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#Trump reißt sich die Maske vom Gesicht – und den „Querdenkern“

Trump reißt sich die Maske vom Gesicht – und den „Querdenkern“

Donald Trump sendet ein Signal aus, für das nicht nur in Amerika viele Corona-Skeptiker empfänglich sind: alles nicht so schlimm, nur keine Panik, ich lasse mich nicht einschüchtern. Das könnte eine durchaus sympathische Haltung sein. Panik ist kein guter Ratgeber, und bei allem Respekt vor der Krankheit gibt es Dinge, die wichtiger sind als der Gesundheitsschutz. Im Verhalten Trumps gibt aber etwas anderes den Ton an. Er reißt sich die Maske vom Gesicht, um sagen zu können: Ich kann so leben, wie ich will, und wer dennoch Regeln aufstellt, dem sage ich: ohne mich.

Mich geht das alles nichts an? Wenn selbst der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika so denkt, der mächtigste Mann der Welt, warum sollten dann Leute anders denken, die vor verschlossenen Clubs und Diskotheken stehen? In den Tempeln der Spaßgesellschaft ist der Staat nicht hoch angesehen, sobald er mehr will als nur Fahren ohne Alkohol. Diese Haltung reicht allerdings weit ins bürgerliche Milieu. Einer der Glaubenssätze ihrer Protagonisten lautet: Wir lassen uns nicht wie Kinder behandeln. Die Konsequenz ist, dass man sie leider wie Kinder behandeln muss. Denn Regeln müssen durchgesetzt werden.

Es gibt sicher viele Bürger, ob in den Vereinigten Staaten oder in Deutschland, die mit den Corona-Regeln nicht einverstanden sind, aber trotzdem sagen: Ich halte mich daran, weil es der Staat von mir verlangt und weil die Wahrscheinlichkeit, dass sie für die Gemeinschaft einen Sinn haben, größer ist als die Gewissheit, dass sie für mich persönlich sinnlos sind.

Untertänigkeit? Verantwortungsgefühl!

Solches Verhalten lässt sich leicht als Staatsgläubigkeit oder gar Untertänigkeit diskreditieren. Es hat aber in einem Staat, in dem Macht nicht willkürlich, sondern durch Wahlen auf Zeit vergeben wird, mit Verantwortungsgefühl zu tun. Man stützt gerade in Krisenzeiten das Gemeinwesen, weil es unter besonderem Rechtfertigungsdruck steht, zumal es ein Gemeinwesen ist, das es nicht nur in unnormalen Zeiten wert ist, verteidigt zu werden.

Trump, Putin, Kennedy: Wer „quer denkt“, schmiedet originelle Allianzen. Szene vor dem Brandenburger Tor während der aus dem Ruder gelaufenen Demonstration gegen Corona-Maßnahmen am 29. August in Berlin.


Trump, Putin, Kennedy: Wer „quer denkt“, schmiedet originelle Allianzen. Szene vor dem Brandenburger Tor während der aus dem Ruder gelaufenen Demonstration gegen Corona-Maßnahmen am 29. August in Berlin.
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Bild: EPA

Die Gegner dieser Staatsbürgergesinnung wähnen sich als die besseren freiheitsliebenden Bürger und Demokraten. „Widerstand“ ist eines ihrer Schlüsselworte, und besonderen Wert legen sie auf die Vermutung, dass eigentlich sie es seien, die eine Mehrheit repräsentierten. Das beruht auf zwei Fehlschlüssen: „Bessere“ Demokraten sind sie nur, wenn sie die Demokratie ablehnen, in der sie leben. Denn dort ist der Staat nicht ein Fremdkörper jenseits von Volksvertretungen, sondern deren Dienstleister, der abhängig ist von wiederkehrenden Wahlen.

Das unterscheidet ihn von einer Zwangsherrschaft, auch wenn genau das die „Querdenker“ bestreiten. Für sie ist die Corona-Politik die Spitze eines totalitären Eisbergs. Dahin bringt sie ihr zweiter Fehlschluss: dass dieser Staat gar nicht die Mehrheit, sondern nur eine Minderheit bediene, eine „Elite“, eine „Clique“, eine „politische Klasse“.

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Das Gefühl, nur sich selbst genügen zu dürfen

Gerade das wird hierzulande zwar durch sämtliche Befragungen zur Corona-Politik widerlegt. Darin erhalten die Parteien und die Regierung, die für die Corona-Maßnahmen stehen, eine überwältigende Zustimmung. Das hindert die kleine Minderheit aber nicht, erstens solche Umfragen in Zweifel zu ziehen und, zweitens, das Recht für sich in Anspruch zu nehmen, trotzdem ohne Maske, ohne Abstand, ohne Hygieneregeln, ohne Quarantäne, ohne Rücksicht, ohne „Panik“ durch die Corona-Zeit zu kommen. Denn wer Recht hat, so ihre Logik, setzt sich seine eigenen Regeln.

In der Gesellschaft, in der sich die „Querdenker“ zuhause fühlen, stehen die Institutionen des Gemeinwohls unter einem Generalverdacht: Sie wollen Freiheiten einschränken, begrenzen den Aktionsradius des Ichs, beschränken das Gefühl, nur sich selbst genügen zu dürfen. „Wir sind das Volk“ heißt in diesem Fall: Wir akzeptieren das alles nur, wenn es nach unserem ganz persönlichen Willen geht. Wenn also getanzt und gelacht, gefeiert und getrunken werden darf, wenn es ohne Maske, ohne Quarantäne, ohne Regeln geht. Das heißt eigentlich: ohne Politik.

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Trump ist das Über-Ich dieser Ichs. Er tut und macht und sagt, was er will. Mit dem einen Unterschied zu all den anderen kleinen Trumps, dass er die Mittel hat, die ihm erlauben, ein komfortables Leben zu führen. Bestes Beispiel ist seine Corona-Behandlung: Andere Patienten können nur davon  träumen, so über den Dingen zu stehen wie der Präsident. Nur hin und wieder stößt Trump an die Grenzen der Regeln und Institutionen.

Wenn es ihm passt, ist es gut. Wenn nicht, reißt er sich die Maske vom Gesicht und kokettiert mit den schlimmsten Regelverstößen, die es in einer Demokratie gibt. Ob Corona oder Wahlen: Es ist das Verhalten eines Caesars, der zu seinen Untertanen spricht.

          

Jasper von Altenbockum

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