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#Trucker-Aufstand an der A5: Gegen die moderne Sklaverei

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Das letzte Mal war Koba Kwantaliani vor acht Monaten zuhause. Solange fährt der Georgier schon für eine polnische Spedition, transportiert Lebensmittel, Holzpaletten und Metallteile durch Europa. Einen freien Tag hatte er in dieser Zeit kaum, sein Lohn kam unregelmäßig. Nun wird er gar nicht mehr bezahlt. Deshalb steht Kwantaliani mit seinem Lastwagen seit drei Wochen auf dem Parkplatz der Autobahnraststätte Gräfenhausen in Südhessen.

Zusammen mit mehr als 60 anderen Fernfahrern aus Georgien und Usbekistan protestiert er gegen die miesen Arbeitsbedingungen seines Auftraggebers, das Ehepaar Agnieszka und Lukasz Mazur. Ihm gehören die Logistikunternehmen „Agmaz“ und „Luk Maz“.

„Unsere Familien hungern“, sagt Kwantaliani. Der 44 Jahre alte Mann versorgt seine Frau, die beiden Töchter und seine Eltern in Georgien. Jeden Tag telefoniert er mit ihnen. „Sie machen sich Sorgen.“ Wenn er nicht anruft, melden sie sich. Viele der Fahrer auf dem Parkplatz schicken ihren Verdienst nach Hause, die Familien sind davon abhängig.

Der Zusammenhalt unter den Fahrern scheint groß. Sie haben mehrere leere Anhänger zu Küchen umfunktioniert. Zusammengeschobene Metallstreben bilden eine lange Tafel. Gerade ist Frühstückszeit. In einer Pfanne brutzeln Rührei und Würstchen. Dutzende Männer versammeln sich schon um den Küchentruck, rauchen, andere schlurfen mit Handtuch und Zahnbürste Richtung Raststätte. Toiletten und Duschen dürfen sie dort kostenlos benutzen.

Georgische Flaggen wehen in Südhessen

Am Parkplatzschild weht eine kleine georgische Flagge. Die Tage ziehen sich, statt jeden Tag hunderte Kilometer zu fahren, bewegen sich die Fahrer nun auf wenigen Quadratmetern Rastplatz. Ihre Geschichten ähneln sich. Agnieszka und Lukas Mazur weigern sich demnach, den Fahrern ihre freien Tage zu gewähren. Gesetzlich vorgeschrieben ist zudem eine Ruhezeit von mindestens 45 Stunden je Woche, die nicht im Lastwagen verbracht werden darf. Doch Hotelübernachtungen übernehmen die Mazurs nur selten. Die Fahrer wohnen praktisch in ihren Kabinen. Manche haben seit mehr als einem Jahr nur Asphalt, Raststätten und Industriegebiete gesehen.

„Sie behandeln uns wie Sklaven“, sagt Kwantaliani, der auch schon in Georgien Lastwagen fuhr. Doch das Gehalt war zu niedrig, also suchte er sein Glück in Europa. Dass er in der Europäischen Union solche Arbeitsbedingungen antrifft, hätte er nicht erwartet. Doch wirklich wütend machen ihn die ausbleibenden Zahlungen. „Wir haben ruhig gearbeitet, aber ihnen ist immer wieder etwas Neues eingefallen, um uns nicht den vollen Lohn zahlen zu müssen“, sagt Kwantaliani. Achtzig Euro sollte er jeden Tag bekommen, doch diese Summe kam selten an. Mal musste angeblich eine Strafe beglichen werden, dann Versicherungsbeiträge, meist gab es gar keine Begründung für den Abzug.

Luftbild der Lkw auf der Autobahnraststätte Gräfenhausen an der A5.


Luftbild der Lkw auf der Autobahnraststätte Gräfenhausen an der A5.
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Bild: Maximilian von Lachner

Als es dann Mitte März hieß, dass sie gar nicht mehr zahlen, legten die Georgier die Arbeit nieder. In Italien, Frankreich, Deutschland standen die dunkelblauen Sattelzüge mit den weißen Aufliegern still. Dann schlossen sich die Usbeken an. Mit falschen Versprechungen gelang es den Mazurs, einen Teil der Fahrer dazu zu bringen, wieder zu arbeiten. An der A5 in der Nähe von Darmstadt steht aber weiter der harte Kern des Protests. Sie wollen nicht eher auf die Straße zurückkehren, bis sie das Geld bekommen haben, das ihnen zusteht. „Wir bleiben bis zum Ende“, sagen Kwantaliani und seine Mitstreiter.

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