0“, mit dem sich das Unternehmen neu aufstellen will. Dafür verabschiedet sich der Konzern endgültig von den alten Namen und Logos: In Zukunft sollen alle Filialen nur noch „Galeria“ heißen, Karstadt und Kaufhof sind Geschichte. Diese Vereinheitlichung war schon bei der Fusion im Jahr 2019 ein Thema, zwei Jahre später ist es nun soweit.

Doch bei Galeria soll sich mehr verändern als nur ein Name: In Zukunft soll es drei verschiedene Typen an Warenhäusern geben, jeweils eine Pilotfiliale wurde nun eröffnet. Neben Frankfurt sollen auch Filialen in Kassel und Kleve zeigen, wie das Unternehmen künftig Kunden in die Ladengeschäfte locken will. Neben dem Weltstadthaus soll es „lokale Magneten“ und „lokale Foren“ geben, wirbt Galeria. Diese unterscheiden sich vor allem in der Sortimentsstrategie, aber auch in der Größe und Preisklasse. Allen gleich ist, dass Galeria weniger Verkaufsfläche nutzen möchte, sein Sortiment aber moderner und höherwertiger werden soll. „Heute erleben wir einen Meilenstein in unserer Neuausrichtung“, sagt Müllenbach. Es soll für Galeria wieder nach vorne gehen, mit Umsatz und Wachstum – und der Anzahl an Mitarbeiter. Seit Februar seien 2500 neue Mitarbeiter eingestellt worden.

600 Millionen Euro

Dass sich Galeria neu erfindet ist nichts Neues, sagt Martin Fassnacht, der an der Wirtschaftshochschule WHU den Lehrstuhl für Strategie und Marketing leitet. Seit vielen Jahren kämpfe die Warenhauskette mit einem Bedeutungsverlust. Von den einstigen Konsumtempeln in den Innenstädten ist nicht mehr viel übrig: Erst im vergangenen Jahr stellte das Unternehmen einen Insolvenzantrag, rund 40 Filialen mussten schließen, Tausende Mitarbeiter wurden entlassen. Nach Abschluss des Verfahrens erhielt das Warenhaus einen Staatskredit von 460 Millionen Euro.

Die schlechten Nachrichten sollen nun aber der Vergangenheit angehören, dafür nimmt der Chef der letzten großen Warenhauskette in Deutschland insgesamt 600 Millionen Euro in die Hand. „Es hört sich erst mal viel an“, sagt Fassnacht, aber eigentlich sei das viel zu wenig. Das gilt für die Filialen, wie auch den Onlineshop, in den Müllenbach davon rund 200 Millionen Euro investieren will. Zur Onlinestrategie zählt eine App, die Filiale und Onlineshop verbinden soll. So kann der Friseurtermin oder Schlüsseldienst, den es in der Filiale gibt, über die App gebucht werden. Auch das soll den Onlineanteil steigern. Das scheint auch nötig: Laut Insolvenzplan hatte GKK im vergangenen Jahr nur einen Onlineanteil am Umsatz von 4,3 Prozent.

Die Neuausrichtung kommt spät

Beim Termin in Frankfurt geht es – vielleicht deshalb – vor allem um eines: Die stationären Filialen. Von den verbleibenden 131 Filialen sollen in sechs Jahren bis zu 60 Häuser vollständig, der Rest teilweise, umgebaut werden. „Wir müssen unterschiedlich denken, weil unsere Häuser unterschiedlich sind“, sagt Müllenbach über den Umbau. So unterscheiden sich die Filialen schon heute in Größe, aber auch in den Kundengruppen, die dort einkaufen.

Die Weltstadthäuser sollen mehr Premium bieten, sowohl im Sortiment als auch in der Ausgestaltung des Hauses. Da mag es nicht verwundern, dass die erste Pilotfiliale auf der Frankfurter Zeil eröffnet wurde. In Zukunft sollen hier Kunden Marken wie Gucci Beauty, Hugo Boss oder Lambert finden. Ein Restaurant in der obersten Etage wurde mit dem Star-Koch Steffen Henssler kreiert, auf der Dachterrasse können Kunden essen und trinken, während sie auf die Innenstadt in Frankfurt blicken. Auf einer anderen Etage gibt es Produkte, die auf ausländische Touristen abgestimmt wurden, zum Beispiel Weihnachtspyramiden aus Holz. Von solchen Filialen soll es in den nächsten 6 Jahren zwischen zehn und fünfzehn Stück geben.

Als „regionaler Magnet“ zählen Geschäfte in vor allem kleineren Städten. Hier geht es nicht um Luxus, sondern um mehr Nähe zum Kunden: In der Pilotfiliale in Kassel gibt es beispielsweise künftig eine Außenstelle der Stadtverwaltung, in der man sich sein polizeiliches Führungszeugnis ausdrucken lassen kann. Mehr als 50 Filialen sollen so umgebaut werden. Die Pilotfiliale in Kleve gilt beispielhaft als „lokales Forum“, es soll Vorbild für die restlichen, meist kleineren Galeria-Häuser sein. Hier soll vor allem das lokale Sortiment im Vordergrund stehen.

Was schön klingt, ist für Handelsexperte Fassnacht nicht erfolgsversprechend. „Es hört sich alles gut an, aber das Konzept kommt viel zu spät.“ Damit hätte Galeria schon vor zehn Jahren starten müssen, als die Innenstädte noch nicht an Bedeutung verloren hatten und Unternehmen wie Amazon noch kleinere Marktanteile hatten. Heute sei die Konkurrenz – offline wie online – viel zu groß. „In dieser Größe wird es Galeria in zehn Jahren nicht mehr geben“, sagt Fassnacht. Unternehmenschef Müllenbach zeigt sich dagegen kämpferisch: „Wir wollen das vernetze Herz der Innenstadt sein“, sagt er. Die Kunden sollen kommen – und das werden sie auch.

Die Kundin vor dem Regal mit den Butterdosen geht am Ende mit der hellblauen Dose zur Kasse. Hier in Frankfurt scheint Müllenbach heute recht zu behalten.

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